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Woche voller Samstage

Woche voller Samstage

Titel: Woche voller Samstage
Autoren: P Maar
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bringen? Im Papierkorb? Das würde ihr auffallen. In einem großen Karton? Was sollte er ihr sagen, wenn sie ihn nach seinem Inhalt fragte? Er wühlte in seinem Schrank und fand endlich, was er brauchte: einen großen Rucksack.
    Als kurz darauf Herr Taschenbier aus seinem Zimmer kam, traute Frau Rotkohl ihren Augen nicht: Er trug eine grüne Jacke mit Hornknöpfen, Kniestrümpfe, Kniebundhosen und schwere Wanderstiefel. In der Hand hatte er einen Spazierstock und auf dem Rücken einen Rucksack.
    »Was ... was ... was haben Sie denn vor?«, stotterte sie entgeistert.
    »Eine kleine Wanderung stärkt die Lungen und rötet die Wangen«, erklärte ihr Herr Taschenbier, und schon war er aus dem Haus.
    Noch mehr staunte aber Frau Rotkohl, als keine fünf Minuten später die Haustür schon wieder aufgeschlossen wurde, Herr Taschenbier an ihr vorbeirannte und – ehe sie etwas sagen konnte – in seinem Zimmer verschwand. Dabei glaubte sie ganz deutlich gehört zu haben, wie er mit durchdringender, hoher Stimme »Frau Rosenkohl, Frau Rosenkohl« sang.
    Drinnen im Zimmer öffnete gleich darauf Herr Taschenbier den Rucksack und zog das Sams heraus.
    »Ist das mein Zimmer?«, fragte es und schaute sich neugierig um.
    »Du hast doch versprochen, leise zu sein«, schimpfte Herr Taschenbier.
    »War ich denn nicht leise?«, fragte das Sams erstaunt.
    »Nein, du hast immer ›Frau Rosenkohl, Frau Rosenkohl‹ gesungen.«

    »Ach so, das war ja später. Du hast nur gewünscht, dass ich still bin, bis du wiederkommst«, erklärte das Sams und sang gleich wieder: »Bis du wiederkommst, bis du wiederkommst ...«
    »Sei sofort still!«, rief Herr Taschenbier, packte das Sams und steckte es unter die Bettdecke.
    Es klopfte an die Tür.
    »Haben Sie gerufen, Herr Flaschenbier?«, fragte Frau Rotkohl von draußen.
    »Nein!«, schrie Herr Taschenbier und zog die Decke fester über das Sams. Das sang ungerührt unter der Bettdecke weiter:
    »Das Sams ist still, das Sams ist still,
    weil sein Papa es so will.«
    Herr Taschenbier besann sich darauf, wie man mit Samsen umzugehen hatte. Er hob die Bettdecke ein wenig hoch und flüsterte: »Ich wünsche, dass du still bist!« Und sofort hörte das Sams auf zu singen.
    In diesem Augenblick ging auch schon die Tür auf, und Frau Rotkohl steckte ihren Kopf herein.
    »Sie reden doch mit jemandem?«, sagte sie misstrauisch und schaute sich im Zimmer um.
    »Ich habe nur ein wenig gesungen«, log Herr Taschenbier.
    »Gesungen!«, wiederholte sie und machte die Tür wieder zu.
    Eine Weile ging Herr Taschenbier im Zimmer auf und ab und überlegte, wie dieses Abenteuer wohl weitergehen würde. War es nicht leichtsinnig und dumm von ihm gewesen, das Sams einfach mit nach Hause zu nehmen? Am Ende würden sie noch beide aus dem Zimmer geworfen, er mitsamt seinem komischen Sams!
    Er hob die Bettdecke hoch, um mit dem Sams zu sprechen. Aber das Wesen war eingeschlafen und lag friedlich auf seinem Kopfkissen. Seufzend setzte sich Herr Taschenbier auf die Bettkante.
    »Ich wünschte, ich hätte wenigstens ein schönes Mittagessen, dann ließe sich das Ganze besser aushalten«, murmelte er.
    »Was wünschst du dir denn zum Mittagessen?«, fragte das Sams schlaftrunken. Anscheinend hatte es seinen Stoßseufzer gehört.

    »Na ja, Hähnchen mit Kartoffelsalat zum Beispiel«, sagte Herr Taschenbier. »Und zum Nachtisch Eis.«
    »Hähnchen, Kartoffelsalat, Eis, sehr gut«, murmelte das Sams, drehte sich um und schlief weiter.
    Fast genau im selben Augenblick klopfte es an die Tür. Herr Taschenbier breitete schnell wieder die Decke über das Sams, strich das Betttuch glatt und setzte sich auf den Stuhl. Dann rief er: »Herein!«
    Die Tür ging auf, und Frau Rotkohl trat ins Zimmer mit einem Tablett in der Hand. Anscheinend war sie immer noch misstrauisch und brauchte einen Vorwand, um ins Zimmer zu kommen.
    »Weil Sie heute nicht in der Küche gegessen haben, bringe ich Ihnen ausnahmsweise das Essen aufs Zimmer«, sagte sie und stellte das Tablett auf den Tisch.
    »Was gibt es denn?«, fragte Herr Taschenbier, als er sich etwas von seinem Staunen erholt hatte.
    »Heute gibt es Hähnchen mit Kartoffelsalat und zum Nachtisch Eis«, sagte Frau Rotkohl. »Ich wünsche guten Appetit!«

Taschenbier wurde davon wach, dass dicht neben seinem Ohr jemand laut sang.
    Einen Augenblick glaubte er zu träumen und drehte sich auf die andere Seite. Aber das Singen hörte nicht auf. Eine helle, durchdringende Stimme sang fürchterlich
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