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Zwillingsblut (German Edition)

Zwillingsblut (German Edition)

Titel: Zwillingsblut (German Edition)
Autoren: Jennifer , Schreiner
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ihre Augen und sah den Mann direkt an. Normal, ein Mann, keine pulsierende Lebensoase, keine Blutquelle mehr für eine Unsterbliche. Sie atmete erleichtert auf, als sie ihren eigenen Herzschlag hörte und ihr Körper seine Arbeit wieder aufnahm.
    Mit ihrem ersten Atemzug sog sie gierig die Luft in sich ein, das lebendige Prickeln des Windes und den leichten Abgasgeruch der Straße.
    »Danke!« Sie ließ sich von dem Mann auf die Beine helfen. »Ich habe einen niedrigen Blutdruck und wenn ich meine Medikamente vergesse …« Sie schenkte ihm ein gewinnendes Lächeln. »Dann passiert so was.«
    Argwöhnisch nickte der Mann, gab sich aber zu Sofias Überraschung mit dieser Erklärung zufrieden und verließ sie ohne ein Wort. Sofia betrachtete sein Gehen und ihre Umgebung. Die Normalität, das, was sie bisher gekannt hatte, hatte sich wieder eingestellt. Selbst ihr Körper erschien ihr wieder lebendig, obwohl sie es jetzt besser wusste. Sie war tatsächlich tot, was sie zurück zu ihrem Hauptproblem führte:
Warum will ein Vampir irgendeine fremde, lebensmüde Person zur Ewigkeit verdammen und dafür Sorge tragen, dass sie ihre Schwester tötete?
    Wieder stieg Wut in Sofia auf. Wut darüber, dass ihre Schwester Melanie – die Person, die Sofia am meisten liebte und die sie am wenigsten verstand – sie hatte töten sollen.
Der Vampir kennt uns nicht, sonst hätte er uns nie verwechselt! – Und nie mit uns geplant!
Sofia presste ihre Lippen aufeinander. Wenn jemand sie töten wollte, wollte sie es wenigstens verdient haben. Dann wollte sie, dass es persönlich war und nicht nur ein perfides Spiel eines gelangweilten Unsterblichen.
    Als Sofia bemerkte, welchen Weg sie ohne nachzudenken eingeschlagen hatte, blieb sie stehen. Unmenschlicher Hunger und menschliche Logik stritten miteinander um die beste Lösung ihres Problems. Die Logik gewann. Melanie musste sofort gewarnt werden!
    Nachdem Sofia diesen Entschluss getroffen hatte, ignorierte sie ihren Körper, den nagenden Schmerz, die neuen, verzerrten Eindrücke und hastete weiter zum Wohnheim ihrer Schwester. Ungehindert passierte sie die Absperrung und die Betreuer. Die Angestellten kannten sie seit Jahren und waren es gewohnt, Sofia auch zu ungewöhnlichen Uhrzeiten zu sehen.
    Trotzdem atmete Sofia erleichtert auf, als sie mit der Plastikkarte, die sie in einer der Hosentaschen gefunden hatte, die letzte Sicherheitskontrolle passierte und kramte hastig in ihrer Jackentasche nach dem Türschlüssel zu Melanies Apartment.
    Wieso sind die Karte und der Schlüssel in meinen Taschen? Und mein Handy? – Hat der Vampir einfach all meine Habseligkeiten in der anderen Kleidung verstaut? Warum fehlen dann die Ohrringe? – Oder hat der Unsterbliche uns doch nicht verwechselt?
    Sofias rationalen Überlegungen gerieten ins Wanken, als unvermittelte Angst um ihre Zwillingsschwester in ihr aufwallte. Entschlossen öffnete Sofia die Tür.
    Das Licht im Bad sorgte dafür, dass sie nicht nach dem Lichtschalter tasten musste. Sie trat ein und schloss die Eingangstür hinter sich.
    »Mel?«, ihre Stimme war leise und fragend. Vorsichtig stupste sie die Badezimmertür offen.
    Ihr erster Blick fiel auf das Blut. Der zweite auf ihre Schwester, die aus der Badewanne heraus verweint und benommen zu ihr aufsah.
    »Großer Gott, Melanie!« Sofia war mit einem Schritt bei ihr, schob ihre Hände unter den roten Rollkragenpulli und hob ihre Schwester aus der Wanne.
    In Sofias Armen brach ihre Melanie in Tränen aus und klammerte sich mit erstaunlicher Kraft an ihre Schwester. Kraft, die dem blassen, ausgemergeltem Körper nicht anzusehen war.
    »Du bist wieder da!« Die Zufriedenheit in ihren Worten ließ Sofia erneut schaudern.
    »Kann ich dich nicht einmal einige Stunden allein lassen?«, tadelte sie sanft und trat das stumpfe Besteckmesser zur Seite, mit denen ihre Schwester sich geschnitten hatte.
    »Ich dachte …« Melanie sah Sofia an. Ihre Augen waren weit aufgerissen und glänzten fiebrig. »Sofia, ich bin so allein.« Melanie streckte ihre Hand nach Sofia aus und strich ihr sanft über die Wange. Eine erschreckend zärtliche und entsetzlich hilflose Geste. Als brauche sie den Körperkontakt, um sich daran zu erinnern, dass jemand bei ihr war.
    Sofia trug ihre Zwillingsschwester in ihr kleines Wohnzimmer und ließ sich mit Mel in den Armen auf dem Sofa nieder. Mit gekonntem Blick inspizierte sie die nicht allzu tiefe Wunde, die sich ihre entschlossene Schwester an den Handgelenken
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