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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln
Autoren: Alex Haley
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Kindes war, Kairaba Kunta Kinte, der aus Mauretanien nach Gambia gekommen war, wo er die Bewohner von Juffure vor einer Hungersnot bewahrte, Großmutter Yaisa heiratete und bis zu seinem Tode dem Dorf in Ehren als heiliger Mann diente.
    Der arafang sagte nacheinander alle Namen der mauretanischen Vorfahren auf, von denen der alte Kairaba Kinte oft und oft erzählt hatte. Diese Namen, viele Namen und bedeutende Namen, reichten weiter als zweihundert Regen zurück. Danach schlug der jaliba auf seine tan-tang , und alle Anwesenden drückten Bewunderung und Hochachtung für eine so glänzende Ahnenreihe aus.
    Omoro nahm dann in der Nacht, allein mit seinem Sohn unter Mond und Sternen, die letzte Handlung des Namensgebungsrituals vor: Am Rande des Dorfes stehend, den Knaben im starken Arm haltend, hob er das Kind mit dem Gesicht dem Himmel entgegen und sagte leise: »Fend kiling dorong leh warrata ka iteh tee.« (Siehe – einzig dieser ist größer als du selber.)

Kapitel 2
    Es war Pflanzzeit, die ersten Regen standen bald zu erwarten. Die Männer von Juffure hatten auf ihren Feldern trockenes Unkraut aufgehäuft, das sie nun verbrannten; der leichte Wind würde die Asche ausbreiten und damit den Boden düngen. Die Frauen setzten bereits die grünen Schößlinge in den schlammigen Reisfeldern.
    Bintas Stück Reisland war, während sie sich von der Niederkunft erholte, von Großmutter Yaisa bearbeitet worden, jetzt aber konnte Binta wieder arbeiten. Mit den Frauen des Dorfes, darunter auch andere, die ihre Kleinkinder bei sich hatten – etwa Bintas Freundin Jankay Touray –, ging sie ans Ufer des bolong , eines der vielen Wasserläufe, die dem Gambia-Fluß zustrebten, den sie Kamby Bolongo nannten. Auf dem Kopf trug sie ihr Bündel, auf dem Rücken in einer Baumwollschlaufe den kleinen Kunta. Fünf oder sechs Frauen bestiegen am Ufer je ein Kanu und fingen mit kräftigen Schlägen an zu paddeln. Wenn Binta sich vorneigte, um ihr Paddel einzutauchen, spürte sie am Rücken den Druck des weichen kleinen Kinderkörpers.
    Die Luft war schwer vom starken, moschusartigen Duft der Mangroven und dem Wohlgeruch, den Pflanzen und Bäume ausströmten, die beide Ufer des bolong dicht säumten. Von den vorübergleitenden Kanus aufgeschreckt, erwachten ganze Pavianfamilien aus dem Schlaf, hüpften aufgeregt bellend umher und schüttelten Palmwedel. Wilde Schweine rannten grunzend und schnaufend in ihre Verstecke zwischen Gräsern und Büschen. Tausende von Pelikanen, Kranichen, Silberreihern, Störchen, Möwen, Löffelreihern und Meerschwalben unterbrachen entlang den sumpfigen Ufern ihre Nahrungssuche und beobachteten unruhig die Boote. Von den kleineren Vögeln flogen viele auf – Ringeltauben, Scherenschnäbel, Rallen, Schlangenhalsvögel, Eisvögel – und zogen kreischend ihre Kreise, bis die Eindringlinge verschwunden waren.
    Ganze Geschwader von Ellritzen sprangen vor den Kanus aus dem Wasser, vollführten einen silbrigen Tanz und fielen platschend zurück. Auf der Jagd nach den Ellritzen sprangen größere Fische gelegentlich blindlings in die Kanus, wo sie von den Frauen mit dem Paddel erschlagen und als schmackhafte Abendmahlzeit auf die Seite gelegt wurden. An diesem Morgen allerdings blieben die Ellritzen ungestört.
    Die Frauen gelangten nun aus dem gewundenen bolong in einen breiteren Wasserlauf, und bei ihrem Anblick erhoben sich mit mächtigem Flügelschlagen viele Tausende Seevögel in allen Farben des Regenbogens vom Wasser und füllten den Himmel. Das verdunkelte, aufgestörte Wasser war von zurückgelassenen Federn wie gefleckt.
    Auf dem Weg zu den sumpfigen faros , wo die Frauen von Juffure seit Generationen Reis anbauten, gerieten die Kanus in dichte Mückenschwärme, und erst danach legte eines nach dem anderen an den schmalen, aus dicht geflochtenen Gräsern gefertigten Stegen an, die nicht nur Zugang zu den Reisfeldern gewährten, sondern zugleich auch deren Grenzen bezeichneten; die smaragdgrünen Reisschößlinge schauten bereits handbreit aus dem Wasser.
    Die Größe der zu bearbeitenden Reisfelder wurde jedes Jahr neu von den Dorfältesten bestimmt und richtete sich nach der Anzahl der zu ernährenden Familienmitglieder, deshalb war Bintas Stück recht klein. Binta kletterte behutsam mit der noch ungewohnten Last des Kindes aus dem Kanu auf den Steg und blieb gleich freudig überrascht stehen, denn sie sah einen winzigen Pfahlbau, eine mit Bambus gedeckte Hütte, die Omoro, während Binta in den Wochen
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