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Wiedersehen in Virgin River

Wiedersehen in Virgin River

Titel: Wiedersehen in Virgin River
Autoren: Robyn Carr
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Sie trug Jeans und hatte ihr lockiges braunes Haar wie einen Pferdeschwanz hinten durch die Baseballkappe gezogen. Zwar sah sie aus wie ein Mädchen, aber er schätzte, dass sie mindestens in ihren Zwanzigern sein musste. Vielleicht hatte sie einen Autounfall gehabt, aber wahrscheinlicher schien ihm, dass jemand sie verprügelt hatte. Und wenn er nur daran dachte, fing er auch schon an, innerlich zu brodeln.
    „Das sieht ja gut aus“, sagte sie und zog sich die Suppe heran.
    Während sie aß, ging er zum Tresen zurück und sah ihr zu, wie sie die Suppe in sich hineinlöffelte, die Butter aufs Brot schmierte und es gierig verschlang. Nachdem sie mit ihrem Mahl zur Hälfte fertig war, sah sie mit einem verlegenen, beinahe um Entschuldigung bittenden Lächeln zu ihm herüber. Innerlich zerriss es ihn – dieses blau geschlagene Gesicht, der Riss in der Lippe. Ihr Hunger.
    Als sie mit dem letzten Stückchen Brot auch noch das letzte bisschen Suppe aufgetunkt hatte, kehrte er an ihren Tisch zurück. „Ich hole Ihnen noch etwas.“
    „Nein. Nein, es reicht. Ich glaube, ich werde jetzt etwas von diesem Kognak nehmen. Aber ich danke Ihnen. Gleich danach werde ich mich dann wieder auf den Weg …“
    „Entspannen Sie sich“, unterbrach er sie und hoffte, dass es nicht barsch klang. Es dauerte immer eine Weile, bis die Leute anfingen, ihn zu mögen. Er räumte den Tisch ab und trug das Geschirr zum Tresen. „Hier in der Gegend werden Sie nirgends ein Zimmer finden“, sagte er, als er wieder zurückkam. Er setzte sich ihr gegenüber und beugte sich zu ihr vor. „In dieser Richtung sind die Straßen nicht besonders gut, vor allem nicht im Regen. Wirklich, Sie werden nicht wieder da hinaus wollen. Gewissermaßen sitzen Sie fest.“
    „Oh, nein! Hören Sie, wenn Sie mir nur sagen, wo der nächste Ort ist … Ich muss etwas finden …“
    „Nicht aufregen“, sagte er. „Ich habe ein separates Zimmer. Kein Problem. Heute Abend ist das Wetter einfach scheußlich.“ Wie zu erwarten, machte sie große Augen. „Es ist in Ordnung. Das Zimmer hat ein Schloss.“
    „Ich hatte nicht die Absicht …“
    „Schon okay. Ich sehe irgendwie furchterregend aus. Das weiß ich.“
    „Nein. Es ist nur …“
    „Machen Sie sich deshalb keine Sorgen. Ich weiß, wie ich aussehe. Bei Männern ist die Wirkung prima. Die machen gleich einen Rückzieher.“ Er schenkte ihr ein leises Lächeln, ohne dabei die Zähne zu zeigen.
    „Das ist aber nicht nötig“, sagte sie. „Ich habe ein Auto …“
    „Um Himmels willen! Ich würde es nicht ertragen, mir vorzustellen, dass Sie im Auto schlafen!“, unterbrach er sie. „Tut mir leid, manchmal klinge ich so böse, wie ich aussehe. Aber im Ernst – wenn der Kleine sich doch nicht wohlfühlt …“
    „Das kann ich nicht machen. Ich kenne Sie nicht …“
    „Ja, ich weiß. Wahrscheinlich wundern Sie sich, hm? Aber ich bin sehr viel harmloser, als es scheint. Hier wären Sie gut untergebracht. Besser hier als in irgendeinem Hotel an der Straße. Und bei Weitem sicherer, als wenn Sie versuchen, da draußen im Sturm auf diesen Bergstraßen klarzukommen.“
    Eine Minute lang sah sie ihn prüfend an. Dann sagte sie: „Nein. Ich werde weiterfahren. Wenn Sie mir bitte sagen wollen, wie viel …“
    „Sie haben da eine ziemlich heftige Prellung“, meinte Preacher. „Soll ich Ihnen etwas für Ihre Lippe holen? In der Küche habe ich einen Verbandskasten.“
    „Danke, geht schon“, wehrte sie ab und schüttelte den Kopf. „Wie wär’s, wenn Sie mir jetzt die Rechnung machen, und …“
    „Ein Fiebermittel für Kinder habe ich nicht. Außer einem Zimmer. Mit einem Schloss an der Tür, sodass Sie sich sicher fühlen können. Bei diesem Wetter wollen Sie doch ein solches Angebot nicht ausschlagen, mit einem Kind, das vielleicht eine Krankheit ausbrütet. Ich sehe groß und böse aus, aber bei mir können Sie sich absolut sicher fühlen. Es sei denn, Sie wären Jagdwild.“ Er grinste sie an.
    „Sie sehen nicht böse aus“, sagte sie ängstlich.
    „Frauen und Kinder kann ich wirklich nervös machen, und diese Rolle hasse ich. Sind Sie auf der Flucht?“, fragte er sie.
    Sie senkte den Blick.
    „Was glauben Sie denn? Dass ich die Polizei rufe? Wer hat Ihnen das angetan?“
    Auf der Stelle fing sie an zu weinen.
    „Ah. Hey. Nicht doch.“
    Sie legte ihren Kopf auf die Arme, die sie auf der Tischplatte gekreuzt hatte, und schluchzte los.
    „Ah. Nicht doch. Tun Sie das nicht. Ich weiß doch
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