Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
Mannschaft. Sie setzten ihr Leben nicht aufs Spiel, es sei denn, das ganze Schiff ging unter oder ihre Jagdbeute wendete sich erfolgreich gegen sie.
    Das Schiff hatte seinen Weg nach Norden über die Äußere Passage gewählt, abseits der Pirateninseln, und es wurde dabei die ganze Zeit gejagt und Fett ausgelassen. Schließlich war die Reaper in Bingtown eingelaufen und man hatte frisches Wasser und Vorräte an Bord genommen. Der Erste Maat hatte auch neue Matrosen für die Reise zu den Öden-Inseln angeheuert.
    Die Stürme zwischen Bingtown und den Öden-Inseln waren so berüchtigt wie die Vielzahl der Seekühe, von denen es dort unmittelbar vor ihrer Winterwanderung nur so wimmelte. Sie waren fett von ihrer Sommermästung, und die glatten Felle der Jungen waren schon so groß, dass es sich lohnte, sie zu häuten.
    Sie trugen noch keine Narben von Futter-und Balzkämpfen.
    Solche Beute war es wert, den Herbststürmen zu trotzen.
    Weiche Felle, dicke Fettschwarten und darunter das magere, dunkelrote Fleisch, das sowohl nach See als auch nach Land schmeckte. Die Salzfässer, die bei ihrer Abreise die Laderäume gefüllt hatten, würden bald mit gepökelten Scheiben des kostbaren Fleischs gefüllt sein, Oxhofte von feinem, ausgelassenem Tran, während die abgezogenen Häute mit Salz eingerieben und eingerollt weggepackt wurden.
    Diese Fracht würde die Besitzer der Reaper vor Freude tanzen lassen. Die Schuldner, die lange genug lebten und es nach Candletown zurück schafften, kamen von dieser Prüfung als freie Männer zurück. Die Jäger und Häuter würden eine Provision an der Gesamteinnahme fordern und dann schon die Gebote für ihre Dienste in der nächsten Saison annehmen. Die richteten sich danach, wie gut sie ihre Arbeit diesmal erledigt hatten. Und die echten Seemänner, die das Schiff die ganze Zeit über sicher bemannt und nach Hause gebracht hatten, konnten ihre Taschen mit klingender Münze füllen; genug, um sich Bier und Frauen leisten zu können, bis sie wieder zu den Öden-Inseln ausliefen.
    Ein tolles Leben, dachte Brashen ironisch. Genauso toll wie die Position, die er für sich selbst gewonnen hatte. Was nicht weiter schwierig gewesen war. Er hatte nur schnell genug herumklettern müssen, um die Aufmerksamkeit des Maats und dann die des Kapitäns zu erregen. Das hatte genügt – und der heftige Sturm, der zwei Männer über Bord gespült und den dritten verkrüppelt hatte. Allesamt aussichtsreiche Kandidaten für den Posten, den er jetzt innehatte.
    Trotzdem quälten ihn heute Nacht keine besonders starken Gewissensbisse, weil er über drei Leichen gegangen war, um Anspruch auf diese Position und die Verantwortung zu erheben, die damit einherging. Nein. Ihn trieben die Gedanken an Althea Vestrit um, die Tochter seines Wohltäters. Die lag jetzt in nassem Elend im Laderaum zusammengekauert, in nächster Nähe zu den Männern, die dort hausten. »Ich kann nichts dagegen tun.«
    Er sprach die Worte laut aus, als könnte er damit sein Gewissen beruhigen. Er hatte sie in Bingtown nicht an Bord kommen sehen. Und selbst wenn, hätte er sie nicht so leicht erkannt. Sie hatte sich sehr überzeugend als Schiffsjunge getarnt, das musste er ihr zugestehen.
    Und es war auch nicht ihr Anblick gewesen, der ihm den ersten Hinweis darauf gegeben hatte, dass sie an Bord war. Er hatte sie immer nur als Schiffsjungen wahrgenommen und keinen Gedanken an sie verschwendet. Sie hatte ihre flache Mütze tief in die Stirn gezogen, und ihre Bekleidung verbarg ihren Körper mehr als genügend. Doch als er das erste Mal ein Seil gesehen hatte, das mit einem doppelten Holländer an einem Block befestigt war statt mit einem Bulin, hatte er gestaunt. Zwar war dieser Knoten nicht so selten, aber der Bulin war weiter verbreitet. Kapitän Vestrit dagegen hatte immer den doppelten Holländer bevorzugt. Doch beim ersten Mal hatte Brashen nicht weiter darüber nachgedacht. Einen Tag später war er vor seiner Wache an Deck gekommen und hatte ein vertrautes Pfeifen aus der Takelage über sich gehört. Er blickte hoch, wo sie in dem Ausguck stand, winkte und versuchte, seine Aufmerksamkeit für irgendeine Nachricht zu erregen. Brashen erkannte sie sofort. Ach, Althea, dachte er und zuckte erst eine Sekunde später zusammen, als er begriff, was er da gesehen hatte. Ungläubig starrte er zu ihr hoch, den Mund halb offen vor Staunen. Sie war es. Ihre Art, sich in den Wanten zu bewegen, war unnachahmlich. Sie sah hinunter, und als sie ihn
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher