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Wolf

Titel: Wolf
Autoren: Jeany Lena
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gewesen war!
    Abgesehen davon, war Valerion nun mal nicht jeden Tag hier gewesen.
     
    Die letzte Fütterung für heute, dachte Julian erleichtert, als er mit dem Fleisch zu den Wölfen unterwegs war. Er hatte beschlossen, das Medikament erst später zu geben, wenn keine Besucher mehr hier waren. Wenn Ruhe eingekehrt war, standen die Chancen - so hoffte er - besser, dass der Graue das präparierte Fleisch annahm.
    Julian erstarrte, als er an seinem üblichen Platz angekommen war, um das Fleisch zu werfen. Dort oben, abseits der anderen, die schon durchs Gehege strichen, saß sein Wolf. Still und ruhig saß er da, ließ den Blick über die Zuschauer schweifen, dann fixierte er Julian. Noch niemals hatte er ihn bei Tageslicht gesehen und er konnte nicht umhin, ihn zu bewundern. Das dunkle Fell, machte ihn schon außergewöhnlich, doch jetzt wo er ihn im Sonnenlicht sah, das immer wieder durch die Äste brach und auf sein Fell traf, schimmerte es förmlich. Julian hätte nicht sagen können, ob er jetzt schwarz, dunkelbraun oder leicht rötlich war. Es schien auf den Lichteinfall anzukommen.
    Das Knurren der anderen Wölfe, die sich zankten, ungeduldig waren, riss ihn von dem Anblick los. Schnell warf Julian das erste Stück über den Zaun. Sofort stürzten sich die Wölfe darauf. Bis auf zwei. Der Graue schlich herum, als wäre er nicht sicher, ob er überhaupt etwas abhaben wollte. Und sein Wolf, der sich bedächtig erhob und langsam herunter trottete. Jedoch blieb er noch immer in einiger Entfernung stehen.
    Julian warf erstmal dem Grauen etwas vor die Nase, so gut er konnte. Der schnappte es und begann zu fressen. Nicht sehr begeistert, aber immerhin fraß er. Sein Wolf kam näher, als Julian den nächsten Brocken zu der Meute warf. Er befürchtete schon fast, dass er dem Grauen sein Futter klauen wollte, der ihn auch gleich anknurrte, doch sein Wolf sah ihn nicht einmal an, hielt den Blick auf die Meute gerichtet. Julian warf ihm ein Stück zu, das der allerdings vollkommen ignorierte. Stirnrunzelnd musterte Julian ihn. War er auch krank, wenn er nicht fraß? Nein, er schien vollkommen gesund zu sein. Richtig kraftstrotzend, wenn er ehrlich sein sollte.
    Da schlich sich einer aus der Meute an, schnappte sich das Fleisch, das für seinen bestimmt gewesen war. Der ließ es ungerührt geschehen. Dafür verblüffte es Julian umso mehr, als er den nächsten anknurrte, der auf ihn - oder eigentlich den Grauen - zukam.
    Julian riss ungläubig die Augen auf, doch es blieb dabei, egal wie lange er beobachtete. Während der Graue in Ruhe fraß - langsam wegen seines geschundenen Zahnfleischs, bewachte der Schwarze ihn. Er ließ keinen anderen ran, verteidigte ihn förmlich. Das war sehr, sehr ungewöhnlich. Bei Wölfen galt, wer zu schwach war, musste dran glauben. Da wurde keine Rücksicht genommen. Doch sein Wolf schien sich aus dieser Regel nichts zu machen.
    Kopfschüttelnd wandte Julian sich ab, als der Graue sich erhob und davon trottete. Er hatte das ganze Stück verputzt. Seit langem das erste Mal, dass er so viel gefressen hatte. Das erleichterte Julian ziemlich, lenkte seine Gedanken von dem eigenartigen Verhalten seines Wolfes ab.
    Als dann die Besucher weg waren, ging er noch einmal zum Gehege. Er warf einige Stück Fleisch der Meute vor, dann das präparierte Richtung Grauen, doch der reagierte gar nicht, rührte sich nicht. Träge schien er zu sein, rundum zufrieden.
    „Verdammt“, fluchte Julian halblaut. Hatte er von zuvor noch genug? Vermutlich. Immerhin war es für ihn viel gewesen, was er gefressen hatte. Julian wurde abgelenkt, als sein Wolf auftauchte. Dann erstarrte er erschrocken, als der sich dem präparierten Stück näherte.
    „Nein!“, fluchte Julian wieder, was seinen Wolf natürlich in keinster Weise aufhielt. Er nahm das Fleisch - und legte es direkt vor den Grauen. Julian riss die Augen auf. Das war - unlogisch. Untypisch. Un- alles.
    Noch untypischer war, dass sein Wolf den Grauen anstieß, als wollte er ihn überreden, zu fressen. Als der Graue knurrte, schob sein Wolf das Fleisch noch näher, stupste ihn wieder an. Und dann schnappte der Graue danach, schlang es hinunter.
    Sein Wolf trollte sich wieder, lief zu der Meute und erkämpfte sich ein Stück Fleisch. Julian starrte ihm die ganze Zeit fassungslos nach. Das war … er fand nicht einmal in Gedanken Worte, wie er das eigenartige Verhalten seines Wolfes beschreiben sollte. Der fraß jetzt in aller Selenruhe weitab von den anderen.
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