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Zornesblind

Zornesblind

Titel: Zornesblind
Autoren: Sean Slater
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Augenschlitzen. So ähnlich wie das Ding, das du bei unserem ersten Date anhattest.«
    »Ich fahr eben voll darauf ab, meine Männer zu überraschen.« Felicia folgte seinem Blick. »Kein Strom in der ganzen Pension, was?«
    »Abgeschaltet, anscheinend schon länger. Wir erfragen das genaue Datum bei der Stadt.«
    Felicia legte nachdenklich die Stirn in Falten. »Dieser Typ … Könnte er aus der Hausbesetzerszene sein, was meinst du?«
    »Schon möglich. Vielleicht auch irgendein durchgeknallter Idiot. Keine Ahnung. Möglich ist alles. Aber das erklärt nicht, wieso er eine Videokamera vor ihrem Fenster installiert hatte.«
    Felicia nickte, sagte jedoch nichts.
    Striker kämmte mit der Taschenlampe durch die hohen Grasbüschel. Als er gerade frustriert aufgeben wollte, entdeckte er ein silbrig schimmerndes Objekt. Er zog einen Latexhandschuh über und hob es auf.
    »Das ist ja interessant«, murmelte er.
    »Was ist das?«, erkundigte sich Felicia.
    Striker war sich nicht ganz sicher. Das Objekt sah irgendwie aus, als gehörte es zu einer Videoausstattung – eine winzige Plastikbox mit einem Sensor. Modell- und Seriennummer fehlten.
    Er zuckte mit den Schultern. »Vielleicht ist es bloß Müll, was weiß ich. Das sollen die Jungs von der Spurensicherung entscheiden.« Er steckte das Objekt in eine kleine Papptüte, die er doppelt gefaltet aus der Manteltasche zog, und schrieb die Details darauf, bevor er einen abschließenden Blick auf die Umgebung warf.
    Dann kehrte er gemeinsam mit Felicia zum Eingang des Lucky Lodge zurück. Die Jungs von der Streife waren inzwischen eingetroffen und hatten das Areal mit gelbem Flatterband abgesperrt. Ein paar von den Cops begannen mit Befragungen.
    Seine Kollegen waren echt zu gebrauchen, zumal noch ein Haufen Arbeit vor ihnen lag. Striker machte sich mental eine Liste. Der Fundort der Leiche und die Umgebung mussten erneut untersucht, alles fotografiert und markiert werden. Das war Aufgabe der Spurensicherung. Das Labor würde den Handschuh auf DNA -Spuren untersuchen – und das alles möglichst schon gestern.
    Als hätte sie seine Gedanken erraten, sagte Felicia: »Diese Woche bringt mich um. Ich hab kaum geschlafen und bin wie gerädert.«
    »Kopf hoch, Baby«, erwiderte er flapsig. »Es kann eine lange Nacht werden.«
    Sie schwieg für eine lange Weile und blickte zu den schwarz gähnenden Fenstern der heruntergewirtschafteten Pension, wo Mandy Gill gestorben war. Dann sah sie Striker mit ihren dunklen ernsten Augen an. »So was wie das hier macht mich fertig«, sagte sie. »Ganz ohne Quatsch. Welcher Irre filmt einen Selbstmord? Der Typ muss doch krank im Kopf sein.«
    »Keine Ahnung, aber wir kriegen den Typen, verlass dich drauf«, versetzte ihr Kollege mit Bestimmtheit.

7
    »Die Natter« – so bezeichnete er sich selbst – öffnete die Falltür im Boden und betrat die oberste Stufe der Leiter. Die alte Falltreppe gab ächzend nach, als könnte sie jeden Moment zusammenkrachen. In dem Fall würde er sich unweigerlich den Hals brechen, denn es ging geschätzte sieben Meter tief runter, und unten war harter Beton.
    Die Leiter hielt jedoch, und die Natter kletterte hinunter in die Dunkelheit. Ihn beschäftigten ganz andere Dinge als ein möglicher Sturz. Heiklere Dinge. Heute Abend war es fast passiert.
    Geschnappt …
    Er wäre fast geschnappt worden.
    Unfassbar.
    Zitternd vor Erregung und Betroffenheit glitt er in seine ganz spezielle Ecke des niedrigen Raumes – er nannte ihn den Platz des Trostes – und fiel auf die Knie. Sein Verstand raste. Er konnte keinen klaren Gedanken fassen. Da war es wieder:
    Das Lachen.
    Das Gefühl der Macht.
    Die Schreie.
    Und schließlich die Stille … die gottverdammte, lähmende Stille.
    Die Natter schnappte keuchend nach Luft. Er legte sich auf den kalten, harten Beton, ignorierte den Schmerz in Rücken und Hüfte – von dem halsbrecherischen Sprung – und tastete fahrig nach seinem iPod. Setzte sich mit zitternden Fingern die Kopfhörer auf. Dann drückte er die Playtaste, und seine Ohren füllten sich mit statischem Rauschen – das wundervoll beruhigende, himmlische, heilende weiße Rauschen.
    Es war das Einzige, was half.

8
    Rookie Cop Wong hatte den Flur im Bereich um Mandy Gills Apartment mit einem breiten Streifen gelbem Polizeiband abgesperrt. Striker nickte anerkennend. »Machen Sie das bei der 305 genauso. Und lassen Sie da niemanden rein, ausgenommen die Kollegen von der Spurensicherung natürlich. Führen Sie Buch.
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