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Wo niemand dich findet

Wo niemand dich findet

Titel: Wo niemand dich findet
Autoren: L Griffin
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überallhin folgte.
    Also blieb Alex im Wagen sitzen und schwitzte. In der Zeit zwischen unzähligen Müsliriegeln und einem kleinen Abstecher zu einer Tankstelle, als sie eine höchst notwendige Pause einlegen musste, telefonierte sie, um eine Spur von Melanie Bess aufzutun.
    Am Abend hatte sie tatsächlich eine.
    Nun war Alex wieder hellwach. Sie konnte kaum glauben, dass Melanies falsche Identität, auf die sie Monate hingearbeitet hatte, aufgeflogen war. Melanie hatte ihren Job aufgegeben, alles gekündigt und war aus der Wohnung in Orlando ausgezogen, die sie erst vor sechs Monaten im Namen eines Großunternehmens gemietet hatte. Und sie hatte die Todsünde aller Frauen begangen, die vor ihren Männern weggelaufen waren.

    Sie war zurückgekommen.
    Als Alex ihren Wagen über den schlaglochübersäten Kiesweg manövrierte, verursachte ihr diese Neuigkeit ein flaues Gefühl im Magen. Alle Mühe war umsonst gewesen, weil ihre Mandantin genau an den Ort zurückgekehrt war, den sie unbedingt verlassen wollte.
    Alex passierte einen von Wind und Wetter gezeichneten hölzernen Wegweiser zum Wohnmobilstellplatz »Shady Shores« und überquerte eine kleine Brücke, ehe sie an einer knorrigen Eiche rechts abbog. Nach einem weiteren halben Kilometer auf einer von Krüppelholz und Gestrüpp gesäumtem Strecke hatte sie ihr Ziel erreicht: Moccasin Road Nummer 15. Die Hausnummer stand auf dem Briefkasten.
    Alex betrachtete die kleine Holzhütte mit einem mulmigen Gefühl. Sie war so klein. Und dunkel. Die Furcht, die schon seit Stunden an ihr nagte, wurde akuter.
    Alex taxierte die Häuschen und Wohnmobile um sie herum. Einige waren mit Brettern vernagelt, andere hatte man einfach aufgegeben. Seegrundstücke in Austin waren meist teuer, aber das hier schien eine Ausnahme. Sie warf einen Blick auf die rußigen Schlote, die sich über den Baumwipfeln in den Himmel reckten. Die Nähe zu einem Kraftwerk war vermutlich Gift für die Grundstückspreise.
    Alex parkte vor der Hütte und stieg ungelenk aus dem Auto. Sie lockerte ihre steif gewordenen Beine und besah sich das von Unkraut überwucherte Gelände. Keine Autos, kein Lärm. Der Ort schien verlassen. Vielleicht war er es auch, und Melanie hatte nur eine falsche Adresse angegeben.

    Aber vielleicht traute ihr Alex zu viel Chuzpe zu.
    Sechs Monate. Nach nur sechs Monaten war sie nach Austin zurückgekehrt. Was hatte sie sich dabei gedacht? Der ganze Aufwand, die ganze Mühe … umsonst. Wut stieg in Alex auf. Damit kam sie besser zurecht als mit der beständig nagenden Angst.
    Ein Windhauch fuhr durch die Äste der Bäume, die über die Hütte ragten. Alex schauderte und rieb sich die Arme, als sie über den ungepflegten Rasen zur Tür schritt. Das Mückengitter quietschte beim Öffnen. Es gab keine Klingel, daher klopfte sie an die Tür.
    Stille. Alex ließ das Mückengitter wieder zufallen und ging um die Hütte herum. Sie kam zu einer windschiefen hölzernen Veranda. Sie stieg die Stufen zum Hintereingang hinauf und drehte am Türknauf. Nicht abgesperrt.
    »Hallo?«
    Sie lauschte gespannt, hörte jedoch nur die Motorboote in der Ferne dahinrauschen. Eine Vorahnung beschlich sie, als sie die Schwelle überschritt.
    Die Küche war winzig. Darin gab es einen Kühlschrank, der noch aus den Fünfzigerjahren stammen musste, einen Gasherd und einen Resopaltisch. Alex ging zu dem Tisch in der Mitte des Raums, und mit spitzen Fingern hob sie die Bierdose hoch, die darauf stand. Halbvoll, aber schon warm. Im Wohnzimmer befanden sich ein abgewetztes Sofa, das neben der Eingangstür an die Wand gerückt war, und ihm gegenüber ein erstaunlich neuer Flachbildschirmfernseher. Auf dem Couchtisch verstreut lagen einige Zeitschriften: People , Cosmopolitan und eine Fernsehzeitschrift. Alex setzte die Bierdose ab und blätterte
die Magazine durch. Die Ausgaben waren neu und hatten keine Adressaufkleber.
    Sie steckte den Kopf ins Schlafzimmer, das fast ganz von einem Doppelbett mit grüner Tagesdecke ausgefüllt war. Der übrige Platz reichte kaum, um darum herumzugehen. Auf dem Nachttisch stand eine leere Wasserflasche. Alex trat in das winzige Bad und zog den Duschvorhang zurück. Auf dem Wannenrand sah sie eine Shampooflasche und einen pinkfarbenen Rasierer, auf dem Waschbecken stand nichts.
    Zurück in der Küche entdeckte sie ein Stückchen weißes Plastik auf dem Boden. Der Ohrstöpsel eines Kopfhörers. Ein einzelner. Sie hob ihn auf. Er sah aus, als gehörte er zu einem iPod.
    Nun
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