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Zeitschaft

Zeitschaft

Titel: Zeitschaft
Autoren: Gregory Benford
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konnte man diesen Gebäudekomplex leicht für den Sitz einer Versicherung, eine Fabrik oder ein Bürohaus halten. Als es Anfang der 70er eröffnet worden war, war das »neue Cav« makellos: aufeinander abgestimmte Farbstrukturen, Teppiche in der Bibliothek und wohlbestückte Regale. Jetzt waren die Flure nur spärlich beleuchtet, und viele Laboratorien, bar jeder Ausstattung, gähnten vor Leere. Renfrew begab sich zu seinem Labor im Mott-Gebäude.
    »Guten Morgen, Dr. Renfrew.«
    »Oh, Morgen, Jason. Ist jemand da gewesen?«
    »Ja, George war da, um die Vorpumpen anzuwerfen, aber…«
    »Nein, nein, ein Besucher, meine ich. Ich erwarte jemanden aus London, Peterson heißt er.«
    »Oh, nein. So einer war nicht da. Möchten Sie denn, daß ich jetzt anfange?«
    »Ja, bitte. Was machen die Apparate?«
    »Läuft ganz gut. Das Vakuum baut sich auf. Wir sind jetzt bei zehn Minuten. Wir haben eine frische Füllung Flüssigstickstoff, die Elektronik ist überprüft. Sieht so aus, als gäbe einer der Verstärker bald den Geist auf. Wir nehmen noch ein paar Eichungen vor, und in etwa einer Stunde sollte die gesamte Anlage überprüft werden.«
    »Okay. Sehen Sie, Jason, dieser Peterson kommt vom Weltrat. Er erwägt höhere Zuschüsse. Wir werden ihm einen Durchgang vorführen und alle Geräte in einigen Stunden auf Herz und Nieren prüfen. Versuchen Sie, einen tatkräftigen Eindruck zu machen, und putzen Sie alles ein bißchen heraus, bitte.«
    »In Ordnung. Ich setz’ alles in Gang.«
    Renfrew ging über den Steg in das eigentliche Labor hinunter und trat geschickt über die Drähte und Kabel. Der Raum bestand aus nacktem Beton und war mit altertümlichen galvanischen Verbindungen und neueren Kabeln ausgestattet, welche sich durch die Gänge zwischen den Geräten wanden. Renfrew begrüßte jeden Techniker einzeln, stellte Fragen über den Betrieb des Ionenbündlers und gab seine Anweisungen. Inzwischen kannte er seine Ausrüstung im Detail, mühselig hatte er die Teile beschafft und eigenhändig zusammengestellt. Der Flüssigstickstoff brodelte in seinem Glaskolben. Energieeinheiten summten dort, wo geringfügige Spannungs-Fehlanpassungen auftraten. Auf den grünen Schirmen der Oszilloskope tanzten und wogten gelbe Linien. Er fühlte sich zu Hause.
    Selten bemerkte Renfrew die schlichten Wände und die klobige Anordnung der Geräte; für ihn handelte es sich um eine gemütliche Zusammenstellung vertrauter, zusammenwirkender Elemente. Den zur Zeit grassierenden Abscheu vor technischem Gerät konnte er nicht begreifen; er argwöhnte, es handelte sich um die eine Seite der Medaille, deren andere Ehrfurcht war. Aber beides war Unsinn. Genausogut konnte man beispielsweise diese Gefühle einem Wolkenkratzer gegenüber hegen, doch das Gebäude war nicht größer als ein Mensch – der Mensch hat es erschaffen, nicht umgekehrt. Das Universum der Artefakte war ein menschliches Universum. Wenn Renfrew sich durch die Gassen zwischen den wuchtigen Geräten bewegte, schien er manchmal ein Fisch zu sein, der durch die warmen Gewässer seines ureigenen Ozeans schwamm. Die komplizierte Anordnung des Experiments steckte wie ein mehrschichtiges Diagramm in seinem Kopf, und er verglich es ständig mit der niemals vollkommenen Realität vor sich. Er liebte diese Art des Nachdenkens und Korrigierens, er liebte die Suche nach dem unsichtbaren Mangel, der die gesamte gewünschte Wirkung zerstören konnte.
    Die meisten seiner Geräte hatte er beschafft, indem er die übrigen Forschungsgruppen im Cav plünderte. Forschung war stets ein offensichtlicher Luxus gewesen, der leicht beschnitten werden konnte. Die letzten fünf Jahre waren eine Katastrophe gewesen. Wenn eine Gruppe aufgelöst wurde, hatte Renfrew versucht, zu retten, was zu retten war. Als Spezialist für die Erzeugung von Strahlen aus Hochenergieionen hatte er in der Kernresonanzgruppe angefangen. Ihre Bedeutung gewann sie durch die Entdeckung einer völlig neuen Art subatomarer Teilchen, der Tachyonen, über die seit Jahrzehnten theoretisiert worden war. Renfrew war in diesen Bereich übergewechselt. Er hatte sein kleines Team durch geschickte Subventionspolitik über Wasser gehalten und sich zudem die Tatsache zunutze gemacht, daß Tachyonen, das Neueste vom Neuen, einen eindeutigen intellektuellen Anspruch auf die Geldmittel hatten, die dem Nationalen Forschungsrat noch geblieben waren. Der NFR hatte sich allerdings im letzten Jahr aufgelöst.
    In diesem Jahr war die Forschung eine
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