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Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie

Titel: Wildnis: Thriller - Band 3 der Trilogie
Autoren: Valentin Zahrnt
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ertragen, sie wisse auch nicht, woran das liege, es gehe nicht anders. Das sah auch er.
    Sie floh zurück in den Trainingssaal der Ballettschule, der den Schülern auch im Sommer offenstand, schien Halt zu finden in ihrer strengen Routine und wirkte doch niedergeschlagen. Jan erwartete nicht viel von seinem Geburtstag am folgenden Sonntag und glaubte sich zu täuschen, als Anna an jenem Morgen sein Zimmer betrat, das eigentlich ihr gemeinsames Schlafzimmer hätte sein sollen: in einem schwarzen Seidenpyjama, der kaum über ihre Schenkel reichte. Einmal hatte sie ihn gefragt, wie lang sie ihre Locken wachsen lassen sollte, und er hatte geantwortet, so lang wie der Pyjama, den sie an seinem Geburtstag tragen würde. Daran musste sie sich erinnert haben.
    Sie setzte sich zu Jan und küsste ihn auf den Mund. Ohne von ihren Lippen zu lassen, zog er sie neben sich und streichelte sie, über die Haare, den Rücken hinab und unter der Seide wieder hinauf bis zwischen die Schulterblätter. Sie schloss die Augen und atmete erregt, doch als seine Hände über ihre Taille nach vorne glitten, befreite sie sich und sagte, sie müssten aufstehen, eine Überraschung erwarte ihn.
    Einige Radminuten entfernt, im Prenzlauer Berg, setzten sie sich in ein Café, in dem Anna für sie reserviert hatte. Alte Holzfässer dienten als Tische, kein Stuhl glich dem anderen und die Schwarz-Weiß-Fotografien an den Wänden trugen handgeschriebene Preisschildchen. Sie waren schon einmal hier gewesen und Jan hatte wiederkommen wollen, sich aber weder an Namen noch Straße erinnert. Anna hatte ihm auch nicht helfen können - aber da hatte sie wohl geschummelt, um das Café für seinen Geburtstag aufzuheben.
    Jan schmunzelte noch darüber, als ein bärtiger Mann zu ihnen trat: einer seiner Lieblingsautoren, den er oft auf Einbänden betrachtet hatte. Stotternd erwiderte Jan die vergnügte Begrüßung. Der Autor setzte sich an ihren Tisch, sie bestellten Getränke. Das Gespräch holperte erst querbeet durch die Literatur und kreiste anschließend um Berliner Themen, wie den Bau der Stadtautobahn, die Treptow verschandeln würde, und die überflüssige neue U-Bahn-Station, die vor dem Roten Rathaus gebohrt wurde, weil der Bürgermeister den Parlamentariern nicht nachstehen wollte, die sich ihre eigene Haltestelle hatten bauen lassen.
    Jan war froh, als sich der Autor schließlich entschuldigte und er Anna hochheben und küssen konnte. Was machte es schon, dass das Gespräch ein bisschen angestrengt verlaufen war. Anna hatte sich etwas ganz Persönliches, Originelles einfallen lassen und es irgendwie hingekriegt, dass der berühmte Autor ihn an seinem Geburtstag traf! Das war das Tolle, nicht was letztlich daraus geworden war.
    Auf dem Rückweg gingen sie bei ihrem Lieblingscafé vorbei: Da saßen die Freunde aus seiner Germanisten-Clique und aus dem Volleyball-Verein. Bald darauf stieß der junge Krankengymnast Dennis hinzu, der einen Stock unter ihnen wohnte und mit dem sich Jan manchmal im Hof unterhielt. Zuletzt trudelte auch Chris ein.
    Vom Brunch fuhren sie nach Potsdam, mieteten ein Floß und schipperten über den Wannsee, durch Seitenarme und Kanäle. Jan verlor den Überblick, wo sie sich befanden und wie viel Sekt, Bier und Schnaps er schon getrunken hatte. Irgendwann, als es schon dunkelte, legten sie an und grillten, jemand hatte einen kleinen Ghetto-Blaster dabei, der die beiden Gestalten in der Nachbarbucht vertrieb, und so feierten sie ungestört, bis Schwarz zu Blau wurde und sie nach einem Ausnüchterungsbad das Floß zurückbrachten. Sie banden es an der geschlossenen Verleihstelle fest und kletterten über ein Gitter, das den Steg außerhalb der Öffnungszeiten versperrte. Jan sagte Anna immer wieder, wie verliebt er sei und dass er noch nie so genial gefeiert habe, während sie durch die ausgestorbenen Straßen Potsdams wankten, auf denen nichts zu hören war als ihr Gegröle und Vogelgezwitscher.
    Einige Tage hielt Annas Freude, dass sie ihm eine solche Überraschung bereitet hatte, ehe sie nach und nach wieder in ihren alten Zustand verfiel, von dem Jan nicht wusste, wie alt er eigentlich war.
    Er widerstand der Versuchung, Carmen seine Besorgnis mitzuteilen, weil er wusste, wie sehr Anna auf die Unabhängigkeit von ihrer Mutter Wert legte. Auch Jan nervten Carmens häufige Anrufe und bohrende Fragen. Er hatte sich angewöhnt, sie mit ausufernden, oberflächlichen Schilderungen abzuspeisen, und wollte nun nicht eingestehen, dass es
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