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Zottelkralle

Zottelkralle

Titel: Zottelkralle
Autoren: Cornelia Funke
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hinterm Ohr. »Muss ich mir merken. Schließlich wohne ich ja jetzt bei dir.« Und plumps, ließ es sich wieder auf Kallis Bett fallen.
    »Was?« Kalli ließ den Schläger sinken und starrte Zottelkralle sprachlos an.
    »Mach den Mund zu. Das sieht dumm aus«, stellte das Erdmonster fest.

    Kalli stand in seiner Unterhose da und wusste nicht, was er sagen sollte.
    »Ihr Menschen habt schneckenscharfe Sachen, wirklich, schneckenscharf!« Neugierig sah das Monster sich um. »Was ist das da mit den Knöpfen?«
    »Ein Radio«, brummte Kalli. »Drück da besser nicht drauf.«
    Zu spät. Gitarren jaulten, ein Schlagzeug schepperte. Erschrocken heulte das Monster auf, packte das Radio mit seinen haarigen Händen und biss hinein.
    Auf der Stelle gab es nicht mehr den leisesten Pieps von sich. Ärgerlich schmiss das Monster es in die Ecke.
    »Was ist das für ein scheußliches Ding?«, fragte es ungnädig.
    »Mein Radio!«, stöhnte Kalli. »Haben Monster was gegen Musik?«
    »Pah, Musik, das war doch keine Musik«, knurrte das Monster verächtlich und hüpfte vom Bett. »Aber irgendwo hier im Haus«, verzückt verdrehte es die Augen, »ist kitzelkäferköstliche Musik. Jawohl.«
    »Meine Mutter ist Klavierlehrerin«, sagte Kalli. »Aber woher weißt du das?«
    »Na, ich hab euch beobachtet.« Zottelkralle öffnete Kallis Schreibtischschublade und sah neugierig hinein. Dann holte er einen quietschgrünen Radiergummi heraus und warf ihn sich ins Maul.
    »Nicht schlecht. Esst ihr so was öfter?«
    »So was essen wir nie!« Entnervt knallte Kalli die Schublade vor der dicken Monsternase zu. »Lass meine Sachen in Ruhe!«
    »Hey, sei nicht so ekelhaft, ja?«, grunzte Zottelkralle und spuckte schon wieder aus. Diesmal auf den Teppich.

    »Erdmonster vertragen es nicht, wenn man nicht freundlich zu ihnen ist, klar?«
    Beleidigt watschelte er zurück zum Bett, griff nach der dreckigen Tasche auf Kallis Nachttisch und holte eine Dose heraus.
    »Trotzdem, Menschlein …« Das Erdmonster fischte etwas aus der Dose, das verdächtig nach einem getrockneten Regenwurm aussah. »Es gefällt mir bei dir! Trotz deines ständigen Gemeckers.« Schwups, war der Wurm in dem breiten Maul verschwunden.
    Kalli wurde schlecht. »Pfui Teufel, was isst du denn da?«, fragte er entsetzt.
    »Würmer«, schmatzte das Monster. »Wieso? Willst du auch einen? Schmecken allerdings mit Schneckenschleim noch besser.«
    »Nein, danke«, murmelte Kalli.
    »Wo wir gerade beim Essen sind …«, Zottelkralle klopfte sich auf den Bauch, »… ich hätte nichts gegen einen Nachschlag aus eurem Eiskasten!«
    »Ach, unseren Kühlschrank kennst du auch schon!« Kalli stöhnte. »Das kann alles nicht wahr sein. Kann es einfach nicht.« Er kniff die Augen zu und machte sie wieder auf.
    Das Erdmonster war immer noch da. Es machte gerade seine scheußliche Dose wieder zu. Dann kroch es mit einem Rülpser unter Kallis Decke, während der frierend vor dem eigenen Bett stand.
    »Na?« Mit haarigen Fingern trommelte es auf der Bettdecke herum. »Wo bleibt das Essen? Hm?«
    Kalli zog seinen Bademantel an und öffnete die Tür.
    »Bis gleich!«, grölte Zottelkralle hinter ihm her.
    »Bis gleich«, murmelte Kalli und sah zur Schlafzimmertür seiner Eltern hin. Sein Vater war auf Reisen. Wie immer. Er war nämlich Reiseleiter. Aber Mama war da. Und?, dachte Kalli. Was soll ich ihr erzählen? Dass ein rotes, regenwurmfressendes Monster in meinem Bett liegt?
    Seufzend ging Kalli die Treppe runter. Was soll’s, dachte er. Ich wollte immer einen Hund. Jetzt hab ich eben ein Monster.
     

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4

    Als Kallis Wecker am nächsten Morgen um halb sieben klingelte, war das Erdmonster verschwunden.
    Seine dreckige Tasche stand nicht mehr auf dem Nachttisch und auch sonst war keine Spur von ihm zu entdecken. Also war es doch bloß ein Traum, dachte Kalli. Und wusste nicht, ob er froh oder traurig darüber war.
    Verschlafen tapste er ins Badezimmer und stieß vor der Tür fast mit Mama zusammen.
    »Wo kommst du denn her?«, fragte sie erstaunt. »Ich dachte, du stehst unter der Dusche.«
    »Nee, wieso?« Verschlafen rieb Kalli sich die Augen.
    »Und wer ist dann im Bad?«, fragte Mama. »Dein Vater fährt dreitausend Kilometer von hier in der Wüste herum.«
    Entgeistert guckte Kalli die geschlossene Badezimmertür an.
    Plötzlich dämmerte ihm, wer da duschte.
    »Äh, ich hab das Wasser angemacht«, stotterte er, »damit es warm wird.«
    »Aha«, sagte Mama. »Lass das nicht zur
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