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Zorn des Loewen

Zorn des Loewen

Titel: Zorn des Loewen
Autoren: Jack Higgins
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ging weiter. Er setzte ganz mechanisch einen Fuß vor den anderen. Schließlich kamen sie an die Tür, hinter der sich die Wendeltreppe in den Turm befand. Er stieß sie auf. Seine Kraftreserven schienen völlig erschöpft zu sein.
    Guyon und der General drängten sich in den engen Flur. Mallory verriegelte die Tür. »Was immer jetzt auch geschehen mag, es kann niemand anderes mehr herein«, erklärte er. Die Worte waren wie von einer fremden Stimme gesprochen.
      Er atmete tief ein, sammelte noch einmal alles, was an körperlichen und geistigen Reserven noch vorhanden war, und stieg ihnen voran die Treppe hinauf. Die Wände drehten sich. Durch die Fensterschlitze sah man den Nachthimmel, und irgendwo grollte bedrohlich ein Donner.
      Sie kamen an den ersten Treppenabsatz, an dem der Funkraum lag. Die Tür stand offen, der Raum war menschenleer. Mallory trat an die Funkanlage heran und schaltete sie ein. Ein feines Knistern ertönte. Er nahm das Mikrofon auf – da erschollen weit oben im Turm drei kurz aufeinanderfolgende Schüsse. Fiona Grant schrie laut auf.

    Jacaud hielt auf dem Treppenabsatz an, zog die Luger aus der Tasche seiner Matrosenjacke und nahm den Ladestreifen heraus. Er konnte schon anhand des Gewichtes feststellen, daß er ganz sicher nicht gefüllt war. Aber er hatte keine Zeit mehr, nachzuladen. Er hieb den Ladestreifen heftig in den Griff zurück, steckte die Pistole wieder in die Tasche und öffnete die Tür.
      De Beaumont saß an seinem Schreibtisch und schrieb. Sein Haar schimmerte silbern. Er tupfte den Bogen sorgfältig mit einem Löscher ab, legte den Federhalter aus der Hand und blickte auf.
      Eine Falte zog sich über seine Stirn. »Was ist geschehen, Jacaud? Wo sind General Grant und Guyon?«
    »Marcel kümmert sich jetzt um sie«, erwiderte Jacaud ruhig.
    »Kümmert sich um sie? Ich verstehe nicht.«
    »Nein, mein tapferer Colonel?« Jacaud lachte hart. »Haben Sie wirklich geglaubt, daß ich mich an die Seite drängen lasse und Ihnen erlauben würde, nach Paris zu fliegen, um dort den ›Grand Seigneur‹ zu spielen, ein de Beaumont bis zum bitteren Ende?« »Wie können Sie es wagen!« rief de Beaumont heiser.
      »Für Sie ist es immer nur ein Spiel gewesen«, fuhr Jacaud ungerührt fort. »Ein großartiges, herrliches Spiel, bei dem Hörner erklingen und Standarten im Wind flattern, wie in einem mittelalterlichen Bühnenstück. So haben Sie gelebt, und so wollen Sie auch sterben. Aber diesmal nicht, Colonel. Die werden Sie so stark auspressen, daß Sie ihnen alles erzählen werden, was Sie seit Ihrem dritten Lebensjahr erlebt haben. Pech für Sie, daß das auch meine Person mit einbezieht.«
      De Beaumont griff nach einem gläsernen Briefbeschwerer, schleuderte ihn mit aller Kraft und streckte seine Hand zum Griff der Schublade, in der der Revolver lag. Jacaud sprang zur Seite, so daß der Briefbeschwerer gegen die Wand krachte. Dann schoß er.
      Die Kugel drang de Beaumont in die linke Schulter. Er wurde herumgeschleudert, und Jacaud schoß noch zweimal. Die Wucht der Einschläge warf den Colonel nach vorne. Er versuchte, sich am Kaminsims festzuklammern und reckte seine Arme zur alten Kriegsstandarte empor. Seine Finger ergriffen den Saum, und die Fahne flatterte herab und bedeckte ihn wie ein scharlachrotes Leichentuch.
      Die Tür zum Kämmerchen wurde aufgerissen, und Anne und Fiona Grant stürzten herein. Das junge Mädchen schrie laut auf und riß die Hände vor das Gesicht. Jacaud beachtete sie nicht. Er durchschritt langsam den Raum und blickte auf de Beaumont herab, in dessen Augen ein Ausdruck ungläubigen Staunens lag.
    Hinter ihm wurde die Tür krachend aufgerissen. Als Jacaud sich umdrehte, stürzte Raoul Guyon auf ihn zu. Jacauds erste Kugel schlug in die Wand neben der Tür, die zweite traf Guyon genau oberhalb der linken Brust und stoppte ihn in seiner Bewegung. Er stöhnte auf und fiel vornüber auf die Knie. Jacaud hob die Luger, zielte sorgfältig und schoß noch einmal.
      Der Hahn schlug auf eine leere Kammer. Anne warf sich auf ihn und griff nach seinem Arm. Er versetzte ihr einen Hieb mit dem Handrücken, der sie rückwärts an die Wand taumeln ließ. Dann suchte er in seiner Tasche nach Ersatzmunition.

    Mallory schien den ganzen Türrahmen auszufüllen. Die Augen wie dunkle Schatten in einem Gesicht, das von der Erschöpfung gezeichnet war. Er bewegte sich vorwärts, schwankte leicht von einer Seite auf die andere und hielt seinen
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