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Wurzeln

Wurzeln

Titel: Wurzeln
Autoren: Alex Haley
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das rhythmische bomp-a-bompa-bomp , das die Stößel der Frauen in den Mörsern machten, in denen überall das traditionelle Frühmahl hergestellt wurde, Maisgrütze in irdenen Töpfen über dem zwischen drei Steinen brennenden Feuer.
    Über den runden Lehmhütten kräuselte lieblicher, aromatischer Rauch empor. Kajali Demba, der alimamo des Dorfes, rief mit näselnder Stimme die Männer zum ersten der fünf Gebete des Tages, die seit Menschengedenken an Allah gerichtet wurden. Die Gläubigen erhoben sich von ihrem mit gegerbten Fellen bespannten Lager aus Bambusstäben, schlüpften in die groben Baumwollkittel und begaben sich hastig zum Andachtsort, wo der alimamo ihnen vorbetete: »Allah Akbar! Ashadu an lailahailala!« (Allah ist groß! Außer ihm gibt es keinen Gott!) Erst danach, als die Männer zurückgingen zu ihren Behausungen, um ihr Frühmahl einzunehmen, teilte Omoro ihnen strahlend mit, daß er einen Sohn bekommen habe. Man wünschte ihm Glück und erwähnte alle möglichen guten Vorzeichen.
    In den Hütten reichten die Frauen ihren Männern die Kalabasse voll Grütze. Danach fütterten sie im hinteren Teil der Hütte ihre Kinder und aßen selber. Nach der Mahlzeit griffen die Männer zu den kurzen, krummen Hacken, deren Blatt vom Schmied mit Metall eingefaßt worden war, und gingen zur Tagesarbeit aufs Feld, das sie für die Aussaat von Erdnüssen, Mais und Baumwolle vorbereiteten. Das waren die Produkte der Männer, während den Frauen in diesem heißen feuchten Land der Reisanbau vorbehalten war.
    Der Brauch wollte, daß Omoro sich in den folgenden sieben Tagen mit nichts anderem ernstlich beschäftigte als damit, einen Namen für seinen Sohn zu suchen. Dieser Name sollte vielversprechend sein, sowohl in seinem stammesgeschichtlichen Bezug als auch in dem, was er dem Träger verhieß, denn die Angehörigen des Stammes der Mandinka glaubten, das Kind werde sieben Eigenschaften dessen entwickeln, nach dem es genannt wurde.
    In dieser Woche des Nachdenkens lud Omoro in seinem und Bintas Namen die Bewohner aller Hütten zur Namensgebung ein, die, wie die Tradition verlangte, am achten Lebenstag vorgenommen werden sollte. An diesem Tag würde der Neugeborene Mitglied des Stammes werden wie schon sein Vater und sein Vatersvater vor ihm.
    Am achten Tage also versammelten die Dorfbewohner sich am frühen Morgen vor der Hütte Omoros und Bintas. Die Frauen aus der Verwandtschaft trugen auf dem Kopf Schüsseln mit den traditionellen Speisen, saure Milch, süße Munkokuchen aus gestoßenem Reis und Honig. Karamo Silla, der jaliba des Dorfes, kam mit seinen tan-tang -Trommeln; es kamen der alimamo und der arafang Brima Gesay, der später der Lehrer des Kindes sein würde, und es kamen Omoros zwei Brüder Janneh und Saloum aus großer Entfernung, weil sie durch die Trommeln von der Geburt des Neffen erfahren hatten.
    Binta hielt den Säugling stolz im Arm, und wie an diesem Tage üblich, wurde ihm ein kleines Büschel Haar abgeschnitten. Alle Frauen äußerten sich lobend über die körperliche Beschaffenheit des Kindes. Als der jaliba anfing, seine Trommeln zu bearbeiten, verstummte das Geschwätz. Der alimamo sprach über den Gefäßen mit saurer Milch und Munkokuchen ein Gebet, und währenddessen berührten alle Anwesenden die Ränder der Gefäße mit ihrer rechten Hand, wodurch sie der Nahrung Respekt bezeugten. Der alimamo betete sodann über dem Baby, er flehte Allah an, ihm ein langes Leben zu vergönnen, ihn instand zu setzen, seinen Angehörigen, dem Dorf und dem ganzen Stamm Ehre zu machen und viele Kinder zu zeugen. Schließlich bat er Allah, das Kind möge dem Namen Ehre machen, der ihm gegeben werden sollte.
    Nun stellte sich Omoro vor den Versammelten auf, nahm seiner Frau das Kind aus dem Arm und flüsterte diesem dreimal den Namen ins Ohr, den er ihm ausgesucht hatte. Alle sahen ihm dabei zu. Es war das erste Mal, daß dieser Name als der Name des Kindes ausgesprochen wurde, denn Omoros Stamm war der Meinung, derjenige, dem der Name gegeben wird, müsse dies als erster erfahren.
    Nun ertönte wieder die tan-tang- Trommel, und Omoro flüsterte den Namen des Kindes seiner Frau Binta ins Ohr, die daraufhin glücklich und stolz lächelte. Danach flüsterte Omoro dem arafang den Namen zu, der ebenfalls vor den Dorfbewohnern stand.
    Brima Gesay verkündete nun laut: »Der Erstgeborene von Omoro und Binta Kinte heißt Kunta!«
    Alle wußten, daß Kunta der mittlere Name des verstorbenen Großvaters des
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