Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)
Autoren: Jennifer McMahon
Vom Netzwerk:
heimkommen sähe. Sie würde ihm einen Kuss geben, sagen: »Gut gemacht, mein Liebster«, ihr bestes Messer wetzen und sich an die Arbeit machen. Sie würde durch die Küche tanzen und dabei ein Lied summen, das Martin nicht kannte und das zugleich fröhlich und traurig klang. Sara hatte es als Kind gelernt, wie sie ihm einmal erklärt hatte.
    Er humpelte die schmale Treppe hinunter in die Wohnstube, säuberte dort den Kamin und entfachte ein Feuer. Dann machte er sich am Ofen in der Küche zu schaffen, wobei er achtgab, die eiserne Tür nicht zuzuschlagen. Wenn Sara ihn hörte, würde sie herunterkommen. Sie sollte ruhig noch ein wenig liegen bleiben und mit der kleinen Gertie unter der warmen Bettdecke lachen und kuscheln.
    Martins Magen krampfte sich vor Hunger zusammen. Das Abendessen am vergangenen Tag war ein wässriger Eintopf aus Kartoffeln mit einigen wenigen Stücken Kaninchenfleisch gewesen. Den Großteil des Fleisches hatte er durch Schrot ungenießbar gemacht.
    »Hättest du nicht auf den Kopf zielen können?«, hatte Sara ihn gefragt.
    »Das nächste Mal gebe ich dir die Flinte«, hatte er augenzwinkernd erwidert. In Wahrheit war sie immer schon die bessere Schützin gewesen. Außerdem besaß sie großes Geschick beim Schlachten von Tieren. Sie häutete sie mit wenigen flinken Handgriffen, ganz so, als zöge sie ihnen einen Wintermantel aus. Er hingegen stellte sich stets unbeholfen an und ruinierte jedes Fell.
    Martin hüllte sich in seine wollene Jacke und rief nach dem Hund, der in einer Ecke der Küche zusammengerollt auf einem alten Quilt lag, den er als Bett benutzte. »Komm, Shep«, befahl er. »Hierher, Junge.« Der Hund hob seinen großen, kantigen Kopf und warf Martin einen verdatterten Blick zu, bevor er sich wieder hinlegte. Er wurde alt und hatte keine Freude mehr daran, durch den frischen Schnee zu toben. Außerdem schien er dieser Tage nur noch Sara zu gehorchen.
    Shep war lediglich der jüngste in einer langen Reihe von Sheps, die alle von einem ursprünglichen Shep abstammten, der in Saras Kindheit der Hofhund auf der Farm gewesen war. Er war groß und langgliedrig, und Sara behauptete, sein Urgroßvater sei ein Wolf gewesen. Wenn Martin ihn so ansah, war er durchaus geneigt, ihr zu glauben.
    Martin öffnete die Haustür, um zur Scheune zu gehen. Er würde die Tiere füttern (die wenigen, die ihnen geblieben waren – zwei alte Zugpferde, eine Kuh, die Hühner) und ein paar Eier für das Frühstück einsammeln, wenn es denn welche gab. Um diese Jahreszeit legten die Hennen nicht viel.
    Die Sonne stieg gerade eben über den Hügel, der Morgen war grau und kalt. Dicke, weiche Flocken fielen vom Himmel. Martins Füße versanken im Schnee, der ihm bis zur Mitte der Waden reichte. Wenn er später in den Wald gehen wollte, würde er Schneeschuhe brauchen. Mühsam bahnte er sich einen Weg quer über den Hof bis zur Scheune, wo er zunächst einen Schlenker zum Hühnerhaus machte. Die Hühner zu füttern zählte für ihn zu den angenehmsten Arbeiten des Tages – es gefiel ihm, wie sie ihn gackernd begrüßten, und er mochte die Wärme der Eier, wenn er sie aus den Gelegen nahm. Die Hühner gaben ihnen so viel und verlangten so wenig dafür. Gertie hatte ihnen allen Namen gegeben: Willamena, Florence die Große, Queen Reddington – Martin hatte Mühe, die vielen Namen samt der drolligen kleinen Geschichten, die Gertie sich dazu ausgedacht hatte, im Kopf zu behalten. Sie hatten ein ganzes Dutzend gehabt, ehe der Fuchs vergangenen Monat eins der Tiere geholt hatte. Im November hatte Gertie kleine Papierhüte für alle Hühner gebastelt und ihnen ein Maisbrot als Kuchen gebracht. »Wir feiern ein Fest«, hatte sie ihm und Sara erklärt, und sie hatten vergnügt dabei zugesehen, wie Gertie die Hühner über den Hof jagte, während sie versuchte, ihnen die Hüte aufzusetzen.
    Martin umrundete die Scheune, und die Luft wich aus seinen Lungen, als er es sah: purpurrote Spritzer auf Weiß. Federn.
    Der Fuchs war wieder da gewesen.
    So schnell er konnte, humpelte Martin weiter, wobei er seinen verkrüppelten Fuß durch den Schnee nachzog. Es war unschwer zu erkennen, was sich zugetragen hatte: Die Fuchsspuren führten bis zum Hühnerhaus. Davor war im zertrampelten Schnee ein Durcheinander aus Blut und Federn zu sehen, und die Fährte, die vom Hof wegführte, war rot – der Fuchs hatte ein Huhn mitgenommen und eine Spur aus Blut hinter sich hergezogen. Martin ging in die Hocke und streifte sich den
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher