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Yendi

Yendi

Titel: Yendi
Autoren: Steven Brust
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die Achseln.
    »Zauberin in Grün«, grübelte ich laut. »Ich habe noch keine Athyra getroffen, die nicht auch Zauberin war, und das Grün sehe ich selber, ich kann also nicht behaupten, daß der Titel mir –«
    »Das dürfte reichen, Vlad«, unterbrach Morrolan. »Außerdem ist sie keine –«
    »Tut mir leid. Ich wollte dir nur sagen, daß mir etwas dazwischengekommen ist. Ich fürchte, ich muß gehen.« An die Zauberin gewandt sagte ich: »Entschuldigt, daß ich Euch das antun muß, Liebste, aber versucht, Euch davon nicht den Abend verderben zu lassen.«
    Sie sah mich an und lächelte süß. »Wie würde es Euch gefallen«, fragte sie, »als Molch zu leben?«
    Loiosh fauchte.
    »Ich hatte dich gebeten aufzuhören, Vlad«, blaffte Morrolan.
    Dabei beließ ich es. »Dann gehe ich jetzt«, sagte ich und senkte den Kopf.
    »Wohlan. Wenn ich etwas für dich tun kann, laß es mich wissen.«
    Ich nickte. Zu seinem Leidwesen sollte ich mich an diese Bemerkung noch erinnern.
     
     
    Wißt ihr, was der absolut bedeutendste Unterschied zwischen einem Dragaeraner und einem Ostländer ist? Nicht, daß sie so viel größer und stärker sind als wir; ich bin der lebende Beweis, daß Größe und Kraft nicht so wichtig sind. Auch nicht, daß ihre Lebensspanne zwei- oder dreitausend Jahre umfaßt, gegen unsere fünfzig oder sechzig; von den Leuten, mit denen ich mich umgebe, erwartet sowieso keiner, daß er an Altersschwäche stirbt. Nicht einmal, daß sie von Geburt an eine natürliche Verbindung zum Gestirn des Imperiums besitzen, die es ihnen erlaubt, Zauberei anzuwenden; Ostländer (wie mein verstorbener, unbetrauerter Vater) können sich Titel im Haus der Jhereg kaufen oder einem Edelmann die Lehenstreue schwören oder aufs Land ziehen und ein Teckla werden – jede dieser Handlungen macht sie zu Bürgern und verschafft ihnen die Verbindung.
    Nein, der größte Unterschied, den ich festgestellt habe, ist dieser: Ein Dragaeraner kann sich teleportieren, ohne daß ihm hinterher übel wird.
    Ich kam in der Straße vor meinem Büro an und mußte mich fast übergeben. Während ich ein paarmal tief durchatmete, wartete ich, daß meine Innereien sich wieder beruhigten. Den eigentlichen Zauberspruch hatte ich einem von Morrolans Leuten übertragen. Zwar kann ich ihn auch selbst, aber ich bin nicht so gut; eine rauhe Landung macht alles nur noch schlimmer.
    Zu jener Zeit befanden sich meine Büroräume in der Kupfergasse, hinter einer kleinen Spielhölle, die ihrerseits hinter einem Geschäft mit psychedelischen Kräutern lag. Insgesamt hatte ich drei Zimmer. Das erste war der Warteraum, in dem mein Empfangschef Melestav saß. Rechts von ihm befanden sich Kragars Büro und die Archive, und hinter Melestav lag dann mein eigenes. Kragar verfügte über einen kleinen Tisch und einen harten Holzstuhl – für mehr reichte der Platz nicht. Im Warteraum standen vier Sessel, die fast bequem waren. Mein Schreibtisch war etwas größer als der von Kragar, kleiner als Melestavs, und dahinter stand, zur Tür gerichtet, ein gut gepolsterter Drehsessel. Neben der Tür standen noch zwei bequeme Sessel, von denen einer Kragar vorbehalten war, wenn er zu mir kam.
    Ich sagte Melestav, er solle Kragar informieren, daß ich da war, und setzte mich zum Warten an meinen Tisch.
    »Äh, Boß?«
    »Oh.« Seufzend stellte ich fest, daß Kragar wieder einmal, ohne daß ich es bemerkt hätte, hereingeschlichen war. Er behauptet, er würde es nicht absichtlich tun – er wäre eben von Natur aus ein Schleicher.
    »Was hast du rausgekriegt, Kragar?«
    »Nichts, das ich dir nicht schon erzählt hätte.«
    »Also gut. Dann laß uns mal ein bißchen Geld auf den Kopf hauen.«
    »Wir beide?«
    »Nein. Halt du dich bereit, falls sie handgreiflich werden.«
    »Geht klar.«
    Als wir nach draußen gingen, fuhr ich mir mit einer Hand durch die Haare. Dabei strich mein Arm rechts über meinen Umhang, so daß ich sicherstellen konnte, daß diverse Utensilien sich an Ort und Stelle befanden. Mit der linken Hand richtete ich den Kragen und überprüfte gleichzeitig ein paar mehr auf der Seite.
    Auf der Straße sah ich mich geschwind um und lief dann die anderthalb Blocks zum Malak-Kreisel hoch. Die Kupfergasse ist das, was man eine Anderthalb-Karren-Straße nennt, was bedeutet, daß sie breiter als die meisten ist. Die Gebäude stehen dicht aneinandergedrängt, und die meisten haben nur in den oberen Stockwerken Fenster. Der Malak-Kreisel ist ein Wendepunkt mit einem
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