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Yoga und Vegetarismus

Yoga und Vegetarismus

Titel: Yoga und Vegetarismus
Autoren: Sharon Gannon
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und brach ihr das Genick. Ich hörte sie schreien und versuchte mich aus den Armen meiner Mutter zu befreien, um ihr zu helfen. Frau Gans tat ihr Bestes: Flügelschlagend und schnatternd versuchte sie einzugreifen. Mein Vater schlug nochmals auf die Dame ein, und dieses Mal brach ihr Körper entzwei. Meine Mutter ließ mich los. Ich rannte, um zu sehen, wie das schöne glänzende Wesen leblos in der Sonne lag. Ein Auge war noch offen, schimmerte und blickte mich an. Als der Wind durch die Zypressen strich, hörte ich sie hauchen: „Warum?“
    Ohne es zu beabsichtigen, hatte ich den Tod einer schönen Korallenotter verursacht, die in der Sonne lag und niemandem etwas zu Leide tat. In diesem Moment wurde mir klar, dass ich die Fähigkeit hatte, die Handlungen anderer Leute auf positive oder negative Art zu beeinflussen, und dass ich in Zukunft vorsichtiger sein musste.
    Du sollst nicht töten
    Von der ersten bis zur sechsten Klasse besuchte ich eine katholische Schule. Jeden Morgen wurde der Tag mit einer Stunde Katechismus eingeläutet. In der ersten Klasse lernten wir die Zehn Gebote. An dem Tag, als wir das „Du sollst nicht töten“ lernten, kam ich von der Schule nach Hause und erzählte meiner Mutter begeistert von dieser Anweisung. Sie bereitete gerade das Abendessen. In den Hirteneintopf schnitt sie Würstchen. Ich wusste bereits, dass Hamburger und Hot Dogs aus Tieren gemacht wurden, die getötet wurden, damit wir sie essen konnten. Deshalb brannte ich darauf, ihr von meinen neuen Erkenntnissen zu berichten. Sie antwortete: „Mach dir keine Gedanken. Es ist in Ordnung, dass wir diese Tiere schlachten. Genau dafür werden sie gezüchtet.“ Verwirrt zog ich von dannen, um über diese Aussage nachzudenken.
    Ich war sehr verwirrt. Kurz zuvor hatte ich die Geschichte von Hänsel und Gretel und der Hexe gehört, die die beiden mästete, um sie später im Ofen zu garen und zum Mittagessen zu verspeisen. Ich war bestürzt, wütend und durcheinander, dass meine Mutter den Zusammenhang nicht zu sehen schien. Am meisten störte mich, dass ich ihr nicht vermitteln konnte, dass ein großer Teil unseres Tuns völlig falsch zu laufen schien. Ich erkannte, dass es nur einen Weg gab, das Verhalten meiner Mutter zu verändern: Ich musste mit ihr reden, ohne sie wütend zu machen. Also durfte ich selbst nicht wütend sein. Die Suche nach einer besseren Argumentationsweise begann.
    Jahre später lebte ich als Tänzerin, Autorin, Musikerin und Malerin in Seattle, Washington. Dort lief 1982
Der Tierfilm 6
, eine britische Dokumentation, die die Beziehung zwischen Mensch und Tier untersuchte. Ich wollte mir den Film ansehen, weil die Musik von Robert Wyatt stammte, einem Komponisten, den ich sehr bewunderte. Die Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Julie Christie war die Erzählerin des Films.
    Diese zwei Stunden und 20 Minuten im Kino veränderten mein Leben wie kein anderes Ereignis zuvor. Thema des Films ist die grausame, ausbeuterische und unmenschliche Art, in der Menschen Tiere behandeln. Der Film zeigt, wie Tiere zur Unterhaltung (vom Stoff- bis zum Haustier), zum Essen, zur Herstellung von Kleidung und als Opfer der Forschung zu militärischen und „wissenschaftlichen“ Zwecken genutzt werden. Am Ende rettet die Tierbefreiungsorganisation ALF 7 Versuchstiere aus einem Labor. Der Film brachte mich dazu, radikal umzudenken: in Bezug auf meine Kunst, meine Mission als Künstlerin und das, was ich aus meinem Leben machen wollte. Wenn ich keinen Beitrag dazu leistete, den Wahnsinn, der in diesem Film dargestellt wurde, zu beenden – wo lag dann eigentlich der Sinn, in dem, was ich tat?
    Vor diesem Film war ich mal mehr, mal weniger Vegetarierin. Aber nachdem ich ihn gesehen hatte, begann ich sofort, mich vegetarisch und bald darauf vegan zu ernähren. Tief berührt beschloss ich, einen Weg zu finden, das Leid der Tiere, das ich im Film gesehen hatte, zu beenden. Die Frage war nur, wie? Als ich meinen Freunden gegenüber versuchte, meine Gefühle zu formulieren, fanden sie mich zu emotional. Ich fühlte mich, als ob ich wieder und wieder mit meiner Mutter zu sprechen versuchte. Ich wusste, dass mir
Der Tierfilm
Einblick in eine Realität gegeben hatte, die nicht viele Leute zu sehen bekommen, geschweige denn überhaupt wahrhaben wollen. Ich selbst konnte die Wahrheit jedoch nicht länger verschweigen und erst recht nicht leugnen. Um die Situation der Tiere zu verändern, musste sich eine ganze Gesellschaft verändern
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