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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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langersehnte
Freiheitsstatue erblicken.
    Der einsam
auf einem Felsbrocken hockende weiße Leuchtturm vom Tusker Rock, Vorbote
Irlands, wird sichtbar.
    Auf dem Weg
zu unseren Rädern verlaufen wir uns völlig im Bauch des Schiffes, das für uns
scheinbar rückwärts fährt, weil es im Hafen von Fishguard einmal gedreht hat.
Es dauert eine Weile, bis es sich auch in unseren Köpfen gewendet hat.
    Im С-Deck
öffnen wir eine der pneumatischen Türen - und stehen vor hohen LKW-Wänden. Wir
können nichts erkennen, vor allem keine Fährräder. Müssen wir jetzt nach vorn
oder nach achtern? Die Entscheidung wird uns abgenommen. Als die ersten Trucker
ihre Motoren anlassen, sind wir froh, wieder hinter den pneumatischen Türen
verschwinden zu können. Wir warten im Gang, bis die Geräusche draußen
nachlassen. Dann versuchen wir es erneut. Nach den letzten Lastwagen entdecken
wir die Räder steuerbord voraus. In der leeren Halle stinkt es nach Öl, Fett,
Hafenwasser und Abgasen.
    Die Palsteks
lassen sich wunderbar leicht aufziehen, wir schieben die Räder über die
glitschigen Flächen des C-Decks und dann über die geriffelten Eisenplanken zum
Land hinauf. Wir riechen frische, würzige Luft. Einer der Blaumänner winkt:
Gute Fahrt! Danke! Wir freuen uns.
    Die
Abenteuer mit öffentlichen Verkehrsmitteln haben vorerst ihr Ende.
     

VOM HOOK HEAD ZUM LOOP HEAD
     
     
    Noch sind
wir nicht am Hook Head, ganz zu schweigen vom weit im Westen liegenden Loop
Head. Gemeinsam haben beide schmalen Halbinseln: an ihrer Spitze steht ein
Leuchtturm. Ilse aquarelliert seit einigen Jahren auch gern Leuchttürme. Unsere
Fahrtroute richtet sich daher, solange wir uns in Küstennähe befinden, nach den
jeweiligen Lighthouses. Manche dieser Feuertürme haben die unangenehme
Eigenschaft, auf weit vorgelagerten, einsamen Felsspitzen zu stehen. Das
bedeutet für Radfahrer zusätzliche Kraftanstrengungen.
    Die Kunst
scheint nicht nur darin zu bestehen, mit Pinsel und Farbe umgehen zu können.
Der Blick für die Motivsuche gehört dazu. Und das Schwierigste ist manchmal,
den Ort des Motivs zu erreichen und — Glück mit dem Wetter zu haben.
     
    Zunächst
begrüßt uns Irland freundlich, mit klarem Himmel und Sonnenschein. Die leichte
Steigung querab, gut sichtbar vom Hafen aus, kennen wir schon von früheren
Fahrten mit dem Auto. Unsere Waden kennen die Steigung noch nicht, das Wort
‘leicht’ hätte der Lektor jetzt streichen sollen.
    An Reihen
von Hotels vorbei finden wir weit außerhalb von Rosslare einen Campingplatz der
Kette Holiday Inn, für normale fünfeinhalb Pfund. Das englisch/irische Pfund
liegt bei zweieinhalb Mark. Die Grafschaft Wexford, zu der Rosslare gehört,
versucht mit allen Mitteln, die Touristen anzulocken. Das County ist landschaftlich recht reizvoll, mit seinen Stränden, Bächen, Wäldern.
Doch die Touristen bleiben zumeist nur eine Nacht, strömen nach Irland hinein,
wollen weiter. Wir auch.
     
    Am Loop Head
sind wir noch lange nicht, wir werden aber dort hinkommen. Aber zum Hook Head,
ja zum Hook Head... Schwer zu erkennen bei der Undurchsichtigkeit dieses
irischen Wetters... Es gibt dort einen auf einer flachen Felsnase gelegenen
weißen Leuchtturm mit zwei schwarzen Querstreifen.
    Wir können
es beschwören, wir wollten wirklich dorthin. Und von dem Städtchen Arthur’s
Town (sehr irisch, sehr irisch) sind wir bei zunehmendem, eindringlichem,
hartnäckigem und sich verstärkendem irischen Regen gestartet. Wir waren auf dem
Weg, doch davon später.
     
    Übrigens
packt mich ‘dieses Irische’, the Irishness, sogar beim Schreiben. Das Lesen im
Reisetagebuch, das Blättern in Unterlagen und Literatur erzeugt das richtige
Fluidum. Denn selbst der Ruf zum Mittagessen stört...
     
    Holiday Inn
bietet einen grünen Rasen zum Zelten, eine Küche und eine Behelfswaschanlage,
ein Miniaturklo mit einem ebenso kleinen Waschbecken, in dem man seine Hände
verknoten muß, will man etwas Wasser erhaschen.
    In der
‘Campers Kitchen’ gibt es Kochgelegenheiten, so daß wir die auf der Fahrt
angeknacksten Eier mit Schinken zu Rührei verarbeiten können. Und wer säubert
den verschmierten Rucksack?
    Am nächsten
Morgen geht es endlich richtig auf die Räder. Der Kilometerstand ist noch
unerheblich, achtunddreißig, wir melden uns wieder, wenn es sich lohnt.
    Das
Frühstück genießen wir vor dem Zelt im Sonnenschein. Wir wissen, daß das Wetter
nicht so bleiben muß, nein, wir wollen ehrlich sein: wir wissen, daß es
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