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Wo ich zu Hause bin

Wo ich zu Hause bin

Titel: Wo ich zu Hause bin
Autoren: Anselm Gruen
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Berührung mit dem, was sie in ihrem Herzen wissen, was aber von einer areligiösen Umgebung verdeckt wird. Sie finden durch das Buch zu ihrer inneren Heimat.
    Gerade in unserer mobilen Welt wächst die Sehnsucht nach Beheimatung in einer überschaubaren Gruppe, nach Beheimatung in der Sprache, in der Religion und in einer Kirche. Es ist die Sehnsucht nach Geborgenheit, nach Ruhe und Sicherheit und die Sehnsucht nach den Wurzeln, aus denen wir leben. Die vielen Fremden, die sich in Deutschland niedergelassen haben, sind oft hinund hergerissen zwischen der Sehnsucht nach der Heimat, die sie verlassen haben, und der Beheimatung dort, wo sie wohnen. Eine Griechin, die schon lange in Deutschland lebt, meinte: »Heimat ist für mich dort, wo ich mich zu Hause fühle.« Viele Migranten sind ja gerade deshalb aus ihrer Heimat ausgewandert, weil sie dort keine Heimat mehr fanden. Sie konnten dort nicht mehr wohnen, weil die wirtschaftlichen oder politischen Verhältnisse es nicht zuließen. Trotzdem bleibt in ihnen der Geruch der heimatlichen Felder oder Feste. Die vielen Menschen, die innerhalb Deutschlands oft ihren Wohnungsort gewechselt haben, lokalisieren ihre Heimat nicht an einem Ort, sondern in den verschiedenen Gruppierungen, in denen sie Heimat gefunden haben.
    Wonach sehnen sich also die Menschen, wenn sie sich nach Heimat sehnen? Bei der Suche nach einer Antwort stoße ich auf den Philosophen Ernst Bloch. Heimat ist nie nur das Vergangene, von dem wir schwärmen. ImBegriff der Heimat – so meint Bloch – steckt vielmehr immer auch unerfüllte Hoffnung. Man sehnt sich nach der Heimat und verbindet damit, geborgen und geliebt zu sein, einen Raum zu haben, in dem man ganz man selbst sein kann, in dem man in Berührung kommt mit dem, was einem in der Kindheit Zuversicht und Hoffnung geschenkt hat, was einen als Kind genährt hat. Doch Bloch sieht Heimat nicht als das, was es zu bewahren gilt, sondern als ein Noch-nicht, als eine Utopie, die »dem Menschen den Impuls zu innerweltlicher Veränderung und zum die Gegebenheiten verbessernden Tun vermitteln« 1 kann. Heimat ist nicht einfach da, sie muss vielmehr von uns erst geschaffen werden. Berühmt ist die Definition von Ernst Bloch am Ende seines großen Werkes »Prinzip Hoffnung«. Heimat ist für ihn etwas, »das allen in die Kindheit scheint und worin noch niemand war«. Wir verbinden Heimat mit unserer Kindheit. Aber die Kindheit ist nicht mit der Heimat identisch. Vielmehr leuchtet etwas in die Kindheit hinein, was den Geschmack der Heimat hat. Heimat ist für Bloch nie nur etwas Vergangenes, sondern etwas, was in die vergangene Kindheit hineinleuchtet, was uns aber letztlich erwartet. Denn niemand war schon in dem, was wir Heimat nennen. Heimat ist somit eine Utopie, ein Nicht-Ort, den wir aber gerne mit den Orten unserer Kindheit identifizieren. Die Kindheit ist nicht die Heimat, sondern die Verheißung von Heimat. Das, was wir als Kinder gespürt haben an Geborgenheit, an Geschmack des Lebens, was uns als Geruch des Lebens in die Nase gestiegen ist, das erwarten wir in der Zukunft.So sind wir unser ganzes Leben lang auf der Suche nach der Heimat, die uns in die Kindheit hineingeleuchtet hat, die aber noch aussteht als das, was uns für immer Geborgenheit und ein Zuhause schenkt, ein Heim, in dem wir uns niederlassen, in dem wir daheim sind, in dem wir wohnen und bleiben können.
    So wünsche ich dem Leser und der Leserin, dass sie beim Lesen dieses Buches eintauchen in eine Welt, in der sie sich daheim fühlen. Und dass sie in meinen Gedanken und in den Gedanken, die ich von anderen Autoren zitiere, in Berührung kommen mit der eigenen Sehnsucht nach Heimat und mit dem Geschmack von Heimat, den jeder offensichtlich in sich trägt und in dem zugleich die Verheißung von einem Leben steckt, das sich getragen und geborgen weiß, um mitten in der Unübersichtlichkeit dieser Welt einen Raum der Sicherheit und Geborgenheit, der Ruhe und des Angenommenseins zu erfahren. Jedes Kapitel schließe ich mit Fragen und Wahrnehmungsübungen ab. Sie sollen die Leser anregen, sich selbst bewusst zu machen, was für sie Heimat bedeutet, worin sie Heimat finden und welche Gefühle und Sehnsüchte sie damit verbinden. Es geht mir in diesem Buch nicht um Informationen über das Thema Heimat, sondern um die existenzielle Auseinandersetzung, wie ich heute in meiner Lebenssituation mit diesem Thema umgehen möchte.
    Anselm Grün

Heimat und Herkunft

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