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Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Titel: Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)
Autoren: Pia Engström
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der Siebzehnjährigen. Und dann hallte plötzlich ein schriller Schrei durch den Wald, und die Mädchen liefen so schnell sie konnten zurück zum Haus.
    Trotz einer groß angelegten Suchaktion wurde Audrey niemals wieder gesehen – stattdessen fand man die leicht zurückgebliebene dreizehnjährigen Malin, die behauptete, mit angesehen zu haben, wie Audrey von einem geheimnisvollen Wesen in den Berg gezogen wurde. Seit jenem Tag quälte sich Finja immer wieder mit der Frage, ob es ihre Schuld gewesen war. Ob die Magie jenes Mittsommerabends ihren geheimsten Wunsch erfüllt hatte und …
    Als sich eine Hand auf ihre Schulter legte, schrie Finja heiser auf. Für einen kurzen Moment war sie ganz sicher, dass
sie
es sein musste.
    Audrey …
    Doch als sie nach links blickte, erkannte sie Sanders leicht besorgtes Gesicht, und die Realität hatte sie wieder.
    “Alles in Ordnung?”, fragte er stirnrunzelnd. “Du hast plötzlich einen richtig weggetretenen Eindruck gemacht.”
    “Es geht mir gut”, entgegnete sie hastig, um weiteren Nachfragen aus dem Weg zu gehen. Sie wollte nicht mit Sander über Audrey sprechen. Paul war der einzige Mensch gewesen, dem sie je ihr Herz ausgeschüttet hatte, und durch seinen Verrat war alles nur noch schlimmer geworden. Warum also sollte sie nun ausgerechnet Sander ins Vertrauen ziehen? Im Grunde genommen waren sie nicht viel mehr als Fremde, und ihre Ehe bestand eigentlich nur noch auf dem Papier. Das mochte bitter sein, aber Finja gehörte nicht zu den Menschen, die sich irgendwelchen Illusionen hingaben. Dennoch hatte sie bisher nicht den Mut aufgebracht, sich den Konsequenzen zu stellen. Sie fürchtete sich viel zu sehr davor, nach einer Trennung ganz allein dazustehen. Inzwischen fragte sie sich allerdings immer häufiger, ob das in ihrer derzeitigen Situation überhaupt noch einen Unterschied machte. Allzu häufig bekam sie ihren Ehemann ohnehin nicht zu Gesicht.
    “Können wir jetzt weiterfahren?” Sie hoffte, dass Sander das leichte Beben in ihrer Stimme nicht bemerkte. “Ich möchte gern noch vor Einbruch der Dunkelheit in Dvägersdal ankommen.”
    In Wahrheit wollte sie nur eines: der bedrückenden Nähe dieses teuflischen schwarzen Felsens entkommen. Und zwar je schneller, desto besser.
    Ohne ein weiteres Wort ließ Sander den Motor an und fuhr los. Kurz bevor sie um die nächste Kurve bogen, warf Finja noch einen Blick zurück über die Schulter und atmete scharf ein.
    Dieser Schatten, zwischen den umhertreibenden Nebelfetzen … Er sah aus wie ein blondes Mädchen in einem langen weißen Kleid.
    Finja spürte, wie ihr ein eisiger Schauer über den Rücken kroch.
Audrey!
schoss es ihr durch den Kopf. Aber das … konnte doch nicht sein – oder?
    Nein, versuchte sie sich selbst zu beruhigen, das war natürlich reine Einbildung gewesen, nichts weiter!
    Und als sie erneut zurückblickte, war der Schatten verschwunden, und nichts deutete darauf hin, dass es ihn je gegeben hatte.
    Als sie knapp eine halbe Stunde später die ersten Ausläufer von Dvägersdal erreichten, hatte der Regen ein wenig nachgelassen. Die Wolkendecke riss auf, und dahinter kam ein Stück zartblauer Himmel zum Vorschein. Wie auf einem Gemälde fielen Sonnenstrahlen durch diese Lücken und tauchten die Landschaft in ein fast schon irreal wirkendes gelbgoldenes Licht.
    Der Wagen überquerte die alte Steinbrücke über den rasch dahinfließenden Fluss Lillälv, die den östlichen und den westlichen Teil von Dvägersdal miteinander verband. Erneut stellte Finja fest, wie wenig sich seit ihrem Weggang hier verändert hatte: Die farbenfrohen Fassaden der Häuser, die die Hauptstraße säumten, erinnerten sie noch immer an die Auslage eines Bonbonhändlers, und als sie im Vorbeifahren einen Blick durch das große Schaufenster des Bäckerladens warf, stand hinter dem Tresen dieselbe Verkäuferin, die sie schon als junges Mädchens mit
Kanelbullar
und
Drömmar
– köstlichen Zimtschnecken und Keksen – versorgt hatte.
    Sie durchquerten den halben Ort, bevor Sander in eine kleine Seitenstraße einbog und vor einem hübschen, zartblau getünchten Haus am Ende einer Sackgasse anhielt. “Ich verstehe immer noch nicht, warum wir die eine Nacht bis nach der Testamentseröffnung nicht bei deinen Eltern verbringen können”, sagte er und stellte den Motor ab. “Das wäre doch viel einfacher gewesen.”
    “So, findest du?” Finja schüttelte den Kopf. Nicht zum ersten Mal seit dem Tod ihrer Familie stellte sie
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