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Zwischen den Gezeiten

Zwischen den Gezeiten

Titel: Zwischen den Gezeiten
Autoren: Michael Wallner
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Anschluß zu verlieren, und flankierte den Leutnant von rechts. Zu dritt kamen sie näher, vor Alec tat sich der Hafen auf, im Schatten der Mauer bemerkte er Inga nicht. Sie war im Begriff zu rufen, als sie sah, wie der MP den Leutnant an der Schulter festhielt und anwies, nicht zu dicht an die Mannschaften aufzuschließen – und Alec blieb stehen. Die Polizisten bauten sich vor und hinter ihm auf, befahlen erst weiterzugehen, als der Weg frei war. Nun, da sie den Quai erreichten, gab es keinen Zweifel mehr, sie bewachten ihn, eskortierten den Leutnant zum Schiff.
    Inga machte drei verwunderte Schritte, rannte endlich die sandigen Stufen hinunter. Die Gruppe vor ihr erreichte den Bug, marschierte an den Soldaten vorbei, die sich geduldig registrieren ließen, und hielt vor dem Fallreep. Der Zugang war durch zwei Mann blockiert, die sich mit dem Verladen einer offenen Kiste mühten. Während Inga das Flaggschiff passierte und sich, verdeckt durch die Schlange der Wartenden, der Lloyd Manoline näherte, versuchte
sie das Gelächter zu deuten – es galt dem Teegeschirr, das an Bord gebracht wurde; die Kiste schwankte auf dem schmalen Steg, im Inneren klirrte es.
    Â»Als ob wir daheim nicht genug von dem Zeug hätten!« rief einer. »Laßt es den Deutschen!« einer dahinter. Geschirr und Träger verschwanden im Zwischendeck, Alec und seine Begleiter folgten.
    Inga rannte an den letzten Männern vorbei, hielt vor der schmalen Brücke vom Land aufs Wasser und wußte nicht mehr, was es zu sagen gab. Sie legte die Hände auf den gespannten Draht, der als Geländer diente.
    Â»Wohin, Fraulein?« fragte der Nächststehende. Auf ihr Schweigen folgte er Ingas Blick das Fallreep hoch. »He, Lieutenant«, rief er. »Sie haben ein Andenken vergessen.«
    Der MP an der Spitze der Dreiergruppe drehte sich um und brachte den Leutnant zum Stehen. An Land begann das Lachen, breitete sich aus, aller Augen waren auf Inga gerichtet. Zuletzt wandte Alec sich um, seine Hände wie ihre auf dem schwankenden Eisen.
    Â»Er hat sich was zuschulden kommen lassen«, rief ein Sitzender. »Und jetzt gibt er ihr nicht mal einen Schmatz!«
    Die Militärpolizisten sahen den Leutnant abwartend an. Inga machte einen Satz vorwärts, betrat den Steg, schon tauchte an Deck einer von der Navy auf.
    Â»Sie!« rief er. »Da geht’s nicht weiter.« Freundliches Doppelkinn, die Uniform korrekt geschlossen.
    Vor Inga die drei Männer auf schwankender Brücke, unter ihr Wasser, an Land Hunderte mit ihrem Lachen und den Sprüchen, die deutlicher wurden.
    Die Stimme des Leutnants wuchs aus den Planken, auf denen sie standen. »Fünf Minuten«, sagte er, mehr Feststellung als Bitte.
    Jeder der Polizisten suchte Zustimmung beim anderen, schließlich zuckte der hintere die Schultern und gab den Weg frei. Drei Schritte, und Inga war bei ihm, das Brett kippte seitlich, ihre Hüfte wurde gegen den Draht gepreßt. Alec legte den Arm um sie, in der
Drehung schob er sie an Deck, wo der Matrose ihnen unwillig in den Weg trat.
    Â»Ist gegen die Vorschrift«, murmelte er.
    Inga wußte nichts zu erwidern.
    Â»Drück ein Auge zu, Skipper«, sagte der Leutnant mit ernstem Gesicht. »Laß meine Braut mitfahren.« Er trat hinter Inga.
    Â»Na hören Sie, Sir –« baute der andere sich erschrocken auf.
    Â»Du hast kein Gepäck dabei?« fragte Alec, zu ihr gewandt. »Auf dem Wasser könnte es kühl werden.«
    Sie öffnete den Mund, begriff, es war nur ein Spiel, doch wie sehr sie seine Worte genoß. »Ich war oft hier am Strand«, antwortete sie. »Man findet die schönsten Muscheln.«
    Â»Keine Zeit, um nach Muscheln zu suchen.« Gemeinsam schauten sie in die Richtung, wo sie Schottland vermuteten.
    Der Leutnant schloß ihren obersten Knopf. »Du würdest meinem Vater gefallen, ein Schotte durch und durch. Er mag furchtlose Frauen.«
    Â»Ich kann nicht mit dir fahren«, antwortete Inga wie unter Zwang, nur dieses Spiel noch zu Ende spielen.
    Â»Weil ich unter Arrest stehe?« Er trat an den Bordrand zurück.
    Â»Unsere Papiere.« Sie rekapitulierte die Vorschrift. »Wir brauchen das hellrosa Formular, gestempelt von deiner Dienststelle. Und von meiner.«
    Mit schräg gelegtem Kopf, die Ellbogen auf die Reling gestützt, sah er sie an. »Ich habe keine Dienststelle mehr.«
    Â»Ich auch
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