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Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen

Titel: Wielstadt-Trilogie Bd. 1 - Drachenklingen
Autoren: Pierre Pevel
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Edelmann, im Kriegsharnisch ergraut.
    Der stattliche Herr war trotz seines Alters immer noch kräftig, hatte lederne Stiefel an den Füßen, den Hut in der Hand und das Rapier an der Seite. Er trug ein schieferfarbenes Wams mit kleinen roten Schlitzen und dazu passende knielange Hosen von schmucklosem Stoff und Schnitt. Sein kurzer Bart war ebenso silbergrau wie sein Haar. Seine rauen
Gesichtszüge waren gewiss von unzähligen Gefechten, vielleicht auch von Trauer und Sorge gezeichnet. Sein Auftreten wirkte kriegerisch, stolz, fast schon herausfordernd. Der Blick war fest. Man sah ihm an, dass er nicht gewohnt war, ihn zu senken. Ein angelaufener Siegelring aus Stahl schmückte den Ringfinger der linken Hand.
    Richelieu setzte in Ruhe seine Lektüre fort und ließ den Besucher warten. Auf die letzte Seite des Berichts setzte er sein Zeichen, streute etwas Sand darauf, damit es schneller trocknete, und pustete darüber. Das Lüftchen, das dabei entstand, kitzelte den Drachen in der Nase, und das kleine Reptil musste niesen, was den Kardinal schmunzeln ließ.
    »Verzeih mir, Kleiner-Freund«, murmelte er. Schließlich schenkte er auch dem Edelmann Beachtung und verkündete: »Einen Augenblick noch.«
    Er läutete ein Glöckchen.
    Das Klingeln rief den unermüdlichen und treuen Charpentier herbei, der Ihrer Eminenz nun schon seit fünfundzwanzig Jahren als Sekretär diente. Richelieu übergab ihm den soeben unterzeichneten Bericht.
    »Pater Joseph möge dies vor meiner morgigen Audienz bei Seiner Majestät noch lesen und die Bibelverweise hinzufügen, die er so schätzt und die der Sache Frankreichs so vorzüglich dienen.«
    Charpentier verneigte sich und ging.
    »Der König ist sehr fromm«, erklärte der Kardinal.
    Dann, als sei der andere gerade erst eingetreten, fuhr er fort: »Seid gegrüßt, Hauptmann de La Fargue.«
    »Hauptmann?«
    »So lautet doch Euer Dienstgrad, nicht wahr?«
    »So lautete er, bevor man mir das Kommando entzog.«

    »Man wünscht, dass Ihr Euren Dienst wieder aufnehmt.«
    »Sogleich?«
    »Ja, oder hättet Ihr etwa Besseres zu tun?«
    Damit war das erste Wortgefecht eröffnet, und Richelieu ahnte bereits, dass weitere folgen würden.
    »Ein Hauptmann hat den Befehl über eine Kompanie«, stellte La Fargue fest.
    »Oder über eine Truppe, egal wie bescheiden an Zahl sie auch sein mag. Ihr werdet die Eure schon bald wiederfinden.«
    »Sie wurde, dank Eurer Eminenz, völlig zerstreut.«
    Die Augen des Kardinals blitzten. »Ruft Eure Männer wieder zusammen. Es wurden bereits Briefe an sie verfasst, die nur darauf warten, versandt zu werden.«
    »Womöglich werden nicht alle antworten.«
    »Diejenigen, die darauf reagieren, genügen. Es waren die besten Männer, und sie sollten es noch immer sein. So viel Zeit ist seither nicht verstrichen …«
    »Fünf Jahre.«
    »… es steht Euch auch frei, neue Männer zu rekrutieren«, fuhr der Kardinal fort, ohne sich unterbrechen zu lassen. »Mir ist übrigens berichtet worden, dass Ihr entgegen meines Befehls nicht alle Brücken zu Euren Männern abgebrochen habt.«
    Ein leichtes Zucken ging durch die Lider des alten Edelmannes. »Ich stelle fest, dass die Fähigkeiten der Spione Eurer Eminenz nicht nachgelassen haben.«
    »In der Tat gibt es kaum etwas, das ich nicht über Euch weiß, Hauptmann.«
    Mit der Hand am Knauf seines Schwerts dachte Hauptmann Étienne-Louis de La Fargue einen Moment lang nach.
Sein Blick war starr geradeaus gerichtet, über den Kopf des Kardinals hinweg, der ihn von seinem Sessel aus mit geduldigem Interesse beobachtete.
    »Nun, Hauptmann, seid Ihr bereit?«
    »Das kommt ganz darauf an.«
    Der Kardinal war wegen seines Einflusses gefürchtet, und da er sogar noch mächtiger war, als viele ahnten, konnte er mit einem Federstrich eine ganze Laufbahn ruinieren oder aber, ebenso mühelos, zum Erfolg führen. Er galt als Mann, der jeden vernichtete, der sich ihm zu widersetzen wagte. Doch das Volk übertrieb gern, und wie Richelieu zu sagen beliebte, hatte er keine anderen Feinde als die des Staates. Ihnen gegenüber zeigte er sich in der Tat unerbittlich.
    Die Stimme des Kardinals wurde hart wie Marmor. »Genügt Euch denn das Wissen nicht, dass der König sie zurück zu den Waffen ruft?«
    Ohne zu zwinkern hielt der Edelmann dem eindringlichen Blick des Kardinals stand. »Nein, Eminenz, das genügt mir nicht.«
    Und nach einer kurzen Pause fügte er hinzu: »Oder besser gesagt: Es genügt mir nicht mehr.«
     
    Für einen langen
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