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Wildes Erwachen

Wildes Erwachen

Titel: Wildes Erwachen
Autoren: Rainer Koenig , Birgit Koenig
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Dessen Marotte, die lang gewachsenen seitlichen Resthaare über den kahlen Schädel zu drapieren und mit reichlich Pomade wetterfest zu machen, war einfach zu charakteristisch. Kral kannte den Beamten sehr gut, sie hatten beim Entführungsfall »Lucy« eng zusammengearbeitet. Zunächst hatten sie sich nicht riechen können, schließlich waren sie sich aber auch persönlich ziemlich nahe gekommen.
    Jetzt befahl sich Kral, an vorderster Front zu kämpfen. Und da im Moment scheinbar nichts dringender gebraucht wurde als Kaffee, entschloss er sich, Max bei der Produktion zu unterstützen. Wieder einmal sah sich Kral in seiner Erfahrung bestätigt, dass in Polizeikreisen der Kaffeekonsum in Stresssituationen ins Unermessliche steigt.
    Die Beamten der verschiedensten Dienststellen interessierten sich vor allem dafür, wer denn so alles im Einsatz sei und welche Herren das Sagen hätten. Als ein dunkelhäutiger Zivilist die Küche betrat und kurz danach mit einer vollen Tasse wieder verschwand, fragte ein Hofer Polizist: »Wos macht’n der Necher do?«
    Die Neugier konnte Kral befriedigen: »Der ist Arzt hier im Krankenhaus.«
    Schuster blickte in die Küche und sah sich suchend um. Offensichtlich hatte er von Eva erfahren, dass der ihm bekannte Lehrer aus Selb inzwischen auch anwesend war.
    Freundlich begrüßte er Kral quer durch den ganzen Raum: »So eine Überraschung, der Herr Lehrer! Immer vor Ort, wenn’s brenzlig wird!«
    Kral kämpfte sich zum Eingang durch und begrüßte Schuster mit Handschlag: »Sie wissen doch, dass ich nur …«
    »Klar, aber lassen Sie mich doch kurz einen Lagebericht geben, gehen wir doch einfach vor ins Büro!«
    Verwunderte Blicke folgten ihnen: Welches hohe Tier mochte der Kaffeekoch sein, den der Schuster mit einem Lagebericht versorgte?
    »Darf ich nur mal kurz mit meiner Frau …?«
    Schuster lachte: »Kein Grund zur Sorge, alles paletti! Sie ist gerade kurz mit einem Kollegen ins Frauenhaus gegangen.«
    Im Büro des Kommandanten erfuhr Kral dann von dem Hauptkommissar, dass gegen 4.30 Uhr ein Mann in das Frauenhaus eingedrungen sei und nach einer Frau gesucht habe. Eine der Bewohnerinnen habe sich in einem Wandschrank versteckt, um über ihr Handy die Polizei zu alarmieren. Den Beamten sei dann vor Ort nicht klar gewesen, ob der Fremde noch im Haus war. Die Frau habe aber über Handy behauptet, der Eindringling sei nach wie vor anwesend. Daraufhin habe man die Kripo Hof, das SEK aus Nürnberg und weitere Spezialisten angefordert. »Das ganze Programm eben, kennen Sie ja. Man muss ja davon ausgehen, dass der Täter bewaffnet ist. Gegen sechs«, fuhr Schuster fort, »wurde uns dann aber klar, dass kein Fremder mehr in der Wohnung sein konnte.«
    »Und hat der jemanden rausgeholt?«, wollte Kral wissen.
    »Ja, eine Ukrainerin, die war drüben in Asch in einem Puff und hat sich hier nach Selb ins Frauenhaus abgesetzt.«
    »Täter also wahrscheinlich ein Zuhälter?«
    »Sieht so aus. Ich habe schon Brückner informiert.«
    Kral lachte: »Kapitän Josef Brückner! Wie hat sich denn unser lieber tschechischer Freund geäußert?«
    Schuster schmunzelte: »Na wie zu erwarten kurz und trocken: ›Glückwunsch für die tschechischen Verhältnisse!‹ Aber er hat sich dann doch herabgelassen, sich mal in Asch umzuhören, wer da im Spiel sein könnte.«
    Die Sirene, die in der Wache die Einsätze ankündigte, heulte auf. Dann folgte die Durchsage, die Einsatzleiter sollten sich in der Einsatzzentrale einfinden.
    Schuster forderte Kral auf, ihn zu begleiten.
    »Neuigkeiten!«, flüsterte der Kommandant Kral zu und verließ die Zentrale. Er hatte wohl den Alarm ausgelöst.
    Ein Uniformierter, den zwei goldene Sternchen auf den Schulterklappen als Oberrat auswiesen, räusperte sich und blickte in die Runde, zu der Kral, wie der sich das schon selbst gedacht hatte, natürlich nicht passte. Und prompt forderte der Polizeiführer ihn auf: »Würden Sie bitte den Raum verlassen, wir haben hier etwas …«
    Kral wandte sich zum Gehen, wurde aber von Schuster zurückgehalten: »Moment, Kollege Kral!« Dann der Blick auf den Oberrat: »Entschuldigen Sie meinen Einwand, aber ich denke, Herr Kral sollte bleiben, er ist Mitarbeiter im GPZ und hat beste Beziehungen zu den tschechischen Kollegen.«
    In der Tat, Kral hatte vor einigen Jahren stundenweise im »Gemeinsamen Polizei- und Zollzentrum« mitgearbeitet und war in dieser Funktion sogar für vier Wochen nach Eger abgeordnet worden, um Kontakte zu den
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