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Yoga und Vegetarismus

Yoga und Vegetarismus

Titel: Yoga und Vegetarismus
Autoren: Sharon Gannon
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sie ermöglichten mir, diese auf mitfühlende, freudige und wertfreie Art zu formulieren.
    Natürlich war ich nicht die Erste, die sich in dieser Richtung engagierte. Aber immer wieder fielen mir Brüche auf: Einige Leute nennen sich „Tierschützer“, glauben aber dennoch, es sei in Ordnung, die Tiere zu benutzen – sie sogar zu essen –, solange sie vor ihrem Tod ein schönes Leben hatten. Ich sehe das anders. Die Ausbeutung von Tieren zur Befriedigung unserer selbstsüchtigen Bedürfnisse ist keineswegs statthaft. In diesem Sinne kann man mich als Abolitionistin bezeichnen. 2
    In den Yogasutras beschreibt Patañjali einen achtgliedrigen Pfad zur Befreiung, den sogenannten Raja Yoga. Den ersten Schritt nennt er
Yama
, Beherrschung. Er umfasst fünf ethische Vorschläge zur Lebensführung. Sie beziehen sich darauf, wie Yogis mit anderen umgehen sollten. Alle sprechen ganz klar für eine vegetarische Ernährung. Das erste Yama, das Patañjali beschreibt, ist
Ahimsa
oder Gewaltlosigkeit. Sobald Ahimsa ein fester Bestandteil unseres Lebens geworden ist, werden Patañjali zufolge auch andere aufhören, uns zu schaden. Unendlich vielfältige Formen von Gewalt sind der Grund dafür, dass es auf der Welt so viel Leid gibt. Falls es uns möglich ist, die Gewalt zu minimieren, können wir auch das Leiden verringern. Patañjali sagt, dass zukünftiges Leid vermieden werden sollte. Ahimsa ist für ihn der Weg dorthin: Stoppt die Gewalt, und das Leid wird aufhören. Wenn wir ganz und gar im Zustand des Friedens ruhen können, brauchen wir keine anderen Yogapraktiken mehr. Patañjali war allerdings auch Realist: Er hat durchaus erkannt, wie selten ein Mensch den vollkommenen Zustand von Ahimsa verwirklichen kann. Aus diesem Grund hat er uns ein paar weitere Richtlinien auf den Weg gegeben.
    Jedes Jahr werden Milliarden von Tieren für den menschlichen Verzehr geschlachtet. Zuvor haben sie ihr Leben in Massentierhaltung zugebracht, wo ihnen unaussprechliches Leid zugefügt wurde. Diese Tatsache allein ist ein guter Grund für jeden Yogaübenden, sich vegetarisch zu ernähren. Auch der Nutzen für die eigene Gesundheit wurde nachgewiesen: Eine vegetarische Ernährung kann koronaren Krankheiten 3 und Krebs 4 , heutzutage zwei der Haupttodesursachen, vorbeugen oder sogar entgegenwirken. Der verheerende Effekt, den der Verzehr von Fleisch, Fisch und Milchprodukten auf Luft, Wasser, Erde und das gesamte Ökosystem unseres Planeten hat, ist ein weiterer Anlass für die Yogis, eine vegetarische Ernährung in Betracht zu ziehen – schließlich pflegten sie seit jeher eine enge Verbindung zur Natur. Mit unserer Praxis wollen wir Yogis letztendlich dem Ziel der Erleuchtung näher kommen. Das bedeutet, die Einheit und Verbindung aller Wesen und Dinge zu erkennen – nicht nur die der Menschen. Wenn wir unser Mitgefühl auf die Tiere ausweiten, hat das positive Auswirkungen auf unser Karma. Daraus resultiert ein innerer Zustand, der Erleuchtung ermöglicht.
    Mein eigener Weg als Veganerin und einer sich für die Tierrechte einsetzenden Yogalehrerin begann im Alter von drei Jahren. Ich lebte mit meiner Mutter, meinem Vater, meinem kleinen Bruder und meiner Freundin „Frau Gans“ in Florida. Meine Eltern bezeichneten Frau Gans 5 als meine „unsichtbare Fantasiefreundin“. Zu dieser Zeit wusste ich nicht, was das ist. In meiner Vorstellung war Frau Gans eine Gans, die nur wenige Zentimeter größer war als ich selbst. Wir lebten in einem großen gemieteten Haus am Rande des Everglade Forest. Eines Tages, als wir vom Einkaufen zurückkamen, sprangen Frau Gans und ich aus dem Auto und liefen um die Wette bis zur Haustür. Auf den Steinstufen der Veranda fiel uns etwas sehr Buntes ins Auge. Frau Gans sagte mir, ich solle langsamer laufen und ganz still sein. Sie watschelte ein Stückchen näher, um einen Blick darauf zu werfen, und sagte mir dann, ich könne behutsam näher kommen. Als ich näher kam, erkannte ich ein glänzendes schwarz-rot-gelbes Geschöpf, das sich auf den Stufen sonnte. Es sah mich mit weit geöffneten Augen an und hob seinen Kopf, um etwas zu sagen. Sein Flüstern war so sanft, dass ich mich ganz nah an sein Gesicht heranlehnen musste, um es zu verstehen.
    Gerade als das Wesen im Begriff war, mir etwas zu erzählen, hörte ich meine Mutter hinter mir schreien. Sie rannte herbei, stieß Frau Gans aus dem Weg und packte mich. Mein Vater kam mit einer Brechstange in der Hand angerannt, schlug auf die glänzende Dame ein
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