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Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Wimsey 11 - Der Glocken Schlag

Titel: Wimsey 11 - Der Glocken Schlag
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Wie töricht! Ich habe gestern schon bei mir gedacht, Will Thoday sieht ein bißchen elend aus, als er abends zu mir kam. Zum Glück ist er in der Stadt dann George Ashton begegnet, und der hat gesehen, wie es um ihn stand, und es sich nicht nehmen lassen, ihn nach Hause zu begleiten. Der arme Thoday muß sich bei dieser Eiseskälte schwer erkältet haben. Er war so entkräftet, als er zu Hause ankam, daß sie ihn gleich ins Bett gesteckt haben, und nun liegt er mit hohem Fieber da und ist die ganze Zeit todunglücklich, weil er heute abend nicht in die Kirche kommen kann. Ich habe zu seinem Bruder gesagt, er soll ihn um jeden Preis beruhigen, aber ich fürchte, das wird schwer sein. Er ist mit solcher Hingabe dabei, und die Vorstellung, daß er jetzt nicht mitmachen kann, drückt ihm schwer aufs Gemüt.«
    »Ach je«, meinte Mrs. Venables. »Aber Dr. Baines wird ihm doch sicher etwas zur Beruhigung geben.«
    »Das will ich aufrichtig hoffen. Natürlich, es ist eine Katastrophe, aber es ist auch schlimm, daß er es sich so zu Herzen nimmt. Je nun, was man nicht ändern kann, muß man ertragen. Damit ist unsere letzte Hoffnung dahin. Wir werden uns mit Treble Bob Minor zufriedengeben müssen.«
    »Ist der Mann denn einer von Ihren Glöcknern?«
    »Leider, leider, und nun ist keiner mehr da, der seinen Platz einnehmen könnte. Wir werden unser großes Vorhaben fallenlassen müssen. Selbst wenn ich persönlich eine Glocke nähme, könnte ich doch unmöglich neun Stunden an einem Stück läuten. Man wird ja nicht jünger, und außerdem muß ich um acht Uhr den Frühgottesdienst halten, abgesehen davon, daß mich der Neujahrsgottesdienst ohnehin bis nach Mitternacht beanspruchen wird. Ach ja! Der Mensch denkt, und Gott lenkt – es sei denn« – der Pfarrer drehte sich plötzlich um und musterte seinen Gast – »Sie haben vorhin so gefühlvoll vom Treble Bob gesprochen – sollten Sie etwa selbst ein Glöckner sein?«
    »Nun«, meinte Wimsey, »früher hab ich mal ein flottes Seil gezogen. Aber ob ich jetzt um diese Tageszeit noch –«
    »Treble Bob?« erkundigte der Pfarrer sich hoffnungsvoll.
    »Treble Bob, gewiß, ja, aber es ist doch ziemlich lange her, seit –«
    »Das kommt wieder!« rief der Pfarrer fiebernd. »Das kommt bestimmt wieder. Eine halbe Stunde mit den Handglocken –« »Aber nun hör mal!« sagte Mrs. Venables.
    »Ist das nicht wunderbar?« rief der Geistliche. »Ist das nicht Vorsehung? Daß uns gerade in diesem Augenblick ein Gast ins Haus geschickt wird, der wahrhaftig ein Glöckner ist und sich auf Kent Treble Bob Major versteht?« Er läutete nach dem Mädchen. »Hinkins soll sofort die Runde machen und die Jungs zu einer Übungsstunde mit den Handglocken zusammenrufen. Meine Liebe, ich fürchte, wir werden das Eßzimmer in Anspruch nehmen müssen, wenn es dir recht ist. Emily, sag Hinkins, daß ich hier einen Herrn habe, der den Zyklus mit uns läuten kann, und er soll sofort überall herumgehen und –«
    »Einen Augenblick, Emily! Theodore, ist es eigentlich recht, von Lord Peter Wimsey, der einen Autounfall hatte und einen schweren Tag hinter sich hat, zu erwarten, daß er aufbleibt und von Mitternacht bis neun Uhr früh Glocken läutet? Ein paar kurze Durchgänge vielleicht, wenn es ihm wirklich nichts ausmacht, aber selbst das hieße seine Freundlichkeit schamlos ausnutzen.«
    Der Pfarrer ließ die Mundwinkel heruntersinken wie ein gekränktes Kind, und Wimsey kam ihm rasch zu Hilfe.
    »Aber nicht im mindesten, Mrs. Venables. Ich wüßte mir kein größeres Vergnügen, als den ganzen Tag und die ganze Nacht Glocken zu läuten. Ich bin überhaupt nicht müde. Ruhe brauche ich wirklich nicht. Ich möchte viel lieber läuten. Ich frage mich lediglich, ob ich den ganzen Zyklus durchhalten werde, ohne die dümmsten Fehler zu machen.«
    »Natürlich werden Sie das, natürlich«, beeilte sich der Pfarrer zu versichern. »Aber wie meine Frau sagt – ich glaube, es war wirklich sehr gedankenlos von mir. Neun Stunden sind zuviel. Wir sollten uns auf fünftausend Wechsel beschränken –«
    »Um keinen Preis«, sagte Wimsey. »Neun Stunden oder nichts. Ich bestehe darauf. Nur wird wahrscheinlich gar nichts daraus, wenn Sie mich erst gehört haben.«
    »Pah, so ein Unsinn!« rief der Pfarrer. »Emily, sag zu Hinkins, er soll die Männer für – sagen wir halb sechs? – hierher zusammenrufen. Ich glaube, bis dahin können sie alle hier sein, außer Pratt vielleicht, der am Tuppers End wohnt, aber
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