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Wofuer wir kaempfen

Wofuer wir kaempfen

Titel: Wofuer wir kaempfen
Autoren: Tino Kaeßner , Antje Kaeßner
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USA, Kanada und Großbritannien standen die deutschen Soldaten nicht im direkten Kampfeinsatz der Operation »Enduring Freedom«. Sie genossen hohes Ansehen in der afghanischen Bevölkerung. Mehr als zu Hause in Deutschland, so schien uns manchmal.
    Die deutschen Soldaten kamen nicht nach Afghanistan, um die Taliban zu bekämpfen, sondern ausschließlich, um der Bevölkerung zu helfen. Sie sicherten den Bau von Schulen, Straßen und Brücken, bohrten Brunnen und bildeten die afghanische Polizei und das afghanische Militär aus, damit endlich wieder Frieden und Sicherheit einkehren sollte. So lautete der Auftrag, als der Deutsche Bundestag am 22. Dezember 2001 das Mandat für die deutsche Beteiligung der Bundeswehr am ISAF-Einsatz erteilte. Basis für die Entscheidung des Parlaments war eine Resolution des UN-Sicherheitsrats, in der »die Einrichtung einer internationalen Sicherheitsunterstützungstruppe für den Zeitraum von sechs Monaten« beschlossen wurde. Dieser Einsatz im Rahmen der ISAF (International Security Assistance Force, deutsch: Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe) war hinsichtlich Auftrag und militärischer Struktur vollständig von der amerikanisch-britischen Operation »Enduring Freedom« getrennt, die der Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der Taliban in Afghanistan dienen sollte. Nur deshalb hatte es auch eine so breite Zustimmung im Bundestag gegeben. Nach dem Zusammenbruch des Talibanregimes träumten die Politiker von baldigen freien, demokratischen Wahlen und einer handlungsfähigen Regierung, die einen raschen Abzug der Truppen ermöglichen würde. Ausländische Einsatzkräfte wurden ins Land gerufen, um Aufbauhilfe zu leisten und die afghanische Regierung bei der Einhaltung der Menschenrechte, der Wiederherstellung und Wahrung der inneren Sicherheit und der Ausbildung der Sicherheitskräfte bei Armee und Polizei zu unterstützen.

    Sechs Monate. Die damals nur für ein halbes Jahr aufgestellte Internationale Sicherheitsunterstützungstruppe steht 2011 bereits im zehnten Einsatzjahr – und sicher werden es noch mehr werden, trotz aller Abzugsankündigungen. Denn der Frieden, den dieses Land so dringend brauchte, ist immer noch in weiter Ferne.
    Die Amani-Oberrealschule
    Ab Anfang Oktober 2005 ist Tino in Kabul. Seit Juni hat es keine weiteren Anschläge auf deutsche Soldaten oder deutsche Einrichtungen gegeben. Das Team von Stefan Deuschl ist am Morgen des 14. November 2005 schon bei Sonnenaufgang auf den Beinen. Um 7 Uhr fahren sie eine deutsche Delegation und den zweiten Kommandeur des Stabs zur Amani-Oberrealschule in Kabul. Eigentlich sind die Feldjäger nur für VIP-Besucher zuständig, doch an diesem Tag liegt nichts an, und so sichern sie den Chef des Stabes. Das Schulgebäude befindet sich in unmittelbarer Nähe der deutschen Botschaft. Ein Freundschaftsspiel zwischen deutschen Soldaten und der Fußballmannschaft der Schule steht auf dem Programm.
    Dass hier wieder Fußball gespielt werden darf, ist keineswegs selbstverständlich. Unter den radikal-islamischen Taliban war Fußball von 1996 bis 2001 verboten, bei Verstößen drohte sogar die Todesstrafe. Heute ist Fußball fester Bestandteil des Schulsports. Das Fußballturnier ist ein Symbol mit hoher Signalwirkung. Die Afghanen sind begeisterte Fußballspieler. Vor allem die Jugendlichen. Die Amani-Oberrealschule hat einen enormen Stellenwert in Afghanistan und ist ein Symbol für den Wiederaufbau des Landes. Sie gehört dort zu den führenden Schulen. Zahlreiche afghanische Führungskräfte, die heute wichtige Positionen in der Gesellschaft innehaben, sind in der Amani-Schule ausgebildet worden und haben später sogar in
Deutschland studiert. Deutsch ist Unterrichtssprache und Prüfungsfach auf der Eliteschule. Ein Grund, warum auch heute noch erstaunlich viele ältere Afghanen gut Deutsch sprechen. Im Mai 2002 stand hier Franz Beckenbauer vor den Fußballern der Amani-Schule. Vor der Endrunde der Fußballweltmeisterschaft in Japan und Südkorea war der »Kaiser« Franz zusammen mit dem damaligen Bundeskanzler Gerhard Schröder nach Kabul zum Truppenbesuch gereist. Kanzler und Kaiser kicken mit den begeisterten Schülern – die Schüler in ihren gelben Trikots, Kaiser Franz und Kanzler Schröder mit einer schusssicheren Weste unter ihren teuren Anzügen. Sie kommen schnell ins Schwitzen. Der Kaiser fragt mit Blick auf den Kanzler lachend, ob es denn Amani- oder Armani-Schule heiße, nach dem italienischen
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