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Zwischen uns das Meer (German Edition)

Zwischen uns das Meer (German Edition)

Titel: Zwischen uns das Meer (German Edition)
Autoren: Kristin Hannah
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Arbeitszimmer. Vielleicht plant er aber auch eine kleine Geburtstagsüberraschung. Das hat er früher immer gemacht …
    Nach einer kurzen Dusche bürstete sie sich die Haare nur aus und band sie im Nacken zu einem Knoten zusammen. Das Gesicht, das ihr aus dem Spiegel entgegenblickte, war – wie alles an ihr – knochig und eckig. Sie hatte hohe Wangenknochen, einen etwas zu großen Mund und dichte braune Augenbrauen, die ihre weit auseinanderstehenden grünen Augen betonten. Die meisten Frauen in ihrem Alter schminkten sich und färbten sich die Haare, aber dazu fehlte Jolene die Zeit. Sie hatte kein Problem mit ihren aschblonden Haaren, die jedes Jahr dunkler wurden, und den feinen Fältchen, die sich langsam in ihren Augenwinkeln bildeten.
    Sie zog sich ihre Fliegeruniform an und wollte die Mädchen wecken, aber deren Zimmer waren ebenfalls leer.
    Ihre Töchter waren bereits in der Küche. Die zwölfjährige Betsy half ihrer vierjährigen Schwester Lulu an den Tisch. Jolene drückte ihrer Jüngeren einen Kuss auf die runde rosige Wange.
    »Herzlichen Glückwunsch, Mom«, sagten beide wie aus einem Mund.
    Heiße Liebe für ihre Töchter und ihr Leben erfasste Jolene. Ihr war bewusst, wie selten solche Augenblicke waren. Das war, angesichts ihrer Kindheit, kein Wunder. Lächelnd – nein, strahlend – wandte sie sich zu ihren Töchtern. »Danke, meine Mädchen. Es ist ein herrlicher Tag, um einundvierzig zu werden.«
    »Das ist aber alt«, meinte Lulu. »Bist du wirklich schon so alt?«
    Lachend öffnete Jolene den Kühlschrank. »Wo ist euer Dad?«
    »Schon weg«, antwortete Betsy.
    Jolene drehte sich um. »Wirklich?«
    »Wirklich«, bestätigte Betsy, ohne sie aus den Augen zu lassen.
    Jolene zwang sich zu einem Lächeln. »Wahrscheinlich hat er nach der Arbeit eine Überraschung für mich geplant. Nun, ich schlage vor, wir könnten nach der Schule feiern. Nur wir drei. Mit Kuchen. Was haltet ihr davon?«
    »Mit Kuchen!«, jubelte Lulu und klatschte in die Händchen.
    Jolene hätte sich über Michaels Vergesslichkeit ärgern können, aber was brachte das schon? Glück war eine Frage der Entscheidung, das wusste sie. Sie hatte sich entschieden, nicht an Dinge zu denken, die sie ärgerten; so verschwanden sie einfach. Außerdem hatte Michaels Hingabe an seine Arbeit immer zu den Eigenschaften gehört, die sie am meisten bewunderte.
    »Mommy, Mommy, Backe-backe-Kuchen!«, rief Lulu und hüpfte auf ihrem Sitz.
    Jolene sah ihre jüngere Tochter an. »Da hat es jemand aber mit Kuchen.«
    Lulu hob die Hand. »Ich, ich.«
    Jolene setzte sich zu Lulu und hielt die Hände vor sich. Sofort klatschte Lulu ihre Händchen gegen Jolenes. »Backe, backe Kuchen, der Bäcker …«, Jolene hielt inne und sah, dass Lulu sie erwartungsvoll anstarrte.
    »Hat gerufen«, rief sie dann.
    »Wer will schönen Kuchen backen, der muss nehmen sieben Sachen. Eier und Schmalz, Zucker und Salz, Milch und Mehl, Safran macht den Kuchen gel.« Jolene klatschte ein letztes Mal mit ihrer Tochter die Hände zusammen und stand dann auf, um Frühstück zu machen. »Zieh dich an, Betsy. In einer halben Stunde fahren wir.«
    Auf die Minute pünktlich schob Jolene ihre Mädchen in den Wagen. Sie fuhr Lulu zum Kindergarten, verabschiedete sie mit einem dicken Kuss, dann fuhr sie weiter zur Middle School, die auf einer großen, mit Rasen bewachsenen Anhöhe stand. Als sie den Parkplatz erreichte, bremste sie und hielt.
    » Nicht aussteigen«, sagte Betsy scharf aus einer dunklen Ecke vom Rücksitz. »Du hast deine Uniform an.«
    »Also gibt’s an meinem Geburtstag wohl keine Ausnahme.« Jolene sah ihre Tochter über den Rückspiegel an. In den letzten Monaten hatte ihr netter, fröhlicher Wildfang sich in ein Hormonbündel verwandelt, für das alles die Gefahr der Peinlichkeit barg – vor allem eine Mutter, die nicht so war wie die anderen. »Mittwoch ist Berufskundetag«, erinnerte sie Betsy.
    Betsy stöhnte. »Musst du wirklich kommen?«
    »Dein Lehrer hat mich eingeladen. Aber ich verspreche, weder zu spucken noch zu sabbern.«
    »Das ist gar nicht komisch. Eine Mom bei der Armee ist total uncool. Aber du kommst doch nicht in Uniform, oder?«
    »Das ist doch mein Beruf, Betsy. Ich glaube, du …«
    »Ach, egal.« Betsy griff nach ihrem schweren Rucksack – der offenbar auch falsch war, denn gestern hatte sie einen neuen verlangt –, stieg aus dem Wagen und eilte direkt zu zwei Mädchen, die neben dem Fahnenmast warteten. Um Sierra und Zoe drehte sich
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