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Zwischen Macht und Verlangen

Zwischen Macht und Verlangen

Titel: Zwischen Macht und Verlangen
Autoren: Nora Roberts
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drinnen gelangweilt hatte, merkte ich erst, als wir beide uns hier niedergelassen haben.“
    Spontan leuchtete Shelbys Lächeln auf. „Das ist das netteste Kompliment, und so unterkühlt gebracht! Sind Sie etwa irischer Abstammung?“
    Er schüttelte den Kopf, weil er sich gerade vorstellte, wie diese frischen, mädchenhaften Lippen schmecken würden. „Ich bin Schotte“, sagte er dann.
    „Gütiger Himmel, ich auch!“ Shelby runzelte die Stirn, als gefiele ihr diese Tatsache gar nicht. „Allmählich glaube ich, hier ist die Vorsehung am Werk. Aber die war mir immer schon unheimlich,“
    „Warum eigentlich? Da Sie doch Ihr Schicksal so souverän lenken.“ Alan führte ihre Hand zum Mund und küsste die schla nken Finger.
    „Allerdings“, gab sie zu. „Ich nehme das Steuer lieber selbst in die Hand, das gehört zur Campbell’schen Lebensweisheit.“
    Erstaunt sah sie auf, denn Alan brach jäh seine höchst angenehmen Zärtlichkeiten ab und lachte laut und herzlich. „Auf die alte Familienfehde!“ rief er und hob sein Glas. „Ich gehöre nämlich zum Clan der MacGregors. Ihre und meine Vorfahren haben sich unter den Klängen von Dudelsackmusik gegenseitig umgebracht.“
    Shelby stimmte in sein Gelächter ein. „Mein Großvater würde mich bei Wasser und Brot einsperren, wenn ich Ihnen auch nur Auskunft darüber gäbe, wie spät es ist. Ein verrückter, verflixter MacGregor also!“ Alan freute sich, aber Shelbys Gesicht wurde ernst. „Sie sind demnach Alan Mac-Gregor“, stellte sie leise fest, „Der Senator von Massachusetts.“
    „Getroffen!“
    Seufzend erhob sich Shelby. „Das ist sehr, sehr schade.“
    Alan hielt ihre Hand fest und stand auch auf. Sie waren jetzt einander so nahe, dass sich ihre Körper berührten, nahe genug, um sich der gegenseitigen Attraktion bewusst zu werden.
    „Was meinen Sie damit?“
    „Vielleicht hätte ich dem Zorn meines Großvaters getrotzt“, sagte Shelby und wunderte sich, wie heftig ihr Herz klopfte, „Ja, ich glaube, das hätte ich gewagt.“ Nachdenklich blickte sie in Alans Augen. „Aber ich verabrede mich nie mit einem Politiker.“
    „Tatsächlich?“ Alan konnte sich nicht an ihrem Mund satt sehen. Eigentlich hatte er doch noch gar nicht um ein Wiedersehen gebeten, und Frauen, die so direkt waren, lagen ihm sonst in keiner Weise. Aber Shelby gehörte zu einer besonderen Art, und es passte zu ihr. „Ist das eine von Shelbys Regeln?“
    „Ja, eine der wenigen.“
    „Das beste an den Gesetzen“, zitierte er, „sind die unzähligen Möglichkeiten, sich drumherumzuschlängeln.“
    „Gefangen in der eigenen Schlinge“, gab Shelby zögernd zu und entzog ihm ihre Hand. Es erschreckte sie, wie ihre Nerven auf diesen Alan MacGregor reagierten. Der Ausdruck in seinen dunkelbraunen Augen zeigte deutlich, dass es ihm ähnlich erging.
    „Gut, Senator!“ verabschiedete sie sich mit fester Stimme. „Es war nett, Sie kennen zu lernen. Aber nun wird’s Zeit, dass ich mich wieder bei den anderen Gästen sehen lasse.“
    Alan wartete, bis Shelby fast die Tür erreicht hatte, dann erst antwortete er: „Wir sehen uns sicherlich wieder, Shelby Campbell!“

2. KAPITEL
    Zu ihrer Entlastung hatte Shelby vor einiger Zeit als Stundenhilfe einen jungen Mann eingestellt. Das ermöglichte ihr, dann und wann einen Nachmittag freizunehmen oder sich tagelang ununterbrochen ihrer Töpferei zu widmen, wenn ihr danach zu Mute war. Kean, ein Dichter, der sich verzweifelt bemühte, auf einen grünen Zweig zu gelangen, war der Idealtyp für diesen Job. Er hatte einen flexiblen Stundenplan, und sein Temperament sagte Shelby zu. Kean kam regelmäßig mittwochs und samstags und sonst nur, wenn sie ihn anrief. Als Gegenleistung wurde er gut bezahlt und hatte in Shelby eine verständnisvolle Zuhörerin für seine Gedichte.
    Shelby hatte die Samstage fest für ihre Töpferarbeit eingeplant, obwohl sie jedem widersprochen hätte, der sie einer geregelten Arbeitsweise bezichtigt hätte. Sie war der festen Meinung, dass sie arbeitete, wie sie Lust dazu hatte, und beileibe nicht aus Gewohnheit. Wie viel diese ruhigen Stunden mit frischem Ton auf der Töpferscheibe für sie bedeuteten, wusste Shelby selbst nicht.
    Der Arbeitsraum lag im hinteren Teil des Erdgeschosses. An zwei Wänden standen große Regale, die ein heilloses Durcheinander an fertigen und halb fertigen Gegenständen, Werkzeugen und Material enthielten. Ordentlich und übersichtlich dagegen hatte Shelby die Dosen mit
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