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Zwischen Wind und Wetter

Zwischen Wind und Wetter

Titel: Zwischen Wind und Wetter
Autoren: Ulrich Straeter
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Irland verraten wir ihm lieber nichts.
    Mit den besten Wünschen für unsere Weiterfahrt verabschiedet er sich, murmelt etwas von seinen ‘heißen Telephonen’, denen er sich wieder widmen müsse.

    Der Diesel-Sprinter zog uns am Meer entlang. Liebliche grüne walisische Hügel schwebten auf der anderen Seite am Fenster vorüber. Am Nachmittag erreichten wir den verlassen wirkenden Bahnhof von Whitland. Nur wenige Reisende stiegen mit uns aus. Wir landeten auf ‘Platform 2’ und sahen bereits wieder die Treppen vor uns aufsteigen. Doch eine ältere Dame mit einem schwarzen Tuch um den Kopf sprach uns an, leitete uns irgendwie zu ebener Erde aus dem Bahnhofsgelände hinaus. Sie hätte auch keine Lust zum Treppensteigen, meinte sie. Wir nutzten die Gelegenheit und fragten nach dem örtlichen Campingplatz. Den kannte sie nicht, lediglich einen Caravanplatz sollte es in weiterer Entfernung geben.
    Während wir an der Vorderseite des Bahnhofs die Fahrpläne studierten, sprach uns eine andere Frau an:
    Can I help you?
    Yes. Aber einen Campingplatz, sie schüttelte den Kopf, den gäbe es hier nicht. Wir rätselten noch, weil auf unserer Karte ein Platz eingezeichnet war, als die erste alte Dame wieder auf uns zu kam . Sie hatte sich erkundigt. Stolz und aufgeregt berichtete sie, es gäbe doch einen Campingplatz in der Stadt, ganz nah, nur eine Viertelmeile, straight ahead.
    Wir bedankten uns bei beiden Waliserinnen, fuhren los — und fanden nichts. Die Viertelmeile wurde lang und länger. Eigentlich konnten es nur vier- bis fünfhundert Meter sein, aber wir fanden nichts. Nur Ilses Hinterreifen hatte etwas Einschneidendes gefunden und seine Luft völlig entlassen. A Puncture, ein Platten. Meine Stimmung sank auf den Nullpunkt.
    Wir mußten schieben. Der Schweiß lief. Wir fragten bei einer Gärtnerei noch einmal. Sie schickten uns eine halbe Meile weiter. Bei der angegeben Stelle wurde lediglich ein Haus zum Verkauf angeboten. Hatten wir uns so mißverständlich ausgedrückt? In der Ferne, nach zwei weiteren Hügeln und Tälern, erhob sich rechterhand eine Wellblechscheune. Bis dahin und nicht weiter. Ich wollte auf geben und in die Stadt zurückkehren. Plötzlich entdeckten wir ein kleines Holzschild mit dem Hinweis auf Bed & Breakfast: The Forest Farm. Vielleicht konnten wir dort auch zelten?

    Wir nickten uns zu und bogen ab. Der Hof lag abseits der Straße, der mit Bäumen umstandene Fahrweg zur Farm beruhigte unsere Gemüter. Der Bauer, ein hagerer, weißhaariger Mann lehnte am Gatter, lächelte, als hätte er unser Kommen vorausgesehen. Mit einem sehr harten Dialekt sprach er uns an, englische und walisische Wörter vermischten sich. Wir standen vor dem Gatter, erschöpft und verschwitzt, ein Reifen platt, und der Forest Farmer lehnte auf der anderen Seite bequem auf seinem Tor, erzählte uns etwas von Deutschland. Yes, er war schon einmal dort gewesen, am Rhein, den Ort wußte er nicht mehr, oder doch: Loreley...
    Dann öffnete er das Gatter und überlegte laut, wo er uns am besten unterbringen könnte. Wir wurden zu einer Wiese hinter hohen Flecken geführt, damit wir windgeschützt stehen konnten. Wasser gab es am Haus. O.K. Thanks! Nachdem er uns noch gebeten hatte, die Gatter wegen der neugierigen Kühe immer zu schließen, stiefelte er durch das hohe Gras und verschwand in den Stallungen.
    Ja, das mit den Gattern kannten wir schon von früheren Fahrten.
    Am liebsten hätten wir uns in das hohe, weiche Gras gelegt. Doch zuerst der Zeltaufbau, dann die Reparatur. Eine nahe Kuhtränke mit Wasser erleichterte es, das Loch im Schlauch zu finden. Was uns gar nicht gefiel, war ein fast zehn Zentimeter langer Riß im Reifen. Die Tesabandrolle mußte her, rot oder blau? Egal, wollen einmal sehen, wie lange das hält. The Puncture wurde geflickt, das Hinterrad wieder eingebaut, die Kette über die Zahnräder gehängt und die ölverschmierten Hände leidlich mit etwas Wasser aus der Kuhtränke gereinigt.

    Sieben Uhr abends; der Sparladen in der Stadt hatte noch geöffnet. Und in der Nähe einer Gaststätte am Stadtrand, von der anderen Fahrtrichtung aus zu sehen, entdeckten wir ein primitives Holzschild mit dem Zauberwort: Camping. Nein, nicht mit uns, wir hatten jetzt eine Farm und hohes weiches Gras. Und einen Farmer, der die Loreley kannte.
    In der Fisher’s Inn tranken wir dann zwei Pints der Marke Double Dragon und aßen zwei Bar Meals, Fleisch-Kartoffel-Auflauf (Pie) und Hühnchen mit Pommes Frites, Chicken
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