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Wortstoffhof

Wortstoffhof

Titel: Wortstoffhof
Autoren: Axel Hacke
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Wortes – mit Anlauf (nie vorher wurde so etwas versucht!): »… jetzt schreiben die großen Firmen, ob das British Telecom, ob das VIAG, ob das Telek-, äh, die, die,die, die, äh, äh, äh, die große deutsche Gesellschaft ist, Herr Sommer, der schreibt jetzt ab…«
    Ganz groß. Ein Rhythmiker. Ein Sprachmusiker. Ein Virtuose des Äh.
ALPENHAUPTKAMM
    Gott, wie ich dieses Wort mag! Alpenhauptkamm. Manchmal bilde ich mir ein, ich wohne nur deswegen in München, weil ich in Norddeutschland dieses Wort viel zu selten hören würde. Denn für die Menschen in den Tiefebenen sind ja die Haupt- und Nebenkämme der Alpen weitgehend bedeutungslos. Ob es auch einen Pyrenäenhauptkamm oder einen Karpatenhauptkamm gibt? Egal, es wäre bedeutungslos. Rein klanglich nicht zu vergleichen. Nur der Alpenhauptkamm hat dieses über die Vokale A, e, au und die Konsonanten l, p, n und h sich langsam Erhebende, dann plötzlich steil zum schmalen, scharfen Grat des -ptk-Emporschnellende, schließlich weich ins Bett des -amm Hinunterfallende.
    Alpenhauptkamm. Man hört das oft im Wetterbericht.
    Da fällt mir der Brief von Herrn E. aus Göppingen ein. E. verfolgte Anfang März 2006 den Wetterbericht im Bayerischen Fernsehen und hörte dort, dass »die Niederschläge zunehmend weniger« würden, eine Wortwahl, die mich an einen pubertierenden Neffen erinnert, mit dem zusammen ich einmal ein Lokal betrat, in dem sich fast keine Gäste befanden, was meinen Neffen zu der Bemerkung veranlasste: »Ist ja voll leer hier!«
    E. indessen dachte nach diesem Wetterbericht über einen Kurzurlaub in Südtirol nach, bis, so schreibt er, das Fernsehen einige Tage später berichtete, dass es »die Sonne südlich des Alpenhauptkamms immer öfter schaffen würde, sich vor die Wolken zu schieben«. E. war alarmiert: die Sonnevor den Wolken! Südlich des Alpenhauptkamms! In Südtirol! Er verzichtete auf seinen Urlaub, »dieser brandgefährlichen Lage wollte ich mich dann doch nicht aussetzen«. Fast wundert es einen, dass es heute südlich des Alpenhauptkammes überhaupt noch Leben gibt, ja, dass – im Gegenteil – gerade in der Nähe des Alpenhauptkammes das Leben sich in einer Weise intensiviert, nein: extensiviert zu haben scheint, sodass es zum Beispiel in Arosa der Firma B.Hilty, Heizung, Sanitär, Lüftung, Haustechnik möglich ist, einen »25h Service« anzubieten, wie mir Leserin P. mitteilte und durch Foto des Firmenwerbeschildes auch belegen konnte.
ALTGERT
    Von Herrn H. aus München bekam ich ein Foto geschickt: Man sieht darauf einen großen gelben Müllcontainer mit der Aufschrift »Männer«, wie er sich laut Auskunft von H. in der Gemeinde Zell unter Aichelberg befindet. Und man staunt: dass hier am Fuße der Schwäbischen Alb offensichtlich Männer problemlos entsorgt werden können beziehungsweise vielleicht sogar einem Recycling zugänglich zu machen sind, auf einer Art Männer-Wertstoffhof. Ich erinnerte mich angesichts dessen an den Kollegen M., der vor vielen Jahren nach seiner Scheidung einen Verein für Gebrauchtmänner ins Leben rief. Keine Ahnung, was aus dem geworden ist, dem Verein, meine ich. Der Kollege ist natürlich längst wieder verheiratet.
    Kaum hatte ich H. s Brief gelesen und beantwortet, schrieb mir Herr K. aus München. Er hatte von der Karstadt-Filiale in Augsburg eine »Wertmarke fr den Transport von 1 Altgert« zugeschickt bekommen, versehen mit der Anmerkung: »Kleben Sie diese Wertmarke auf das zu entsorgende Gert«.
    Man ahnt ja nun, wo Altgert landen wird, nicht wahr? Aber ist es nicht schnöde, den Gert, kaum dass er verbraucht ist, nur noch »das Gert« zu nennen?
    Dies wenige kann man doch auch für den ältesten Gert der Welt noch tun, nämlich dass man ihn in einen anständigen Container für alte Männer wirft, wobei ich spätestens hier jetzt leider erwähnen muss: Das Geheimnis des Containers in Zell unter Aichelberg liegt im Kleingeschriebenen unterdem Wort »Männer«. Er gehört der Entsorgungsfirma von Herrn Willi Männer in Bissingen.
ANDEREMÄNNER
    Jetzt mal zu einem Wort, das mir lange Zeit sehr auf die Nerven ging: Anderemänner.
    Anderemänner, es reichte mir ganz schön mit Anderemänner. Wenn ich es nur hörte, Anderemänner, ich hätte in die nächste Wirtschaft rennen und mich volllaufen lassen können wie ein Fass, so zuwider war es mir. Anderemänner. Anderemänner sind die, die es anders machen als ich. Besser in jedem Fall. Anderemänner lassen ihrer Frau ein duftendes Bad ein, wenn
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