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William von Saargnagel und der purpurne Traum (Episode 1 - Eine besondere Begegnung)

William von Saargnagel und der purpurne Traum (Episode 1 - Eine besondere Begegnung)

Titel: William von Saargnagel und der purpurne Traum (Episode 1 - Eine besondere Begegnung)
Autoren: Alfons Th. Seeboth
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würde.
    Schnell erreichte er ihn und hielt dabei das glühend heiße Blech in der Hand. Während sein Pflegevater hysterisch herumbrüllte, schlug er es William auf den Arm. »Bist du völlig bescheuert? Weißt du, was das für Kosten sind? Dafür kriegst du heute nichts zu essen!«
    Ein höllischer Schmerz durchfuhr William. Leise stöhnend hielt er seine Hand auf den verbrannten Oberarm.
    Sein Pflegevater holte erneut aus.
    »Nein, nicht! Lass mich in Ruhe!« Verzweifelt und mit aller Kraft, stieß William ihn von sich weg.
    Sein Pflegevater stolperte, verlor das Gleichgewicht und schlug hart mit dem Hinterkopf auf dem Boden auf, wo er bewusstlos liegen blieb. Das heiße Blech flog im hohen Bogen durch die Backstube und schepperte gegen einen der Öfen.
    William fühlte Zorn, eine Wut und Gedanken, die nicht seine waren. Jedoch nahm er sie durch die Schmerzen nicht wirklich wahr, die Brandverletzung stach zu sehr. Er ließ seinen Pflegevater einfach in der Backstube liegen und lief in den Verkauf sraum. Dort schnappte er sich eine Einkaufstüte und stopfte zwei Flaschen Wasser und ein paar mit Leberkäse belegte Semmelbrötchen hinein.
    Die Schmerzen im Arm trieben ihm Tränen in die Augen. Taumelnd verließ er das Geschäft, ohne sich noch einmal umzudrehen. Mehrere Male stolperte er über seine eigenen Füße, während er die dunklen Straßen entlangrannte. Nicht eine Laterne brannte. Nur der fast volle Mond und die Sterne am Himmel erleuchteten seinen Weg.
     
    Eine Stunde später hörte er die Sirenen eines Streifenwagens. Rasch schlüpfte William in die Dunkelheit eines Hauseingangs. Gerade noch rechtzeitig, denn schon kurz darauf raste der Wagen mit Blaulicht an ihm vorbei. Endlich weg von dort , dachte er. Ihm kamen jedoch Zweifel, ob er das Richtige tat. Wo soll ich nur hin? Zurück ins Waisenhaus? Nee, die glauben mir sowieso nicht und die Frau vom Jugendamt bringt mich wieder zu meiner Pflegefamilie.
    Früher oder später würde die Polizei ihn erneut aufgreifen, das war ihm jetzt schon klar. In der Schule konnte er sich auch keine Hilfe suchen. Er hasste sie mit ihren ungerechten Lehrern. Die behandelten ihn meist von oben herab und kaltherzig, weil er oft Dinge wusste, die die Lehrer nicht kannten. William hatte keine Ahnung, warum in seinem Kopf so viele merkwürdige Sachen ihren Platz gefunden hatten, die er selbst nicht einmal richtig benennen konnte. Er war schon vor der Einschulung imstande gewesen zu lesen, zu schreiben und zu rechnen. Auch beherrschte er etliche Fremdsprachen, wie Englisch und Französisch. Er hatte zuvor niemals Unterricht bekommen. Er konnte es einfach. Seine Mitschüler hänselten ihn deswegen und beschimpften ihn als Streber. Sie gingen mit ihm um, als wäre er nicht ganz richtig im Kopf. Die einzigen Freunde, die er besaß, waren Bücher. Sie taten ihm niemals weh oder behandelten ihn schlecht. Im Gegenteil, aus Büchern lernte er, dass, wenn er immer fleißig war und sich anstrengte, er auch etwas Besonderes werden und aus seinem jetzigen Leben fliehen könnte. Genau darum wollte er wieder zurück zum Zirkus und dort sein Glück finden.
    Nach einer Weile kam William ein junger Mann entgegen. Ihm folgte ein eigenartiges Kaninchen. Es hatte scharfe Zähne, ein kleines Geweih auf dem Kopf, kleine Flügel eines Falken auf dem Rücken und einen Schwanz, wie eine Katze. William sah öfter solch merkwürdige Tiere. Im Zirkus hatten fast alle so ein skurriles Wesen. Jedoch sprach er niemanden darauf an. Früher erzählte er anderen von den Tieren, die er sah, und bekam riesigen Ärger. Er musste oft zu Ärzten, die ihn untersuchten und Tests mit ihm veranstalteten. Seitdem er aber nicht mehr darüber redete, ließen ihn die Erwachsenen in Ruhe.
     
    William hatte Bremen schon lange hinter sich gelassen und schlenderte müde in ein kleines Wäldchen hinein. Dort entdeckte er eine unverschlossene Waldhütte und betrat sie. Das nenn ich Glück. Ein paar Stunden Schlaf werden mir guttun.
    William schlief äußerst unruhig, die Brandwunde schmerzte stark und irgendjemand schien dauernd mit ihm sprechen zu wollen.
    » Hey William, wach auf, hörst du mich? Hast du was zu essen in deiner Tasche? Hallo, ich rede mit dir! «
    Schlaftrunken schlug William die Augen auf und erhob sich langsam. Es war niemand zu sehen oder zu hören. Er schaute sich genauer um und ging in dem Raum umher. Die Hütte war klein und dreckig. Überall lagen Dinge herum, wie alte Holzeimer und Leinensäcke. Durch
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