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Zorn

Zorn

Titel: Zorn
Autoren: John Sandford
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am Rande mit, weil er sich auf O’Hearn konzentrierte, der einmal Boxer gewesen war, vermutlich im Fliegengewicht.
    O’Hearn gehörte zu der Bande, die bei den Cops der South Side als »Arschlochbrüder« bekannt war. Sie hatten eine Arschlochmutter, doch über den Vater wusste man nichts. Vor Mutter O’Hearn auszubüxen könnte gut und gern Selbstschutz gewesen sein seitens des Mannes, der den Fehler gemacht hatte, sie dreimal zu schwängern, weil sie genauso gewalttätig war wie ihre nichtsnutzigen Söhne.
    Für gewöhnlich beschränkten sich die O’Hearns auf bewaffnete Überfälle, doch nun schien sie der Ehrgeiz gepackt zu haben. Sie waren von der Rückseite in einen True-Value-Haushaltswarenladen eingedrungen und hatten sich eine ganze Menge Elektrowerkzeug unter den Nagel gerissen. Alle Welt wusste, welches, weil die Aktion von den Videokameras an der Decke aufgenommen worden war, die die Arschlochbrüder nicht bemerkt hatten. Die Kameras hatten Bilder geliefert, auf die ein Ansel Adams stolz gewesen wäre.
    Enzo und Javier saßen im Gefängnis von Hennepin County, und Carlos war ziemlich schlecht gelaunt in der Kneipe aufgetaucht, was üblicherweise zu einer Prügelei und zerschlagenem Geschirr führte.
    Deshalb waren Lucas und sein Partner hier.
    O’Hearn stürzte mit erhobenen Fäusten auf sie zu. Lucas holte mit seinem Arm aus, der fast zwanzig Zentimeter länger war als der von O’Hearn und hinter dem ungefähr vierzig Kilo mehr Schlagkraft steckten, und traf O’Hearn an der Stirn.
    Eigentlich hatte Lucas auf seine Nase gezielt, aber O’Hearn duckte sich weg, und so kollidierten sie. O’Hearn landete zwei ordentliche Treffer gegen Lucas’ Rippen. O’Hearn und Lucas gingen zu Boden, wo Lucas ihm die Arme auf den Rücken drehte und sein Partner begann, mit dem Schlagstock den Minnesota Fight Song auf O’Hearns Rücken zu spielen.
    O’Hearn jaulte erst beim sechsten Schlag das erste Mal auf. Lucas versetzte ihm mit der Faust einen Schlag gegen die Nase, worauf Blut über den Boden der Kneipe spritzte.
    Danach war alles nur noch Routine.
    Was erklärte, warum Lucas, als er sich aus dem Bett wälzte und streckte, ein spitzer Schmerz von den angeknacksten Rippen durchzuckte, die ihm O’Hearn beschert hatte. Er streckte sich noch einmal, diesmal vorsichtiger. Dabei fiel sein Blick auf das weiche, runde Hinterteil einer Blondine.
    »DeeDee, aufstehen«, forderte er sie auf.
    »Was?«, brummte sie müde. Ihre Erschöpfung rührte ihrer Aussage nach daher, dass sie nicht viel Schlaf bekam, weil sie Stress in der Rechtsanwaltskanzlei hatte und obendrein in der Freizeit zwei Typen beglücken musste.
    »Raus aus den Federn«, sagte Lucas.
    »Lass mich in Frieden«, stöhnte DeeDee.
    Er gab ihr einen Klaps auf den Hintern. »Nun mach schon. Du hast gesagt, ich soll dich aus dem Bett scheuchen. Auf. Du hast um drei einen Termin.«
    DeeDee richtete sich auf, um einen Blick auf die Uhr am Nachtkästchen zu werfen: zwei. Sie sank in die Kissen zurück. »Noch zehn Minuten.«
    »Okay, zehn Minuten.«
    Sie befanden sich in seiner Erdgeschosswohnung in einem alten Ziegelgebäude in Uptown Minneapolis. Er hatte zwei Zimmer, ein kleines Bad sowie eine Kochnische am einen Ende des Wohnraums, in dem ein riesiger Ledersessel vor einem winzigen Fernseher stand.
    Lucas ging ins Bad – Dusche, keine Wanne –, wusch sich das Gesicht, putzte sich die Zähne, trat unter die Brause, seifte sich ein und duschte, alles in fünf Minuten.
    Dann betrachtete er sich in dem Ganzkörperspiegel hinter der Schlafzimmertür: Er war großgewachsen, dunkelhaarig, breitschultrig und hatte kräftige Muskeln von zwanzig Jahren Eishockey, die letzten paar als Verteidiger der Minnesota Golden Gophers.
    Seit dem College hatte er ein wenig Muskelmasse verloren, weil er sich auf den Rat seiner Teamtrainer stärker auf Konditions- und Lauftraining konzentrierte.
    »Findest du, dass mein Schwanz größer ist als der Durchschnitt?«, fragte er DeeDee.
    Als DeeDee sah, dass er sich im Spiegel bewunderte, seufzte sie tief und sank dann in die Kissen zurück.
    »Sag schon.«
    »Du hast tausendmal mehr Schwänze gesehen als ich, weil du den größten Teil deines Lebens in Scheißumkleiden verbringst«, erwiderte sie. »Ich kenne bloß ungefähr vier.«
    »Vier?« Er klang skeptisch.
    »Na schön, sechs. Oder acht. Definitiv nicht mehr. Du hast ein Vielfaches davon gesehen.«
    »Ja, aber die waren nicht erigiert«, entgegnete Lucas und blickte wieder
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