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Zwillingsblut (German Edition)

Zwillingsblut (German Edition)

Titel: Zwillingsblut (German Edition)
Autoren: Jennifer , Schreiner
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wollte, dass es in einem anderen Leben Zeit gewesen wäre, aufzustehen.
    »Verdammtes Lied!«, murmelte Sofia und schaltete ihr Handy auf lautlos, während sie wieder aus der Einfahrt trat und ihren Weg fortsetzte. Der Himmel zeugte nicht davon, dass ihr Handy Recht hatte, aber schon bald würde die Sonne die Dunkelheit und den Reif vertreiben und nichts außer Schatten und Feuchtigkeit würde zurückbleiben.
    Sofia konnte sich ein trauriges Kichern nicht verkneifen. Anders als ihre Schwester war sie nie eine Nachteule gewesen, war um diese Jahreszeit dankbar für jede Minute Tageslicht, für jeden Sonnenstrahl. Und das sollte nun alles vorbei sein? Für immer und ewig Vergangenheit? Dieser trübsinnige Gedanke warf neue Fragen auf:
Was nun? Wie willst du deinen Schöpfer finden? Wie dich rächen? Ihn töten? Und dann?
Für Sekunden dachte Sofia nach, doch dann übernahm ihre pragmatische Seite die Überhand und sie ordnete die Fragen nach ihrer Dringlichkeit: Immer ein Problem nach dem anderen. Und ganz oben stand:
Wo willst du schlafen?
Wenn die Mythen und Legenden über Vampire Recht hatten, würde direkte Sonneneinstrahlung sie vernichten. Wo also war sie vor der Sonne sicher?
    Hatte der Vampir sie deswegen in die Gruft gebracht? Damit sie einen sicheren Zufluchtsort hatte? Ein eiskaltes, dunkles Zuhause. Sofia schüttelte den Kopf. Auf keinen Fall würde sie zurück auf den Friedhof gehen. Genau so gut konnte sie sich eine rote Serviette mit der Aufschrift »Blutbank« oder noch schlimmer undabsolut doppeldeutig »Fickbar« umbinden. Außerdem hatte EINE Sargerfahrung ihr vollkommen gereicht.
    Mit Nachdruck, um sich selbst aufzumuntern, wiederholte sie ihren Schwur: »Ich werde dich finden … und töten!«

     
    Obwohl die Vampirin sich sicher war, dass der Vampir sie tatsächlich für Melanie gehalten hatte und sie sicher nicht in der Wohnung ihrer toten Schwester Sofia vermuten würde, horchte Sofia beim Eintreten aufmerksam auf Geräusche.
    Erst, als sie sich völlig sicher war, dass kein Vampir auf sie lauerte, zog sie die Vorhänge vor den Fenstern zu und betrachtete das Ergebnis. War sie durch ihre luftig-hellen Vorhänge genügend geschützt? Für Sekunden spielte sie mit dem Gedanken, in den Keller zu gehen. Aber der Gedanke an die modrige, spinnenbewohnte Dunkelheit gefiel ihr ebenso wenig wie die Idee, durch einen dummen Zufall von einem Nachbarn gefunden zu werden.
    Die Erinnerung an Melanies Geschmack überfiel Sofia ohne Vorwarnung: Metallisch und genauso, wie sie Blut aus ihrer Kindheit in Erinnerung hatte. Aus einer Zeit, in der man kaum soziale Hemmungen hatte und seine frischen Wunden noch ableckte.
    Doch es war nicht einfach Blut gewesen, es war mehr, viel mehr. Ein Tabu, sympathetische Magie, die sie –
einen Vampir
– am Leben erhielt. Der Kloß in ihrem Hals ließ Sofia würgen. Sie zwang sich, sich wieder den vornehmlichstem Problem zu widmen: Würde sie überhaupt wie tot schlafen? Frustriert setzte sich auf ihr Bett.
Sauerei! Endlich habe ich eine Wohnung mit einem Garten und einem herrlichen, großen Balkon zur Südseite und jetzt das!
    Missmutig starrte sie in den Spiegel, bis ihr auffiel, was sie an ihrem Anblick störte: Keine Ohrringe. Sofia nahm das Paar zur Hand, das gerade auf ihrer Nachtkonsole lag. Und ließ es augenblicklich fallen. Und starrte auf ihre verbrannte Haut. Silber! Erst dann fiel ihr auf, was sie wirklich gestört hatte.
Vampire haben gar kein Spiegelbild, oder?
Nachdenklich trat sie an den Spiegel und öffnete ihren Mund. Nichts. Keine langen Eckzähne, kein spitzes Gebiss, nur normale, menschliche Zähne. Doch sie hatte die langen Zähne gehabt!
Wo sind sie jetzt?
    Sie konzentrierte sich auf den Gedanken an Blut, weil sie es einfach nicht über sich brachte, mit ihren normalen, menschlichen Zähnen auf ihre Unterlippe zu beißen, bis sie blutete. Aber das war auch gar nicht notwendig. »Verflucht …«, zischte sie, als ein kurzer, intensiver Schmerz durch ihren Kiefer zog. »Ssscheiße tut das weh!«
    Entgeistert starrte Sofia ihr Spiegelbild an und der Gedanke an Blut überfiel sie abermals mit einer Vehemenz, die sie schaudern ließ. Deutlich schmeckte sie wiederdas Blut ihrer Schwester in ihrem Mund, seine Konsistenz, während sie trank, spürte, wie das Leben aus Melanie in ihren Körper floss, das kurze Verschmelzen ihrer Gedanken und Seelen, während Melanie starb und sie weiterlebte. Sie hatte keinen Herzschlag gehabt. In diesem Moment nicht. Sofia
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