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Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)

Titel: Wo mein Herz wohnt: Mittsommergeheimnis (German Edition)
Autoren: Pia Engström
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wehen.
    “Und dieser Troll lebt wirklich hier im
Trollfjällen
?”, fragte Hanna ängstlich, die Arme um den Körper geschlungen.
    Audrey nickte. “Aber natürlich. Und deshalb sollte man lieber vorsichtig sein und dem schwarzen Felsen nicht zu nahe kommen. Denn wenn er kann, dann zieht der Felsentroll unachtsame Wanderer zu sich in den Fels. Und ganz besonders gern holt er sich kleine Mädchen wie … EUCH!”
    Erschrocken schrie Hanna auf, und auch Linnea zuckte zusammen. Nur Finja, die mit etwas Derartigem bereits gerechnet hatte, blieb ruhig. “Du erwartest doch nicht, dass wir dir dieses alberne Ammenmärchen wirklich abkaufen, oder?”
    “Glaub doch, was du willst”, entgegnete Audrey geheimnisvoll. “Aber wenn der Felsentroll dich erst einmal in seinen Fängen hat, dann wirst du dir noch wünschen, auf mich gehört zu haben!”
    Die ersten dicken Regentropfen fielen durch das dichte Blätterdach, dann öffneten sich plötzlich die Schleusen des Himmels, und eine wahre Sturzflut ging auf die Mädchen nieder.
    “Kommt!”, rief Hanna, die sich in der Umgebung am besten auskannte, da sie mit ihrem Vater ganz in der Nähe wohnte. “Dort hinten können wir uns unterstellen!”
    Sie flüchteten sich in den ausgehöhlten Stamm einer einst gewaltigen Eiche, die vor vielen Jahren vom Blitz getroffen worden war, und schüttelten sich das Wasser aus dem Haar. Es war Finja, die als Erste bemerkte, dass jemand fehlte.
    “Wo ist Audrey?”, fragte sie.
    Linnea spähte angestrengt in die brodelnde Dunkelheit hinaus, die außerhalb ihres Unterstands herrschte.
    Doch nichts.
    “Aber sie war doch direkt hinter mir, als wir losgelaufen sind!”, sagte Hanna. “Ihr wird doch wohl nichts passiert sein?”
    “Ach, Unsinn!”, gab Linnea energisch zurück – doch in Wahrheit war sie sich ihrer Sache längst nicht so sicher. Diese drückende Finsternis, die knisternde Spannung in der Luft …
    “Und wenn der … Felsentroll sie erwischt hat?” Hannas Augen waren vor Furcht weit aufgerissen. “Wenn er sie zu sich in den
Trollfjällen
gezogen hat?”
    Die drei Freundinnen schauten sich angstvoll an, keine von ihnen sprach ein Wort. Und dann hallte ein Schrei durch das Tal, so gequält und verzweifelt, dass er ihnen einen eisigen Schauer über den Rücken laufen ließ.
    Keine von ihnen zweifelte auch nur eine Sekunde daran, dass Audrey diesen Schrei ausgestoßen hatte – und dass es sich keinesfalls um einen dummen Scherz der Siebzehnjährigen handelte.
    Etwas Schreckliches musste geschehen sein – und die drei Mädchen ahnten, dass nach dieser Mittsommernacht nichts mehr so sein würde wie zuvor.

1. KAPITEL
    “S ie und Ihre Freundinnen waren also allein im Wald, als das Au-pair-Mädchen … Wie war noch ihr Name?”
    “Audrey”, antwortete Finja mit heiserer Stimme. “Ihr Name war Audrey.”
    “Sie waren also allein im Wald, als Audrey spurlos verschwand. Aber das ist nicht der Grund für Ihre Schuldgefühle, nicht wahr? Erzählen Sie mir, was geschehen ist.”
    Die Praxis von Dr. Paul Bjorkman befand sich im Stockholmer Stadtteil Norrmalm in einem ultramodernen Bürokomplex, der nur aus Glas und Stahl zu bestehen schien. Umso überraschender war der Kontrast, wenn man die Räume zum ersten Mal betrat. Alles – von den Wänden über die weichen Teppiche, die jedes Geräusch schluckten, war in gedämpften Braun- und Cremetönen gehalten. Kaum etwas deutete darauf hin, dass man sich in den Praxisräumen eines Psychologen aufhielt. Es herrschte eine ungemein beruhigende und gelöste Atmosphäre.
    So empfanden es zumindest die meisten Patienten von Dr. Bjorkman – bei Finja wollte sich diese Wirkung jedoch nicht einstellen. Mit geschlossenen Lidern lag sie auf einer bequemen Couch und versuchte sich zu entspannen, doch es ging einfach nicht. Wie jedes Mal, wenn sie den Gedanken an Audrey zuließ, verkrampfte sich ihr ganzer Körper, und in ihrem Inneren schien sich ein schmerzhafter Knoten zu bilden.
    Trotzdem zwang sie sich, weiterzusprechen. Sie wollte diese Last, die ihr nun schon so lange auf der Seele lag, endlich abschütteln. Und bei Dr. Bjorkman hatte sie das Gefühl, ihm vertrauen zu können.
    Finja atmete tief durch, dann begann sie zu sprechen – zuerst langsam und stockend, bis die Worte schließlich einfach aus ihr hervorbrachen. “Audrey und ich, wir hatten einen schlimmen Streit an jenem Morgen, an dem es geschah. Wir kamen generell nicht besonders gut miteinander aus. Ich glaube, ich gab ihr die
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