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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Georgs Geheimnis
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Dann hörte er einen kurzen Aufschrei, unmittelbar darauf einen dumpfen Schlag und schließlich das Geräusch eines anhaltenden Fahrzeuges.
    Tülle stürmte mit der Zigarette in der Hand ins Wohnzimmer, ignorierte die Proteste seiner Frau, zog hastig die Rollos hoch und schaute aus dem Vorderfenster des zweiten Stocks.
    Schemenhaft konnte er im Schneetreiben ein dunkles Fahrzeug erkennen.
    »Ich glaube, da ist ein Unfall passiert«, stieß er hervor.
    »Ein Unfall? Wo?«
    »Unten auf der Straße. Ich sehe nach.«
    »Aber zieh was Warmes an.«
     
    Tülle griff hastig nach seinen Winterschuhen. Als er auf den Gehweg trat, fuhr der Wagen, der eben noch gestanden hatte, gerade an und bog kurz darauf um die Ecke auf die Haltener Straße ein. Tülle sah dem Auto kopfschüttelnd nach.
    Plötzlich nahm er auf der Straßenmitte einen leblosen Körper wahr. Nach einer Schrecksekunde rief er: »Kann ich Ihnen helfen? Ist Ihnen etwas passiert?« Tülle hastete über die Straße.
    »O Gott!« Er drehte sich um und rief seiner Frau, die oben am Fenster stand, zu: »Hol einen Krankenwagen! Und die Polizei! Schnell!«
    Notarzt und Polizei trafen fast gleichzeitig am Unfallort ein.
    Der Mediziner eilte zu dem Mann auf der Straße, schüttelte aber schnell bedauernd den Kopf. »Nichts mehr zu machen«, sagte er zu den bereitstehenden Rettungssanitätern. »Der Mann ist tot.«
    Der Arzt untersuchte die Leiche gründlicher. Nach einigen Minuten sagte er zu den Helfern: »Deckt den Toten ab. Er muss aber noch liegen bleiben.«
    Der Doktor ging zu einem der Polizisten, der neben einem Streifenwagen wartete. »Sie sollten Ihre Kollegen von der Kriminalpolizei verständigen.«
    »Schon passiert«, antwortete der Uniformierte. »Was denken Sie denn?«
    »Ich meine nicht die Abteilung für Verkehrsdelikte«, antwortete der Arzt. »Ich meine die Mordkommission.«
     
    4
    Hauptkommissar Rüdiger Brischinsky, in der Ersten Kriminalhauptstelle des Polizeipräsidiums Recklinghausen zuständig für Mord und andere Kapitalverbrechen, räkelte sich auf seinem Sofa und schaute sich die Videoaufzeichnung eines alten Schimanski-Krimis an, als sein Telefon klingelte. Einen Moment lang erwog Brischinsky, nicht zu Hause zu sein, dann siegte aber doch sein Pflichtgefühl.
    »Baumann! Weißt du eigentlich, wie spät es ist? – Wieso Verkehrsunfall? Dafür sind doch unsere Kollegen von der… –
    Das ist natürlich was anderes. Selbstverständlich, ich komme.
    Wo, sagst du? – Börster Weg? – In Ordnung. Bin gleich da.«
    Seufzend stieg der Kriminalbeamte in seine neuen Lederschuhe, zog sein Sakko an und schaltete die Geräte aus.
    Dann schnappte er sich seinen Mantel und verließ die Wohnung.
    Der Schneeregen war in Schneefall übergegangen. Es war kälter geworden. Brischinsky schlug den Mantelkragen höher und fluchte leise. Sein Dienstpassat stand auf dem unbefestigten Garagenhof hinter dem Haus. Hier, wo sich der Wind ungehindert austoben konnte, war der Schnee an einigen Stellen sogar liegen geblieben. Brischinsky hoffte, dass dieser Zustand nicht von Dauer war. Er hasste Schnee. Das heißt, vor allen Dingen hasste er Schneematsch. Und das, was er im funzeligen Licht der Hofbeleuchtung vor sich sah, war Schneematsch.
    Der Hauptkommissar eilte über den Platz, wobei er sich bemühte die nassen Felder möglichst zu meiden. Er hatte seine Schuhe, ein exklusives Modell aus italienischer Fertigung, erst vor ein paar Tagen erstanden. Zum Spottpreis für 400 Mark –
    unter Freunden. Schuhe waren sein heimliches Laster. Was andere Männer in Kneipen ließen, gab Brischinsky für seine Fußbekleidung aus. Seine Leidenschaft hinderte ihn jedoch nicht daran, Schuhe als Gebrauchsgegenstände zu betrachten.
    So trug er seine Designerlatschen auch bei diesem Wetter.
    Er hatte sein Fahrzeug fast erreicht, als er plötzlich ein knackendes Geräusch hörte. Unmittelbar darauf verspürte der Hauptkommissar etwas Kaltes an seinem rechten Fuß.
    »Scheiße«, fluchte er. Und dann deutlich lauter: »Verdammte Scheiße! Warum immer ich?«
    Er zog seinen Fuß aus der mit dünnem Eis und einer Schneeschicht überzogenen Pfütze und betrachtete frustriert seinen rechten Treter, aus dem schlammiges Schmutzwasser tropfte. Den Schuh konnte er vergessen.
    Fünfzehn Minuten später erreichte der Hauptkommissar den Unfallort. Sein Assistent, Kommissar Heiner Baumann, kam ihm entgegen. Zehn Meter weiter waren Gestalten in weißen Overalls damit beschäftigt, Spuren zu
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