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Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland

Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland

Titel: Zwei Einzelzimmer, bitte!: Mit Kluftinger durch Deutschland
Autoren: Michael Kobr , Volker Klüpfel
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Arbeit abhalten.
    Das geht schon damit los, dass man ja mitnichten frei ist in der Namenswahl. Ich meine, sicher, irgendwie wird der Titel vom Inhalt mitbedingt, aber da kann man eine Menge tricksen. Wissen Sie als Leser später ja nicht, ob der Inhalt zuerst da war oder der Titel und was wir nachträglich alles geändert haben, nur damit der Titel einigermaßen plausibel und treffend erscheint, ja, eigentlich kein anderer denkbar ist. Also, jetzt nur mal hypothetisch gesprochen, nicht, dass wir das jemals so gemacht hätten …
    Neben der lästigen Erwartung der Leserschaft, der Titel möge irgendwas mit der Handlung zu tun haben, resultiert die Unfreiheit aber vor allem aus einer deutschen Eigenheit: nämlich der, mit den Titeln möglichst eine, auch ein schönes deutsches Wort, »corporate identity« zu schaffen. Frei übersetzt: Die Titel sollen so klingen, dass der Leser gleich weiß, dass das Buch aus der Reihe ist, wo der Kommissar aus dem Allgäu mitspielen tut. Ich persönlich behaupte, damit unterschätzt man die Leser, aber das ist den Verlagen nicht auszutreiben, und schließlich – wissen tut es keiner so genau, und was, wenn die Leser doch nicht … Lassen wir das.
    Ergebnis sind dann jedenfalls Buchreihen wie die von Stieg Larsson, bei denen man nicht mehr auseinanderhalten kann, ob man nun zuerst verblendet und dann verdammt wurde oder doch eher die Verheißung der Verklemmung folgt … Bestimmt haben deswegen viele aus Versehen die Bücher mehrmals gekauft, weil sie sich nicht mehr sicher waren, welches sie denn nun schon gelesen haben. Sollte das funktioniert haben, dann muss man aus rein ökonomischer Sicht natürlich sagen: Reschpekt. Vielleicht wären dann für uns sogar Titel wie Milchwerk, Michlbart, Muttermilch und dergleichen sinnvoll.
    Oder nehmen Sie Stephen King. Jetzt hat der sein erfolgreichstes Buch It genannt, was im Deutschen folgerichtig mit Es übersetzt wurde. Sein nächster Thriller hieß dann im Original Misery – und auf Deutsch Sie . Es folgten Titel ähnlicher Knappheit wie Tot , Schwarz , Drei . Kann er mal froh sein, dass er sein Buch nicht »Am« genannt hat, sonst hätten die nächsten beiden auf Deutsch wahrscheinlich »Dam« und »Des« geheißen.
    Sie verstehen also die Problematik. Wir haben unser erstes Buch, noch frei von irgendwelchen Zwängen (da kleiner Einmannverlag in Memmingen und wir zu zweit) Milchgeld genannt. Auch beim zweiten Buch (ebenfalls im kleinen Verlag zuerst erschienen) waren wir noch frei, sonst hätte das wahrscheinlich schon Käsegroschen heißen müssen. Und dennoch haben wir einen entscheidenden Fehler gemacht, für den wir nun bei jedem neuen Buch bezahlen: Wir haben wieder ein zusammengesetztes Hauptwort genommen, gedankenlos, intuitiv, nichtsahnend: Erntedank . Hätten wir gewusst, wie sehr wir uns da festlegen, hieße unser zweites Buch heute: Kluftingers neuer Fall mit der Krähe auf der Leiche, den wo der Kommissar aber bald aufklärt .
    Tja, zu spät, da nutzt alles Jammern nichts. Aber manchmal war uns schon zum Jammern zumute, zum Beispiel damals, als in einer Verlagsrunde (großer Verlag) für unser drittes Buch Seegrund der Vorschlag kam: »Nennen Sie es doch Schützenfest .« Auf unseren zaghaften Einwand, dass in dem Buch ja gar kein Schützenfest vorkomme und es eigentlich viel mehr um den See und das Geheimnis darin gehe, wurde uns entgegnet: »Dann schreiben Sie halt ein Schützenfest rein.« Nicht, dass wir uns da falsch verstehen: Ich finde Schützenfeste toll und das Wort »Schützenfest« auch einen tollen Titel und ich würde mich sehr freuen, irgendwann einmal ein Buch mit diesem Titel zu lesen. Aber na ja, alle unsere Ideen für die Zukunft sind leider schützenfestfrei.
    Wir sind jetzt eh erst mal froh, dass wir überhaupt wieder einen Titel für unser Buch gefunden haben. Das hat auch wieder viele Nerven gekostet. Stundenlange Auto- und Zugfahrten, in denen Michael und ich uns nur mit zusammengesetzten Hauptwörtern unterhalten haben: »Meisterstück« – »Abendmahl« – »Eismadonna« … das nimmt bizarre Formen an und irgendwann ist man nicht mehr fähig, in ganzen Sätzen zu sprechen. Wobei unsere Unterhaltungen eh meist ziemlich einsilbig verlaufen, insofern ist ein zusammengesetztes Hauptwort ja geradezu ein echter Redeschwall. Manchmal kriegen wir auch Vorschläge von Lesern für neue Bücher, was aber meist die Schützenfest-Problematik beinhaltet, dass die ja gar nicht wissen können, worum es in dem
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