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Wolf

Titel: Wolf
Autoren: Jeany Lena
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Nein, keine gute Idee.
    Er machte sich hier gleich in die Hose! Aber es blieb dabei, dass er das wissen wollte. Oder war er lebensmüde?
    Oder wollte er endgültig testen, ob sein Wolf ihm was tun würde? Auf jeden Fall hatte er eindeutig den Verstand verloren. Ruckartig streckte er die Hand aus, berührte den Stoff.
    Der Wolf knurrte, eindeutig warnend, doch Julian ließ sich nicht beirren, weil er nicht näher kam. Er setzte an, den Stoff aus seinem Versteck zu ziehen, da war der Wolf heran. Julian schrie auf, da hatte er ihn schon gepackt.
    Es dauerte zwei Sekunden, bis Julian registrierte, dass er nicht wirklich zugebissen hatte. Zwei weitere, dass er praktisch Aug in Aug mit dem Wolf da hockte und noch zwei, dass der ihm tatsächlich in die Augen sah.
    Julian wagte nicht, sich zu regen, keinen Muskel zu bewegen. Was hatte er sich nur dabei gedacht? War er vollkommen irre? War er lebensmüde?
    Der Wolf zog an seinem Arm, wogegen er sich natürlich nicht wehrte. Als er einigen Abstand zu dem Stoff gebracht hatte, ließ der Wolf ihn los. War er behutsam? Ja, eindeutig, löste er seine Zähne langsam von seinem Arm.
    Julian schluckte wieder schwer, wagte nicht sich noch einmal zu rühren. Doch der Wolf bedrohte ihn nicht weiter, stand nur da und beobachtete ihn lauernd.
    Wie viel Zeit wirklich verging, wusste Julian nicht. Endlos wie ihm schien. Aber sein Herz beruhigte sich, seine Gedanken auch. Neugier kam wieder in ihm hoch. Julian bewegte seine Hand ein Stück Richtung Versteck - der Wolf knurrte drohend.
    Julian zog die Hand zurück, bewegte sie in die andere Richtung. Keine Reaktion seitens des Wolfes.
    „Du bist echt nicht normal“, murmelte Julian. Der Wolf knurrte, aber nur leise, kaum hörbar.
    „Nein, für einen Wolf verhältst du dich eigenartig“, meinte Julian, der das Knurren als Protest aufgefasst hatte. Meine Güte! War er jetzt total übergeschnappt? Er redete mit einem Wolf!
    Er schüttelte über sich den Kopf und stand langsam auf. So wie es aussah, würde er an den Stoff nicht rankommen. Den Blick keine Sekunde von seinem Wolf nehmend, wich er bis zum Zaun zurück. Der Wolf beobachtete ihn zwar seinerseits, regte sich aber nicht. Julian zögerte noch einmal am Zaun, denn um den zu überwinden, musste er dem Wolf den Rücken zukehren. Und das erschien ihm schlichtweg lebensmüde.
    Andererseits auch nicht mehr, als die ganze Aktion überhaupt. Also schluckte er seine Angst hinunter und wandte sich um. Er beeilte sich dennoch auf die andere Seite zu kommen. Als er sich dann umwandte, hatte sein Wolf sich keinen Millimeter bewegt. Nach wie vor starrte er ihn an.
    „Das ist unheimlich, wenn du das machst“, murmelte Julian. Der Wolf drehte den Kopf weg, stand auf und trottete davon. Julian sagte sich selbst nachdrücklich, dass es nichts mit seinen Worten zu tun gehabt hatte. Das war schließlich schlichtweg lächerlich!
     

Kapitel 4
    In der Nacht hatte Julian sich das Ganze dann zu Hause noch einmal gründlich durch den Kopf gehen lassen. Doch wie er es drehte und wendete, es war und blieb mysteriös.
    Aber er würde es akzeptieren, da er keine andere Lösung sah. Er würde sich schlichtweg damit abfinden, dass da nun mal ein Wolf des nachts ins Gehege kam - wie auch immer.
    Mit diesem Entschluss hatten sich endlich seine Nerven wieder beruhigt. Die nächsten Tage genoss er einfach. Schon überhaupt, weil das Wetter ziemlich mies war und damit kaum Leute in den Tierpark kamen. So hatte er relative Ruhe und konnte sich entspannen.
    War es deswegen, oder weil er die andere Tatsache akzeptiert hatte, dass ihm der Kerl noch mehr auffiel, als normalerweise? Seine Blicke hatte er sich auf jeden Fall offenbar nur eingebildet. Auch war er nicht mehr jeden Tag hier, zumindest fiel er Julian nicht jeden Tag auf. Und er saß auch nicht mehr nur bei den Wölfen, sondern strich wieder durch den Park. Schon bald wurde Julian klar, warum er ihn immer wieder ins Auge fasste. Er hatte sich an seinen Anblick gewöhnt, an sein ungewöhnliches Aussehen. Denn obwohl seine Klamotten jetzt mehr oder weniger immer sauber waren, verliehen ihm seine Augen und seine Frisur, etwas Ungewöhnliches. Dafür nahm er ihn jetzt anders wahr. Es war nicht mehr sein Aussehen, sondern seine Bewegungen. Angespannt, schien er immer zu sein, bereit zur Flucht. Und dennoch, oder eben deswegen, waren sie seltsam geschmeidig. Fließend, als hätte er seinen Körper immer und jederzeit unter Kontrolle. Als wäre er sich jedes Muskels
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