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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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Leib, der hat bei unserer letzten Aktion reichlich Porzellan zerdeppert.«
    Schuster lachte: »Ich verstehe ja, dass Sie diesen glatten Typ nicht leiden können, aber immerhin war es doch er, der Ihr Talent erkannt hat und aus Ihnen, und das haben Sie selbst gesagt, einen Hilfspolizisten gemacht hat.«
    Kral wurde wütend und polterte los: »Von wegen Talent erkannt! 1987 hat er einen Trottel gebraucht, den er nach Dresden schicken konnte. Viel hätte nicht gefehlt und ich wäre im Stasi-Knast gelandet, und wenn’s ganz dumm gelaufen wäre, hätte man mich im Sarg zurück nach Selb befördert.«
    »Wirklich?«, kommentierte Schuster erstaunt, »das müssen Sie mir bei Gelegenheit mal genauer erzählen. Aber«, nun grinste er wieder, »die Mitarbeit im Gemeinsamen Polizei- und Zollzentrum und den damit verbundenen Einsatz in Eger haben Sie doch sicher nicht bereut.«
    »Nein, denn nur so bekam ich die Gelegenheit, Sie kennenzulernen«, reagierte Kral bissig, »und das war zumindest am Anfang wahrlich kein Zuckerschlecken.«
    »War ich wirklich so …?«, hob Schuster lachend an.
    »Lassen wir die Frotzelei«, unterbrach ihn Kral, »Wohlfahrt ist ein Arsch und ich bin ein Trottel, weil ich mich von dem hab’ belabern lassen. Aber«, er überlegte kurz, »ich will’s mal so sagen: Ich habe mich eigentlich immer gerne bequatschen lassen. Zwar liebe ich meinen Beruf, aber manchmal muss ich einfach raus aus diesem Schultrott. Da komme ich vor lauter Leistungskontrollen und Notenproduktion kaum noch zu vernünftiger pädagogischer Arbeit.«
    Schuster verzichtete auf einen Kommentar, aber sein skeptischer Blick zeigte deutlich, dass er die Bedenken des Pädagogen für reichlich blasiert hielt.
     
    Kurz hinter Mühlbach nahm Kral einige Fahrzeuge wahr, die die Straße blockierten: Vorne ein Streifenwagen, dahinter der Notarztwagen und dann ein Krankenwagen. Von einem Fahrzeug, in dem sich ein Verletzter oder gar Toter befinden sollte, war nichts zu sehen. Ein Durchkommen war unmöglich, also mussten sie aussteigen, was gar nicht so einfach war, denn links und rechts der Fahrzeuge türmten sich ansehnliche Schneewälle. Schuster stapfte voran und Kral folgte ihm in einigem Abstand. Vorsorglich hatte er sich in der Fahrzeughalle mit der Jacke seines feuerfesten Schutzanzuges ausgerüstet, die er als »Saunajacke« bezeichnete, weil sie ihn, dick und schwer wie sie war, bei angenehmen Temperaturen in kürzester Zeit zum Schwitzen brachte. Aber jetzt, bei dieser Kälte, war die Jacke ein idealer Schutz.
    Zunächst berichtete ein Streifenpolizist, man habe den Wagen – er deutete auf einen roten Audi 80 mit Bayreuther Nummer, der sich mit der Vorderfront regelrecht in den Schnee am Straßenrand gebohrt hatte – um 8.05 Uhr bei einer Streifenfahrt entlang der Staatsgrenze entdeckt. Angesichts der Schussverletzung des Fahrers habe man sofort den Notarzt und das Lagezentrum informiert.
    Jetzt mischte sich der Arzt ein: »Die Person war bei unserem Eintreffen bereits verstorben. Leichenstarre noch sehr gering ausgeprägt, Tod schätzungsweise vor zwei bis drei Stunden eingetreten. Sehen Sie«, er deutete von der geöffneten rechten Vordertür aus in den Wagen, »Einschuss in Brusthöhe. Mit diesem Winkel eindeutig Fremdeinwirkung. Er muss sofort tot gewesen sein, denn es ist ziemlich wenig Blut ausgetreten.«
    »Ich danke Ihnen«, antwortete Schuster, »dazu werden uns die Spezialisten Genaueres sagen.« Dann fragte er die Streifenpolizisten: »Hinweise auf die Identität?«
    Kopfschütteln: »Wir haben nichts angefasst«, meinte einer der beiden, »aber den Halter des Pkws haben wir: Hans-Jürgen Nürnberger, wohnhaft in Kolkenreuth, das liegt in der Nähe von Bayreuth. Und noch was Wichtiges: Der Wagen ist im Moment nicht als gestohlen gemeldet. Fahrer und Halter könnten also identisch sein.«
    »Gut gemacht«, lobte Schuster und gab dann den beiden Männern und der Frau von der Kriminaltechnik mit einem Wink zu verstehen, dass ihnen der Wagen nun überlassen sei. Dann wandte er sich kopfschüttelnd an Kral: »Da fährt jemand in aller Herrgottsfrühe auf einer Nebenstrecke in Richtung Asch und wird erschossen. Das macht doch keinen Sinn!«
    »Vielleicht hat man ihn drüben umgebracht und wollte die Sache so verschleiern«, spekulierte Kral.
    »Aber ich bitte Sie!«, lachte Schuster, »wer fährt denn mit einem Toten über die Grenze?« Dann wurde er nachdenklich: »Aber Sie könnten schon ein bisschen Recht haben, ein
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