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Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen

Titel: Zauberschiffe 02 - Viviaces Erwachen
Autoren: Robin Hobb
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wurden mit den Fingern gereinigt oder mit Brot, wenn sie welches bekamen. Normalerweise gab es Zwieback, und in einem Sturm wie diesem war die Chance sehr gering, dass der Smutje versucht hatte, etwas zu backen. Althea schob sich durch den Dschungel aus nassen Kleidungsstücken, die an allen möglichen Haken und Pflöcken hingen. Man bemühte sich vergeblich, sie zu trocknen. Althea zog ihr Ölzeug aus, das sie letzte Woche bei einem Spielchen mit Oyo gewonnen hatte, und hängte es an einen Pflock, den sie als ihren in Besitz genommen hatte.
    Kellers Drohungen waren keineswegs nur leere Worte gewesen.
    Er bediente sich gerade, als Althea an den Kessel trat, und wie jeder Mann auf dem Schiff nahm er sich, soviel er wollte, ohne auf die nach ihm Kommenden zu achten. Althea schnappte sich eine leere Schüssel und wartete ungeduldig darauf, dass er fertig wurde. Sie merkte, dass er sich absichtlich Zeit ließ und versuchte, sie zu provozieren, damit sie sich beschwerte. Aber sie hatte es auf die harte Art gelernt, nicht darauf hereinzufallen. Jeder konnte einen Schiffsjungen herumschubsen, auch ohne den Vorwand, dass er herumjammerte. Es war besser, ruhig zu sein und eine halbe Kelle Suppe zu bekommen, als sich zu beschweren und mit einem Knuff als Abendessen abgespeist zu werden. Reller beugte sich über den Kessel und löffelte eine Kelle nach der anderen aus der flachen Pfütze, die noch übrig war. Althea schluckte und wartete, bis sie dran war.
    Als Reller sah, dass sie sich nicht provozieren ließ, hätte er beinahe gelächelt. Doch stattdessen sagte er: »Hier, Junge, ich hab dir ein paar Klumpen dringelassen. Mach den Kessel sauber und bring ihn dann zurück zum Smutje.«
    Althea wusste, dass es in gewisser Weise sogar eine freundliche Geste war. Er hätte alles nehmen und ihr nur einige wässrige Reste lassen können, ohne dass jemand auch nur auf die Idee gekommen wäre, ihn zurechtzuweisen. Sie war froh, dass sie den Kessel nehmen und mit ihm zu ihrem Schlafplatz gehen konnte, wo sie ihn leer aß.
    Alles in allem hatte sie einen ganz guten Platz erwischt. Sie hatte ihre spärlichen Habseligkeiten an einer Stelle verstaut, wo der geschwungene Schiffsrumpf an das darüber liegende Deck stieß. Dort konnte man kaum aufrecht stehen. Und hier hatte sie ihre Hängematte befestigt. Niemand sonst hätte sich so eng zusammenrollen können, dass er dort bequem schlafen konnte. Althea dagegen konnte sich dorthin zurückziehen und war relativ ungestört, während sie schlief. Niemand schob sich in nassen Klamotten an ihr vorbei. Also nahm sie den Kessel mit in ihre Nische und machte es sich gemütlich.
    Sie schöpfte die Reste mit ihrem Becher aus und trank sie. Es war nicht mehr heiß, und das Fett bildete kleine, schwimmende Stückchen, aber es war wärmer als der Regen draußen, und das Fett schmeckte gut. Reller hatte nicht gelogen und tatsächlich einige Brocken übriggelassen. Es mochten Kartoffeln, Rüben oder vielleicht auch nur ein teigiges Stück von etwas sein, das eigentlich ein Kloß hätte sein sollen, aber nicht ordentlich gekocht worden war. Althea kümmerte es nicht. Mit den Fingern fischte sie es heraus und aß es. Mit einem harten runden Stück Zwieback wischte sie anschließend den Kessel aus, bis nichts Essbares mehr drinnen war.
    Sie hatte kaum den letzten Bissen gegessen, als sie müde wurde. Ihr war kalt, sie war nass, und alle Knochen taten ihr weh.
    Sie sehnte sich nur noch danach, ihre Decke herunterzuziehen, sich in ihr einzurollen und die Augen zu schließen. Aber Reller hatte ihr befohlen, den Kessel zum Koch zurückzubringen. Sie hütete sich, damit bis nach dem Schlafen zu warten. Das hätte man als Drückebergerei angesehen. Zwar würde Reller vielleicht ein Auge zudrücken, aber wenn sich der Koch beschwerte, dann bedeutete das Hiebe mit dem Tauende. Das konnte sie sich nicht leisten. Mit einem Geräusch, das sich wie ein Wimmern anhörte, kroch sie aus ihrer Schlafnische, den Kessel in den Armen.
    Sie musste sich erneut über das sturmgepeitschte Deck kämpfen, um die Kombüse zu erreichen. Sie schaffte es in zwei Etappen und hielt den Kessel genauso fest, wie sie sich an dem Schiff festklammerte. Wenn sie ihn über Bord gehen ließ, würde die Mannschaft bestimmt dafür sorgen, dass sie sich bald wünschte, mit über Bord gegangen zu sein. Als sie an der Kombüse ankam, musste sie gegen die Tür treten und schreien, weil der dumme Koch sie von innen verriegelt hatte. Als er sie
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