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Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben

Titel: Wir sind was wir haben - Die tiefere Bedeutung der Dinge fuer unser Leben
Autoren: Annette Schaefer
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Farben, Autos, deren Spezifikationen man selbst bestimmen kann, können die Widersprüchlichkeit dieses Mottos nur ansatzweise verdecken.
    Manche Menschen wenden sich ganz von materiellen Dingen ab und entscheiden sich für ein asketisches Leben. Eine andere, weniger radikale, aber mindestens genauso fruchtbare Möglichkeit besteht darin, sich mit den Dingen in seiner Umgebung zu befassen. Dazu will das vorliegende Buch – auf leichte und unterhaltsame Weise – anregen. Die folgenden neun Kapitel bieten einen umfassenden Überblick über wichtige psychologische Arbeiten zur Beziehung zwischen Mensch und Besitz. Weil diese einen ganz unterschiedlichen theoretischen Hintergrund haben, wird eine solche Untersuchung ganz automatisch zu einem Spaziergang durch verschiedene psychologische »Schulen« (mit Abstechern auf interessante Pfade verwandter Wissenschaften wie Anthropologie, Soziologie und Neurowissenschaften). Daneben erzähle ich von Begegnungen mit Menschen mit einer ganz besonderen persönlichen Geschichte. Eine Journalistin beispielsweise berichtet, wie es war, als ihr Umzugscontainer bei der Überquerung des Indischen Ozeans voll Wasser lief. Ein Mönch spricht über das Spannungsverhältnis zwischen Armutsgebot und dem Bedürfnis, sich mit privaten Dingen zu umgeben. Ehemalige Obdachlose erzählen über die Bedeutung von Lieblingsdingen in ihrem Leben. Obwohl es sich bei diesem Buch nicht um einen Ratgeber handelt, enthält es auch spielerische Übungen und Tipps, die verstehen helfen, warum man einen angenagten Plüschhund liebt oder sich nicht von dem schrecklichen Hirschgeweih, das im Hobbykeller hängt, trennen kann.

KAPITEL 1
    »Alles weg« und andere Katastrophen
    E iner der wichtigsten Gegenstände in der Wohnung des Filmemachers Robert Wiezorek ist eine Muschel, die auf dem Sekretär in seinem Home-Office liegt. Sie ist glatt, gesprenkelt, etwa so groß wie die Hand eines Babys und rauscht leise, wenn man sie ans Ohr hält. Ein typisches Souvenir, wie es Millionen von Menschen jedes Jahr aus dem Urlaub mitbringen. Wiezoreks Urgroßvater hat sie an der Ostsee gekauft – um 1880 muss das gewesen sein – und sie dann an seine Tochter, Wiezoreks Mutter, weitergegeben. Die wiederum hat sie ihrem Sohn vermacht, als der zum Studium nach Köln zog. Für Wiezorek ist sie Glücksbringer, Band zwischen den Generationen – und Erinnerung an ein Ereignis, das sein Leben völlig auf den Kopf gestellt hat.
    Das Unglück kündigte sich mit einem unheimlichen Knacken und Knirschen an. Die Bauarbeiter, die in einer 25 Meter tiefen Baugrube am Kölner Waidmarkt arbeiteten, hörten es, ebenso wie die Lehrer und Schüler im nahe gelegenen Gymnasium und die Mitarbeiter im historischen Stadtarchiv. Die Geräusche waren so laut, dass verschreckte Menschen aus den Gebäuden liefen. Als die Arbeiter sahen, wie sich die Grube plötzlich mit Wasser, Schlamm und Geröll füllte, machten auch sie, dass sie so schnell wie möglich an die Erdoberfläche kamen. Dann ging alles ganz schnell: Ein Teil des Bürgersteiges sackte weg. Das siebenstöckige Archiv neigte sich nach vorne, stürzte in sich zusammen und riss einen Krater, in dem auch Teile der benachbarten Häuser verschwanden. Eine riesige Staubwolke legte sich über das Viertel. Kurz darauf lösten Polizei und Feuerwehr Großalarm aus und rückten mit einer Armada von Kranken- und Feuerwehrwagen an.
    Robert Wiezorek bekam von der ganzen Aufregung zunächst nichts mit. Für einen beruflichen Termin war er an diesem Dienstag Anfang März 2009 nach Hamm gefahren. Seine Wohnung in der Severinstraße 232 , direkt neben dem Stadtarchiv, hatte er bereits morgens verlassen. Als er sein Handy wieder anschaltete, fand er in seiner Mailbox 17 neue Nachrichten. Besorgte Freunde wollten wissen, ob er unversehrt geblieben war. Unversehrt von was, fragte er sich. Dann rief seine Mutter an und erzählte, was sich im Severinsviertel ereignet hatte.
    Zurück in Köln begab sich Wiezorek in die improvisierte Notfallzentrale, ein Zelt des Roten Kreuzes, das die Rettungskräfte aufgestellt hatten. Dort fand er zahlreiche seiner geschockten Nachbarn vor. Mehr als hundert Anwohner hatten ihre Wohnungen verlassen müssen. Die Unglücksstelle war mittlerweile weiträumig abgesperrt. Abends überredete er einen Feuerwehrmann, mit ihm zum Rand des riesigen Kraters zu gehen, in dem das Stadtarchiv versunken war. Von dort aus hatte er einen guten Blick auf das Haus, in dem er seit sieben Jahren
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