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Zweyer, Jan - Rainer

Zweyer, Jan - Rainer

Titel: Zweyer, Jan - Rainer
Autoren: Georgs Geheimnis
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das stimmen. Sie sollten belegen können, dass dieser Politiker von einem Gericht deshalb rechtskräftig verurteilt worden ist. Mit dem Hinweis auf das urteilende Gericht oder des Aktenzeichens. Können Sie das nicht, müssen Sie damit rechnen, Ihrerseits verklagt zu werden.«
    Rainer musterte seinen Mandanten genauer. Der Mann war schlank und salopp und gepflegt gekleidet. Allerdings schien er sich nicht ganz wohl in seiner Haut zu fühlen: Unaufhörlich knetete er seine Finger und rutschte, trotz seiner ruhigen Redeweise auf dem altersschwachen Freischwinger hin und her. Der Anwalt fürchtete angesichts der Zappelei um die Haltbarkeit seines Möbels.
    Pawlitsch zögerte. »Wenn mir nun ein Dritter gesagt hat, dass dieser Politiker einen Meineid geschworen hat? Was mache ich dann?«
    »Dann wird die Angelegenheit komplizierter. Sie sind dann gezwungen, diese Aussage zu überprüfen. Sie dürfen nicht allein auf die Glaubwürdigkeit Ihres Informanten setzen.«
    »Und wenn ich das nicht überprüfen kann? Wenn der Politiker dem Dritten unter vier Augen den Meineid gestanden hat?«
    »Dann, wie gesagt, müssen Sie damit rechnen, verklagt zu werden. Aber sagen Sie, Herr Pawlitsch, warum wollen Sie das wissen? Möchten Sie eine Zeitung herausgeben?«
    »Nein, nein.« Georg Pawlitsch massierte seine Hände. »Mich interessiert das einfach.«
    Esch glaubte ihm kein Wort.
    »Wenn mich dieser Politiker verklagt, kommt es zu einem Prozess, richtig?«
    »Richtig.«
    »Und da habe ich dann Gelegenheit, die mir bekannten Beweise vorzulegen?«
    »So ist es.«
    Unvermittelt stand Pawlitsch auf. »Danke, Herr Esch. Das reicht mir. Sie haben mir sehr geholfen.«
    Rainer wusste zwar nicht, wobei, nickte aber freundlich.
    Anscheinend war er doch besser, als er dachte. »Keine Ursache.«
    »Ach, Herr Esch.« Georg Pawlitsch sah Rainer fragend an.
    »Wenn ich juristischen Beistand benötige, würden Sie mir dann helfen?«
     
    Rainer war verblüfft. »Selbstverständlich. Was meinen Sie denn konkret?«
    »Konkret? Nichts. Das war eine eher allgemeine Frage.«
    »Wenn es sich um einen Prozess handelt, wie Sie eben angedeutet haben…«
    »Das könnte sein.« Pawlitsch dachte nach und sagte dann langsam: »Ja, das wäre möglich. So ginge es vielleicht.«
    »Was ginge wie vielleicht?«
    Pawlitsch ignorierte Rainers Bemerkung. »Benötigen Sie für einen Prozess eine Vollmacht?«
    »Schon, aber Sie müssten mir schon mitteilen…«
    »Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Noch nicht. Kann ich nicht…« Pawlitsch machte eine Pause. »Ich dachte, nur für alle Fälle…«
    »Sie meinen eine Blankovollmacht?«
    »Geht das?«
    »Das ist zwar ungewöhnlich, aber wenn Sie es wünschen…«
    Esch kramte in seiner Schreibtischschublade und legte Pawlitsch eine Vollmacht vor, die dieser ohne zu zögern unterschrieb.
    »Und wenn mir etwas passieren sollte, dann… Ach was, Blödsinn.« Der Mann machte eine Handbewegung, als ob er eine lästige Fliege verscheuchen wollte.
    »Was sollte Ihnen denn passieren?«, wunderte sich der Anwalt.
    »Nichts. Gar nichts. Ich habe nur laut nachgedacht. Kommt nicht immer was Vernünftiges dabei raus, beim Nachdenken.«
    Pawlitsch lächelte verlegen. Dann zückte er seine Brieftasche und blätterte dem Anwalt das geforderte Honorar auf den Schreibtisch.
    Esch kassierte die Scheine. »Benötigen Sie eine Quittung?«
    Georg Pawlitsch schüttelte den Kopf. Rainer begleitete ihn zur Tür und sie verabschiedeten sich.
     
    Zurück in seinem Arbeitszimmer wunderte er sich über diesen merkwürdigen Kunden.
     
    3
    Johannes Tülle befand sich im zeitweiligen Exil auf dem Balkon seiner Wohnung im Börster Weg in Recklinghausen.
    Er drückte sich an die Wand, um dem heftigen Schneetreiben zu entgehen, und versuchte sich trotz des starken Windes eine Zigarette anzuzünden. Er zog hastig an seiner Kippe. Seit der Hausarzt bei seiner Frau eine chronische Bronchitis diagnostiziert hatte, verzichtete er in ihrer Gegenwart auf die Qualmerei. Tülle blickte durch das Fenster in den Wohnraum.
    Ingrid schaltete gerade zu den Tagesthemen um. Durch den Spalt der nur angelehnten Balkontür nahm er die Stimme des Nachrichtensprechers wahr, nur sehen konnte er nicht viel.
    Sein Blickwinkel war zu ungünstig. Der Wind drehte und Schneeflocken hüllten ihn ein. Er nahm einen tiefen Zug, als auf der Straße ein Motor aufheulte. Neugierig beugte sich Tülle über die Brüstung und versuchte einen Blick um die Hausecke zu werfen. Er sah nichts.
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