Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Zwischen Mond und Versprechen

Zwischen Mond und Versprechen

Titel: Zwischen Mond und Versprechen
Autoren: Shannon Delany
Vom Netzwerk:
verheimlichen. Er sah sogar aus, als würde er sich für etwas Besseres halten. Womöglich wieder so ein neu zugezogener Schnösel, der sich für ein Nest wie Junction zu fein war. Vielleicht hatte ihn Farthington mit seinen absonderlichen Geschehnissen gegen den Alltag einer alten Eisenbahnstadt wie Junction abgestumpft. Vielleicht überstieg es auch seine Fähigkeit, sich auf etwas einzulassen.
    Aber das konnte es nicht sein. Wenn sogar ich mich auf etwas einlassen konnte– mussten andere es auch können.
    Er stand einfach da, völlig stumm und unbeteiligt.
    » Dich interessiert das alles gar nicht, oder? « , sagte ich mit einer Geste, die die ganze Schule einschloss.
    Er sah ganz kurz auf mich herab. Unsere Blicke begegneten sich und ich hielt den Atem an. Seine Augen waren tatsächlich nachtblau. Sie erinnerten mich an die Farbschattierungen in meinem Pietersitstein. Er wendete gleichgültig seinen Blick von mir ab. » Nicht besonders. «
    Er zuckte die Achseln und hielt es nicht für nötig, mich noch mal anzusehen.
    Hatte er mich eben abserviert? Kam er sich wirklich wie jemand Besseres vor? Meinte er am Ende mich und gar nicht die Schule oder meine Stadt? Er wollte tatsächlich nichts mit mir zu tun haben.
    Ich ging wütend weiter und vergrößerte meine Schritte, um die Entfernung zwischen uns und dem Klassenzimmer zu verkürzen. Er hielt mühelos mit mir Schritt. » Wenn du hier irgendwann wieder rauskommen willst, sollte dir die Schule aber nicht egal sein « , sagte ich trocken und drückte die Klinke herunter. » Willkommen zur Literaturstunde. «

2
    I ch stolzierte ins Klassenzimmer. Meine Mitschüler warfen mir neugierige Blicke zu. Ich ließ die Klinke los und hoffte, die Tür würde Pietr voll auf die Nase knallen.
    Er würdigte mich nicht einmal eines Blickes. Ich machte aus meiner Enttäuschung kein Hehl und verdrehte die Augen, als ich Miss Ashton den Pass reichte. Aber sie ließ ihn achtlos zu Boden fallen, während sie zur Tür ging, um sich bei Pietr für mein Verhalten zu entschuldigen!
    » Es tut mir leid, dass Jessie die Tür zufallen lassen hat– alles in Ordnung? « Sie sah ihn prüfend an, ihre Augen glänzten eigenartig erwartungsvoll. Ich setzte mich an meinen Platz und beobachtete, wie die anderen in der Klasse auf unseren arroganten neuen Klassenkameraden reagierten. Die Mädchen saßen– im wahrsten Sinn des Wortes– auf der Stuhlkante, hatten die Finger um die Tischkante gekrallt und machten ihm schöne Augen.
    Ich konnte es kaum fassen, dass alle so plötzlich und unverhohlen auf Pietr abfuhren. Okay– ich taxierte ihn ohne eine Spur von Befangenheit. Ja. Er sah nicht schlecht aus, Typ Katalogmodel, für eine Zeitschrift okay, aber für den Laufsteg reichte es nicht.
    Ihm war es einfach egal. Ich hätte schreien können, aber dann sagte ich mir: Die meisten Mädchen standen auf Typenmit so einem arroganten Touch– die Distanz verlieh ihnen die unwiderstehliche Aura des Unerreichbaren. Ich seufzte.
    Miss Ashton redete die ganze Zeit vom Einfluss der Literatur auf die Gesellschaft und, natürlich, auf die Klasse. Pietr antwortete manchmal mit seiner ruhigen, übertrieben coolen Stimme und schon kicherten sämtliche Mädchen. Sogar Miss Ashton. Sie hatte Pietr an die Hand genommen und ihn an seinen Platz geführt. Ich wunderte mich über diesen groben Verstoß gegen den Lehrer-Schüler-Verhaltenskodex.
    Ich blätterte in meinem Literaturbuch, als ich im Rücken eine zunehmende Hitze wahrnahm. Ich drehte mich um und mir blieb vor Überraschung fast die Spucke weg. Derek beobachtete mich. Er zwinkerte mir zu und machte mit dem Kopf eine Geste in Richtung Pietr. Ich verdrehte die Augen und schmolz innerlich dahin über diesen kurzen Austausch mit meinem alten Schwarm.
    Derek lachte stumm und bedeutete mir, mich wieder umzudrehen.
    » Also, Jessie « , wandte Miss Ashton sich an mich, » wie hast du es geschafft, damit betraut zu werden, dich um Pietr zu kümmern? «
    Sämtliche Mädchen drehten sich zu mir um und glotzten mich an, als könnten sie so erfahren, wie sie sich den nächsten Neuzugang angeln konnten.
    » Einfach nur Glück « , murmelte ich. Oder richtig übel Pech.
    Ich spürte wieder Dereks Augen auf mir. Pietr achtete nicht darauf, was ich sagte.
    Miss Ashton beendete die Stunde mit einer saftigen Hausaufgabe, was ein allgemeines Stöhnen auslöste. Jemand sagte: » Aber bald ist doch das Homecoming-Spiel! «
    Miss Ashton ließ sich nicht erweichen.
    Ich stöhnte
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher