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Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Wolfsliebe - Tochter der Wildnis

Titel: Wolfsliebe - Tochter der Wildnis
Autoren: Jasmine Braun
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sie den Kopf in ihren Händen und gab sich ihren Tränen hin.
    Der junge Wolf fing leise an zu wimmern, kuschelte sich näher an Tikia und stupste sie mit seiner feuchten Schnauze an. Tikia lugte vorsichtig hinter ihren Händen hervor, doch kaum hatte der Wolf ihr Gesicht entdeckt, schleckte er es schon mit seiner langen, klebrigen Zunge ab.
    »Willst du mich trösten, kleiner Wolf?«, lächelte Tikia traurig und versuchte den Wolf abzuwehren, der jedoch schleckte sie munter weiter ab.
    »Hey! Das kitzelt … Hör auf!«, lachte Tikia.
    Heftig zog sie den Wolf zu sich und schloss ihn in ihre Arme. In seiner Gegenwart fühlte sie sich wohl, ihr war, als würden all ihre schlimmen Erinnerungen und ihr ganzer Schmerz von der wohligen Wärme des Tieres aufgesogen. Getröstet lächelte sie ihren neuen Freund an.
    »Weißt du was? Abgesehen von der Tatsche, dass du ein Wolf bist, könnte man fast meinen, dass mein Großvater dich geschickt hat, damit ich nicht mehr so einsam bin.«
    Der junge Wolf beobachtete sie beim Sprechen aufmerksam, und Tikia wurde das Gefühl nicht los, dass er jedes einzelne Wort verstand. Nachdenklich sah sie ihn an.
    »Ich werde dich Koon nennen. So wurde mein Großvater immer genannt: Großvater Koon. Dann gehörst du von nun an zu meiner Familie«, teilte sie ihm mit. »Na, gefällt dir dieser Name?«
    Der junge Wolf legte den Kopf schief zur Seite. Tikia musste lachen, denn es sah ganz so aus, als würde er ernsthaft über diesen Namen nachdenken. Plötzlich sprang er auf, jaulte und leckte Tikia dann wie zum Einverständnis übers Gesicht.
    »Gut!«, lachte Tikia und versuchte der herzhaften Danksagung des Wolfes zu entkommen. »Von nun an heißt du Koon!«
    Ein fröhliches Jaulen antwortete ihr.
    »Ich glaube, ich weiß, warum du so gutmütig bist, Koon!«, sagte sie schmunzelnd. Fragend lugte Koon zu Tikia. »Damals, als ich noch sehr jung war, fragte ich meinen Großvater oft, warum Wölfe so schreckliche Dinge tun, wie Menschen reißen, und dies aus purer Mordlust und nicht nur um ihren Hunger zu stillen.«
    Winselnd schlich Koon zu Tikia und schmiegte sich an sie.
    »Ich weiß, dass du nicht an den Taten deiner Artgenossen schuld bist«, beruhigte sie ihn. »Weißt du, was mein Großvater immer zu mir sagte? ›Das Blut dieser Wölfe ist daran schuld!‹, sagte er. ›Vor langer Zeit gab es zwei große Wölfe, die den Göttern dabei helfen sollten, die Menschen vor Unheil zu bewahren. Doch Tisaak, den älteren Wolf, langweilte diese Aufgabe recht bald, und er schickte, gegen Gottes Willen, ihm ebenbürtige Geschöpfe zur Erde, die ein wenig für Unruhe sorgen sollten, um so etwas Abwechslung in das fade Menschenleben zu bringen.‹«
    Lächelnd schaute Tikia zu Koon. »Willst du wissen, wie die Geschichte weitergeht?«
    Auffordernd stupste Koon sie an.
    »Ist ja gut! Ich erzähl ja schon weiter!«, lachte Tikia und wiederholte Wort für Wort die Geschichte, die ihr Großvater ihr damals erzählt hatte. ›Als Gott jedoch von Tisaaks Tat erfuhr, wurde er so zornig, dass er Tisaak verbannte und zur Strafe zur Erde schickte, sodass er dasselbe Leben führen musste wie die Geschöpfe, die er geschaffen hatte. Tisaak fühlte sich von Gott verraten, und sein Herz füllte sich mit Hass und Boshaftigkeit.
    S chon bald hatte er diesen Hass auch in die Herzen seiner Geschöpfe gesät und befahl ihnen, die Menschen anzugreifen und zu töten. Darauf verstarb Tisaak, der einem Leben unter den härtesten Umständen nicht gewachsen war, doch der Hass, den Tisaak in die Herzen seiner Geschöpfe gesät hatte, lebte weiter und wurde von Generation zu Generation weitergegeben.
    Karou, Tisaaks Bruder, entsandte aus diesem Grund, allerdings mit Gottes Einverständnis, ebenfalls ihm ebenbürtige Geschöpfe aus, die das Böse aus den Herzen von Tisaaks Geschöpfen verbannen sollten‹«, endete Tikia lächelnd.
    »Ich glaube, du bist eins von Karous Geschöpfen, ich bin sicher, in deinen Venen fließt das reine Blut des allmächtigen Karou.« Lächelnd strich Tikia Koon über das Fell. »Ich bin mir ganz sicher …«, flüsterte sie zärtlich.
    Müde ließ Koon sich wieder neben Tikia fallen und gähnte noch einmal herzhaft, bevor er seinen Kopf zwischen die Pfoten legte.
    »Du hast recht, Koon, es ist schon sehr spät, wir sollten schlafen und uns ausruhen. Morgen wartet noch ein langer Fußmarsch auf uns!«
    Zufrieden betrachtete Tikia ihren neuen Freund und war sich nun absolut sicher, dass er sie genau
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