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Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger

Titel: Zauberschiffe 03 - Der Blinde Krieger
Autoren: Robin Hobb
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begann verzweifelt zu summen. Laut. Amber redete weiter, aber er konnte sie nicht hören. Er wollte sie nicht hören. Er schob die Finger weiter in die Ohren und sang aus Leibeskräften: »Ein Pfennig für ein süßes Brötchen, ein Pfennig für eine Pflaume, ein Pfennig für die Rennen, um die Pferdchen laufen zu sehen…«
    »Sie hat mich rausgeworfen!«, schrie Amber. »Als ich draußen war und ihr zugerufen habe, dass ich diese Sache vor das Konzil bringen würde, hat sie ihre Hunde auf mich gehetzt. Sie hätten mich fast erwischt!«
    »Schwing mich tief, schwing mich hoch, schwing mich bis in den Himmel hinauf.« Paragon sang verzweifelt seinen Kinderreim. Sie irrte sich, sie musste sich irren. Seine Familie würde ihn irgendwohin in Sicherheit bringen. Das war alles. Es spielte nicht die geringste Rolle, wen sie dafür engagiert hatten. Sobald sie ihn zu Wasser gelassen hatten, würde er bereitwillig segeln. Er würde ihnen zeigen, wie einfach es sein konnte, ihn zu segeln. Ja. Das war eine Chance, sich ihnen zu beweisen. Er konnte ihnen zeigen, dass ihm all das Leid tat, wozu sie ihn gebracht hatten.
    Sie redete nicht mehr weiter. Er sang langsamer und summte schließlich nur noch. Bis auf seine eigene Stimme herrschte Ruhe. Vorsichtig nahm er die Finger aus den Ohren. Nichts war mehr zu hören bis auf das Klatschen der Wellen, den Sand, den der Wind über den Strand trieb, und das Knacken von Ambers Feuer. Plötzlich schoss ihm eine Frage durch den Kopf, und er sprach sie laut aus, bevor ihm einfiel, dass er gar nicht mit ihr hatte sprechen wollen.
    »Wirst du mich auch an meinem neuen Platz besuchen?«
    »Paragon, du kannst das nicht einfach verdrängen. Wenn sie dich hier wegholen, dann werden sie dich wegen deines Hexenholzes auseinander nehmen.«
    Die Galionsfigur erwiderte: »Das ist mir egal. Es wäre ganz schön, tot zu sein.«
    Amber klang leise und verzagt. »Ich weiß nicht, ob du dann wirklich tot bist. Ich fürchte, sie werden dich von dem Rest des Schiffes trennen. Wenn dich das nicht, umbringen sollte, werden sie dich nach Jamaillia bringen und dort als Monstrosität verkaufen. Oder dich dem Satrapen zum Geschenk machen, im Austausch für Ländereien und andere Gefälligkeiten. Ich weiß nicht, wie du dort behandelt wirst.«
    »Wird es weh tun?«, fragte Paragon.
    »Das kann ich dir nicht sagen. Ich weiß zu wenig über das, was du bist. Hat es… Als sie dein Gesicht zerhackt haben, hat das weh getan?«
    Er wandte sein entstelltes Gesicht von ihr ab, hob die Hände und fuhr mit den Fingern über das zersplitterte Holz, wo einmal seine Augen gewesen waren. »Ja.« Er runzelte die Stirn. Doch im nächsten Atemzug fügte er hinzu: »Ich erinnere mich nicht mehr. Es gibt eine Menge, woran ich mich nicht mehr erinnern kann. Meine Logbücher sind verschwunden.«
    »Manchmal ist es das Bequemste, wenn man sich nicht erinnert.«
    »Also glaubst du, dass ich lüge, ja? Du glaubst, ich könnte mich erinnern, wenn ich nur wollte, hm?« Er sagte das, weil er hoffte, damit einen Streit vom Zaun brechen zu können.
    »Paragon, wir können das Gestern nicht ändern. Wir sprechen vom Morgen.«
    »Sie kommen schon morgen?«
    »Das weiß ich nicht! Es war nur ein Bild, eine Metapher.« Sie trat näher heran und legte ihre Hände flach gegen seine Hülle. Wegen der Kälte trug sie Handschuhe, aber er fühlte die Umrisse ihrer Hände als zwei warme Flecken an seiner Beplankung. »Ich kann die Vorstellung nicht ertragen, dass sie dich einfach in Stücke hacken. Selbst wenn es nicht weh tun sollte und auch wenn es dich nicht umbringt. Ich ertrage diesen Gedanken nicht.«
    »Du kannst nichts dagegen tun«, erklärte er. Plötzlich hielt er es für angebracht, diesen Gedanken zu äußern. »Wir können beide nichts dagegen tun.«
    »Das ist fatalistisches Gerede«, erklärte Amber wütend. »Wir können eine ganze Menge dagegen tun. Und ich schwöre dir, dass ich mich hier hinstelle und gegen sie kämpfe.«
    »Du könntest nicht gewinnen«, erwiderte Paragon. »Es wäre dumm zu kämpfen, wenn du von vornherein weißt, dass du nicht gewinnen kannst.«
    »Das mag sein«, antwortete Amber. »Und hoffentlich kommt es erst gar nicht dazu. Ich habe nicht vor zu warten, bis die Lage so verzweifelt wird. Ich will handeln, bevor sie es tun. Paragon, wir brauchen Hilfe. Wir brauchen jemanden, der sich auf dem Konzil der Händler für uns einsetzt.«
    »Kannst du das nicht tun?«
    »Das weißt du genau. Nur ein Alter Händler
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