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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
Autoren: Pierre Pevel
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blickte Richelieu La Fargue an. »Nicht immer obliegt mir die Wahl der Waffen, Hauptmann.« Ein langer Moment der Stille entstand, dann fuhr der Kardinal fort: »Erwartet besser weder Ruhm noch Reichtum. In der Tat, ich kann Euch nichts versprechen. Nein, Ihr könnt Euch sogar sicher sein, dass ich keinen Augenblick länger zögern würde als gestern, falls es die Umstände morgen verlangten, Eure Ehre oder Euer Leben dem Wohl des Staates zu opfern …«
    Diese Offenheit überraschte den Hauptmann, er stutzte und blickte den Kardinal aufmerksam an.
    »Ich rate Euch: Weist die Hand, die ich Euch reiche, nicht zurück. Ihr gehört nicht zu denjenigen, die vor der Pflicht zurückweichen, und das Königreich wird einen Mann, wie Ihr es seid, schon sehr bald allzu dringend brauchen. Ich sehe in Euch einen Mann, der fähig ist, erstklassige, edle und mutige Fechtkünstler um sich zu scharen und anzuführen. Kämpfer, die schnell aus dem Verborgenen zuschlagen können, und die im Dienste des Königs ohne Skrupel töten und ohne Zögern sterben. Sagt schon, Hauptmann, würdet Ihr noch immer
diesen Ring tragen, wenn Ihr nicht mehr der wärt, für den ich Euch halte?«
    La Fargue wusste nicht recht, was er darauf antworten sollte, doch für den Kardinal war die Sache bereits beschlossen.
    »Mir scheint, Eure Männer hätten nichts dagegen einzuwenden, wenn man sie wieder ›Die Klingen des Kardinals‹ nennen würde. Dieser Name ist schließlich schon einmal bis zu den Feinden Frankreichs vorgedrungen – und gewiss nicht, ohne Furcht und Schrecken zu verbreiten. Auch deshalb gefiel er mir schon immer. Also, behaltet ihn bei.«
    »Bei allem gebührenden Respekt, Eminenz, noch habe ich nicht eingewilligt.«
    Richelieu musterte den alten Edelmann. In dem ausgezehrten, kantigen Gesicht lag nichts als Kälte. Dann erhob er sich aus seinem Sessel, schob wie beiläufig einen Vorhang zur Seite, um nach draußen zu blicken, und sagte: »Wenn ich Euch nun aber sagte, dass hier auch von Eurer Tochter die Rede ist?«
    La Fargue wurde blass und blickte den Kardinal erschüttert an, der völlig in die Betrachtung seines nächtlichen Gartens vertieft zu sein schien.
    »Meiner … Tochter? Aber ich habe doch gar keine Tochter, Eminenz …«
    »Ihr wisst ebenso gut wie ich, dass das nicht wahr ist. Doch seid unbesorgt, dieses Geheimnis teilen nur wenige absolut zuverlässige Personen. Ist es nicht so, dass nicht einmal Eure Klingen die Wahrheit kennen?«
    Der Hauptmann riss sich zusammen und verwarf den Gedanken an einen Kampf, der schon im Vorfeld verloren gewesen wäre. »Ist sie … in Gefahr?«, fragte er voller Sorge.

    Da wusste Richelieu, dass er gewonnen hatte, doch sein zufriedenes Lächeln blieb im Verborgenen, da er La Fargue immer noch den Rücken zudrehte. »Ihr werdet all das bald verstehen«, bemerkte er. »Zur Stunde trommelt Eure Klingen zusammen und erwartet weitere Instruktionen, Eure erste Mission betreffend. Ich versichere Euch, sie wird nicht lange auf sich warten lassen.«
    Schließlich blickte er La Fargue über die Schulter hinweg an und fügte hinzu: »Gute Nacht, Hauptmann.«

2
    Mit einem Schrei auf den Lippen fuhr Agnès de Vaudreuil aus dem Schlaf hoch. In ihren weit aufgerissenen Augen spiegelte sich das Entsetzen, das sie Nacht für Nacht verfolgte. Voll Panik war sie aufgeschreckt und verharrte einen Augenblick ruhig, um die Schatten, die um ihr Bett strichen, zu belauern. Sie musste warten, bis ihr Herz aufhörte, wie wild zu schlagen. Warten, bis sich ihr keuchender Atem beruhigt hatte. Warten, bis der kalte Schweiß auf ihrer Haut getrocknet war.
    Langsam ließ auch die Nachhut des Entsetzens von ihr ab, widerwillig wie eine frustrierte Meute, enttäuscht darüber, nicht über die verletzte, aber zu hartnäckig am Leben hängende Beute triumphiert zu haben.
    Die junge Frau stieß einen tiefen Seufzer aus.
    Kalte Stille herrschte drinnen wie draußen. Der sternenklare Himmel spendete funkelnde Helligkeit, die durch das offene Fenster hereinfiel und bis an das Bett heranreichte.
Das stilvolle und geräumige Zimmer war großzügig möbliert, geschmückt mit schweren Wandbehängen und kostbaren Miniaturen, zart bemalten Wandvertäfelungen und vergoldetem Stuck. Nur ein störrisches Durcheinander begehrte gegen diesen Luxus auf. Ein Stuhl war umgefallen. Ein Männerhut saß schief auf dem Kopf einer antiken Statue. An den Leuchtern klebten Wachsschlieren verflossener Kerzen. Auf einem mit Intarsien verzierten
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