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Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut

Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut

Titel: Wilde Glut - Singh, N: Wilde Glut
Autoren: Nalini Singh
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schnell sie sein konnte.
    Sie stürzte sich in den Kampf – der rote Wolf hatte seine Krallen gerade in die Seite des Gegners geschlagen, der größere packte ihn im Nacken. Wie schon zuvor hätte er ihn leicht töten können, aber er wollte ihn nur zwingen, aufzugeben. Doch Joshua war schon zu weit weg, er schlug mit ausgefahrenen Krallen nach dem ungeschützten Bauch des Jägers. Mit gefletschten Zähnen setzte Indigo zum Sprung an. Ihre Pranken drückten den kleineren Wolf zu Boden, der knurrte und wild um sich biss.
    Sie hatte kein Gefühl dafür, wie lange sie in dieser Stellung verharrten, den wilden Wolf festhielten, damit er nicht den letzten Schritt in den Abgrund tat. Die Wolfsaugen des Jägers lagen auf ihr. Leuchtendes Kupfer, eine Farbe, die sie noch bei keinem anderen Wolf oder wilden Tier oder auch Gestaltwandler gesehen hatte. Erstaunlich intelligent war dieser Blick, die meisten nahmen das gar nicht wahr, denn der Fährtensucher lachte viel und war schamlos charmant.
    Vielen aus dem Rudel war nicht einmal bewusst, dass er ihr Fährtensucher war und die Spur wild gewordener Wölfe durch Schnee, Sturm oder wie heute durch heftigen Regen verfolgen konnte. Und obwohl niemand ihn so nannte, war er ein Jäger und hatte die Erlaubnis zu töten, wen er nicht retten konnte. Joshua schien begriffen zu haben, wen er vor sich hatte, denn er beruhigte sich schließlich, und sie spürten, wie seine Muskeln erschlafften.
    Indigo löste vorsichtig ihre Tatzen, doch Joshua blieb auch noch am Boden, als der Wolf mit dem silberfarbenen Fell ihn losließ. Besorgt nahm sie menschliche Gestalt an, die nassen Haare klebten auf ihrem nackten Rücken. Der Fährtensucher hielt Wache an ihrer Seite und rieb sein feuchtes Fell an ihrer Haut.
    »Joshua«, sagte sie und beugte sich vor, sie musste ihn irgendwie dazu bringen, wieder Mensch zu werden. »Deine Schwester lebt. Wir haben sie rechtzeitig ins Krankenhaus bringen können.«
    Nicht die Spur einer Erkenntnis glomm in den gelben Augen auf, aber so leicht war Indigo nicht zu entmutigen, schließlich war sie Offizierin der SnowDancer-Wölfe. »Sie hat nach dir gefragt, also komm lieber raus da.« Dann legte sie ihre ganze Dominanz in das nächste Wort: »Sofort!«
    Der junge Wolf blinzelte, und ein Zittern ging durch seinen Leib. Schließlich stand er auf schwankenden Beinen vor ihr. Sie streckte die Hand aus, und er senkte winselnd den Kopf. »Ganz ruhig«, sagte sie, griff nach seiner Schnauze und sah fest in die Wolfsaugen. Er konnte den Blick nicht halten, Joshua war noch zu jung und unterwürfig, um sich ihr entgegenzustellen.
    »Ich bin nicht böse«, sagte Indigo. Das war die Wahrheit, er merkte es an ihrer Stimme, an ihrem Griff, der fest war, ihm aber keine Schmerzen bereitete. »Aber du musst jetzt wieder ein Mensch werden.«
    Immer noch vermied er es, ihr in die Augen zu sehen. Doch er hatte sie offenbar gehört. Denn kurz darauf sprühten Funken, und dann kniete ein knapp vierzehnjähriger Junge mit angespannter Miene vor ihnen. »Geht es ihr wirklich gut?« Seine Stimme klang immer noch rau, nach Wolf.
    »Habe ich dich jemals belogen?«
    »Ich sollte auf sie aufpassen, aber ich – «
    »Du hast nichts falsch gemacht.« Sie fasste sein Kinn, gab ihm durch die Berührung Halt, stellte die Verbindung zum Rudel her. »Ein Steinschlag – dagegen warst du machtlos. Ihr Arm und zwei Rippen sind gebrochen, außerdem hat sie eine coole Narbe über einer Augenbraue, die sie stolz wie ein Pfau herumzeigt.«
    Die Aufzählung schien Joshua zu beruhigen. »Hört sich ganz nach ihr an.« Ein zaghaftes Lächeln, ein kurzer Blick, dann sah er wieder zu Boden.
    Indigo musste ebenfalls lächeln – denn jetzt war er wirklich zurück, er hatte Angst vor den Konsequenzen, die ihn erwarteten. Erleichtert biss sie ihn ins Ohr. Er schrie auf und vergrub dann seinen Kopf an ihrem Hals. »Es tut mir leid.«
    Sie strich mit der Hand über seinen Rücken. »Schon in Ordnung. Aber wenn du so was noch mal machst, ziehe ich dir das Fell über die Ohren und nähe mir Sofabezüge draus. Ist das klar?«
    Wieder ein zaghaftes Lächeln, er nickte. »Ich will jetzt nach Hause.« Er schluckte und wandte sich dann an den Fährtensucher. »Danke, dass du mich nicht umgebracht hast. Tut mir leid, dass du meinetwegen in den Regen hinaus musstest.«
    Der große Wolf an Indigos Seite, in dominanter Haltung mit steil aufgerichtetem Schwanz, schloss die gefährlichen Reißzähne um den Hals des Jungen.
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