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Zeit der Sternschnuppen

Zeit der Sternschnuppen

Titel: Zeit der Sternschnuppen
Autoren: Herbert Ziergiebel
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haben Sie in Verbindung gestanden?« erkundigt sich der Major. »Oder sind Sie Amateurfunker? Dann haben Sie doch sicher eine Lizenz…«
»Racha«, murmelt Weyden plötzlich, »ich hatte es wissen müssen; kaum zwei Stunden zurück, fängt das Theater an…« Er überlegt einige Sekunden, sagt dann: »Sie haben recht, ich war nie in Jauernick. Was Sie jedoch vermuten, ist, gelinde gesagt, Schwachsinn.«
»Dann packen Sie aus«, fordert ihn Eichstätt wohlwollend auf, »wir hören.«
Über Weydens Gesicht huscht ein schwaches Lächeln. »Da gibt es nicht viel auszupacken. Ich habe fünfeinhalb Monate in der Nähe des Jupiters gelebt, genauer: im sechsten Jupitermond. Mehr kann ich Ihnen nicht sagen. Ich bin mir bewußt, daß Sie meine Aussage bezweifeln – aber das erscheint mir jetzt nicht so wichtig…«
Eichstätt und der Major wechseln einen Blick. Beide begreifen Weydens Erklärung so, wie sie der Stimmung der späten Silvesternacht entspricht. Etwas sarkastisch meint Eichstätt: »Im Gegensatz zu unserer Vermutung, die Sie als Schwachsinn bezeichnen, ist Ihre Aussage geradezu überwältigend realistisch, Herr Weyden. Aber die Silvesterfeier ist inzwischen vorüber, und Sie scheinen auch nüchtern zu sein. Lassen wir also die Scherze. Ich wiederhole meine Frage: Wo haben Sie sich in den letzten fünfeinhalb Monaten aufgehalten?«
»Wie ich bereits sagte, ich befand mich in der Nähe des Jupiters. Das ist der fünfte Planet nach Merkur, der größte in unserm Sonnensystem.«
»Sie werden Unannehmlichkeiten bekommen«, prophezeit der Major. »Was ist mit dem angeblichen Kofferradio?«
»Es war ein Sender«, bekennt Weyden freimütig, »die Rowdys im Autobus haben mir ihn gestohlen. Meine Angaben lassen sich leicht überprüfen. Sie brauchen nur die Diebe zu verhaften. Dann würden Sie feststellen, daß dieses Gerät nicht von der Erde stammt. Es arbeitet mit Frequenzen, die hier nicht üblich sind.«
Ein neuer Verdacht beschleicht die beiden Kriminalisten. Der junge Mann vor ihnen hat möglicherweise, volkstümlich ausgedrückt, nicht alle Tassen im Schrank. Ungeachtet seines Geisteszustandes bleibt jedoch die Frage nach dem Aufenthalt im letzten halben Jahr offen. Auch der angebliche Diebstahl verlangt nach einer Erklärung. Eichstätt überfliegt noch einmal die Karteikarte.
»Stimmt die angegebene Telefonnummer noch?« erkundigt er sich.
Weyden bejaht. »Sie können meine Frau anrufen, viel werden Sie von ihr nicht erfahren. Ich habe meiner Frau nichts anderes erzählen können als Ihnen. Wollen Sie nicht lieber den Busfahrer ausfindig machen? Der Sender gehörte nicht mir…«
»Sondern?«
»Ich habe ihn vom Raumschiff mitgebracht.«
Eichstätt wählt eine Telefonnummer. Einen Augenblick später meldet sich eine Frauenstimme. Weyden weiß, daß es seine Frau ist; nervös bemüht er sich, das Gespräch zu entziffern. Eichstätt hat ein paar Fragen gestellt, die sich auf Weydens Abwesenheit bezogen. Nun lauscht er, und Weyden strengt sich vergeblich an, die Antwort herauszuhören.
»Wovon haben Sie eigentlich im letzten halben Jahr gelebt?« erkundigt sich der Major. »Wer hat Sie bezahlt?«
»Es wäre schön, wenn Sie mich morgen aufsuchen könnten«, sagt Eichstätt zu seinem Gesprächspartner, »ich erwarte Sie…« Er legt den Hörer zurück.
»Nun?« fragt der Major. »Wer hat Sie bezahlt?«
»Ich antworte Ihnen darauf nicht«, erklärt Weyden mißmutig, »beschaffen Sie mir das Sendegerät.«
»Einen Tag – oder eine Nacht, bevor Sie spurlos verschwanden, hielten Sie sich in einem größeren Kreis von Bekannten und Freunden auf. Das war draußen, auf Ihrer Datsche. Es soll eine prächtige Zecherei gewesen sein.«
Weyden nickt zustimmend und lächelt. »Es stimmt, um Mitternacht waren sie leider alle etwas abwesend. Daher konnte ich ihnen die Landung des Transporters nicht zeigen. Es war das dritte Mal, daß sie bei Manik Maya landeten.«
»Manik Maya?«
»So heißt die Datsche – ein Spaß, nichts weiter.«
»Was soll der Unsinn?« protestiert der Major. »Wie lange wollen Sie bei diesem Unfug bleiben?«
»Laß ihn erzählen, Ernst«, lenkt Eichstätt ein. »Sie kamen also nach Mitternacht?« Er erweckt den Anschein, als interessiere ihn Weydens Geschichte.
»Sie kamen immer nach Mitternacht. Als ich mich damals mit ihnen verständigt hatte, machte ich einen Versuch. Ich erzählte einigen Bekannten von dieser Begegnung. Das Resultat war Spott. Niemand glaubte mir, man hielt mich für einen Spaßvogel.
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