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Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen

Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen

Titel: Yelena und die verlorenen Seelen - Snyder, M: Yelena und die verlorenen Seelen
Autoren: Maria V. Snyder
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unterrichtet zu werden. Doch es ist nur eine Frage der Zeit. Und schon jetzt …“ Roze deutete auf die Tür. „Schon jetzt will sie fortlaufen, ehe ich mit der ersten Lektion überhaupt begonnen habe.“
    Laut tönten ihre Worte durch das betroffene Schweigen. Roze betrachtete die entsetzten Mienen der Ratsmitglieder, während sie die Falten ihres Gewandes glatt strich. Ihre Abneigung mir gegenüber war wohlbekannt, aber dieses Mal war sie entschieden zu weit gegangen.
    „Roze, das ist sehr …“
    Sie hob die Hand, um Bain an weiteren Belehrungen zu hindern. „Ihr kennt die Geschichte. Ihr seid sehr, sehr oft gewarnt worden, deshalb werde ich kein weiteres Wort darüber verlieren.“ Sie erhob sich von ihrem Platz. Gute fünfzehn Zentimeter größer als ich, schaute sie nun auf mich hinunter. „Dann geh. Nimm Leif mit dir. Betrachte es als deine erste Lektion. Eine Lektion in Nutzlosigkeit. Aber wenn du zurückkommst, gehörst du mir.“
    Roze wandte sich zum Gehen, aber ich bekam ein Ende ihrer Gedanken zu fassen.
    … sollte sie beschäftigen und von mir fernhalten .
    Ehe Roze den Saal verließ, blieb sie noch einmal kurz stehen. Über ihre Schulter warf sie mir einen durchbohrenden Blick zu. Halte dich aus den Angelegenheiten von Sitia heraus. Dann könntest du die einzige Seelenfinderin in der Geschichte sein, die älter wird als fünfundzwanzig .
    Schau lieber noch einmal in deine Geschichtsbücher, Roze, schlug ich ihr vor. Mit dem Ableben eines Seelenfinders ist stets der Tod eines Meister-Magiers verbunden.
    Roze würdigte mich keines Blickes mehr, als sie den Versammlungssaal verließ. Die Sitzung war beendet.
    Ich machte mich auf die Suche nach Leif. Seine Zimmer lagen in der Nähe des Studentenflügels auf der Ostseite des Campus. Er wohnte im Gebäude der Zauberer zusammen mit den anderen, die ihre Ausbildung im Bergfried beendet hatten und nun entweder neue Schüler unterrichteten oder als Gehilfen der Meister-Magier arbeiteten.
    Die übrigen Magier, die ebenfalls ihre Lehre beendet hatten, waren in unterschiedliche Städte geschickt worden, um den Bürgern von Sitia zu dienen. Die Ratsversammlung bemühte sich zum Beispiel darum, in jede Stadt einen Heiler zu schicken. Die Magier mit den seltenen Begabungen jedoch – dazu gehörte etwa die Fähigkeit, alte Sprachen lesen oder verlorene Gegenstände finden zu können – zogen von Ort zu Ort, je nachdem, wo sie gerade gebraucht wurden.
    Zauberer, die über große Kräfte verfügten, unterzogen sich dem Meistertest, ehe sie den Bergfried verließen. In den vergangenen zwanzig Jahren hatte nur Zitora die Prüfung bestanden und die Zahl der Meister-Magier auf vier erhöht. In der gesamten Geschichte Sitias hatte es nie mehr als vier Meister-Magier gleichzeitig gegeben.
    Irys vertrat die Ansicht, dass ein Seelenfinder stark genug sei, um die Meisterprüfung zu bestehen. Ich widersprach ihr. Abgesehen davon, dass es bereits vier Magier gab, die Höchstzahl mithin erreicht war, fehlten mir die grundlegenden magischen Fähigkeiten, um Feuer anzuzünden oder Gegenstände in Bewegung zu versetzen – Talente, über die alle Meister verfügten.
    Außerdem war es schlimm genug, eine Seelenfinderin zu sein. Sich der Prüfung zu unterwerfen und durchzufallen, wäre geradezu unerträglich. Jedenfalls nahm ich das an. Außerdem klangen die Gerüchte, die über die Tests die Runde machten, entsetzlich.
    Noch ehe ich Leifs Tür erreicht hatte, schwang sie auf, und mein Bruder steckte den Kopf heraus. Innerhalb von Sekunden hatte der Regen sein Haar durchnässt. Ich scheuchte ihn zurück, während ich sein Wohnzimmer betrat und schmutzige Pfützen auf seinem sauberen Fußboden hinterließ.
    Seine Wohnung war ordentlich und nur spärlich möbliert. Lediglich einige wenige Gemälde, mit denen er das Zimmer geschmückt hatte, ließen Rückschlüsse auf seine Persönlichkeit zu. An den Wänden hingen die detailgetreue Wiedergabe einer seltenen Ylang-Ylang-Blume, die im Dschungel von Illiais heimisch war, das Gemälde einer Würgefeige, die sich um einen absterbenden Mahagonibaum wand, sowie das Bild eines Baumleoparden, der auf einem Ast kauerte.
    Missbilligend musterte Leif meine schmutzige Kleidung. Seine jadefarbenen Augen waren der einzige Hinweis darauf, dass wir Geschwister waren. Sein kräftiger Körper und seine eckige Kinnpartie waren das komplette Gegenteil zu meinem ovalen Gesicht und zierlichen Körperbau.
    „Du bringst bestimmt keine guten
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