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Wiedersehen in Barsaloi

Wiedersehen in Barsaloi

Titel: Wiedersehen in Barsaloi
Autoren: Corinne Hofmann
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Zeitungsverkäufer, die am Straßenrand warten und, sobald die Autos in der Kolonne stehen, herbeieilen, um ihre Zeitungen feilzubieten. Ein anderer drängt sich zwischen den Autos hindurch und möchte seine Mützen, Taschenlampen und Uhren loswerden. Mir fällt eine rote Kopfbedeckung auf und so kurble ich das Fenster herunter, um den Preis auszuhandeln. Viel Zeit bleibt den Verkäufern nie. Wir einigen uns schnell, aber da er kein Wechselgeld hat und die Kolonne hinter uns ungeduldig drängt, fahren wir weiter. Doch so schnell lässt er sich von dem Geschäft nicht abbringen. Ich schaue in den Rückspiegel und sehe, wie der junge Mann in Riesenschritten unserem Wagen hinterherhechtet. Wir sind sicher schon 400 Meter gefahren, als sich nach einem Kreisverkehr die Möglichkeit ergibt, kurz anzuhalten. Kaum steht der Wagen, ist schon der Verkäufer mit einem strahlenden Lächeln neben uns. Staunend kaufe ich die Mütze und auch unser Fahrer erwirbt eine. Jetzt wird das Lächeln des Händlers noch breiter. Ich wünschte mir, viele Verkäufer in unserem noblen Land könnten diese Freude sehen. Bei uns steht wohl keiner zwischen stinkenden Abgasen und rennt der Kundschaft hinterher! Und um von einigen Verkäufern oder Verkäuferinnen ein freundliches Lächeln zu erhalten, muss man sich oft selbst etwas Originelles einfallen lassen.
    Hinter kleinen Bretterbuden oder auf dem Boden sitzen Händler und versuchen, kleine Mengen von Tomaten, Zwiebeln, Karotten oder Bananen zu verkaufen. Das Leben ist bunt in Nairobi und trotz der vielen Menschen wirkt es auf mich nicht so hektisch wie in einer europäischen Stadt.
    Langsam verlassen wir den Stadtkern und nun erkenne ich den so genannten Fortschritt deutlicher. Überall befinden sich neue Supermärkte und Firmen. Werbetafeln für Handys, TV-Geräte und Kino-Filme prangen am Highway. Direkt am Straßenrand werden Betten und Schränke ausgestellt, zwischen denen einzelne Ziegen umherstapfen, die statt Gras Bananenschalen kauen oder im Müll schnuppern. Lachende Kinder in blauen Schuluniformen laufen in Gruppen durch die Gegend. Am Rande der Stadt erkennt man allerdings an den verschiedenen Wellblechdächern eines der großen Slumgebiete, wo die Ärmsten der Armen wohnen.
    Unsere Fahrer müssen sehr konzentriert fahren, denn die Straßen sind selbst in Nairobi, der Hauptstadt Kenias, eine Katastrophe. Ein Schlagloch folgt dem anderen oder es fehlen auch ganze Teile der Asphaltdecke. Auf unserer Fahrbahnseite kommt uns immer wieder Gegenverkehr entgegen, so dass wir nie richtig schnell fahren können. So benötigen wir für die etwa 170 Kilometer bis Nyahururu fast fünf Stunden. Allerdings fahren wir die alte kurvenreiche Strecke über Naivasha, weil wir einen Blick in das grandiose Rift Valley werfen wollen.
    Das Rift Valley, auch »Der große Graben« genannt, erstreckt sich als eine über 6.000 Kilometer lange Spalte durch Afrika. Unvorstellbare unterirdische Kräfte rissen vor Millionen von Jahren die Erdkruste zwischen parallelen Verwerfungen auf, und das Land dazwischen sank ab. So sind beeindruckende Höhenunterschiede und tiefe Schluchten keine Seltenheit.
    Nun stehe ich also auf einem nicht gerade Vertrauen erweckenden Brettervorbau, der für die zahlreichen Touristen errichtet wurde und einen beeindruckenden Blick auf die weite Ebene und die dahinter liegende Bergkette ermöglicht. Direkt unter meinen Füßen befindet sich noch dichter Laubwald, der sich in der Ferne langsam ausdünnt und in rotbraunen Erdboden und vereinzelte Akazienbäume übergeht. Dieser Anblick löst zum ersten Mal ein Heimatgefühl in mir aus. Endlich erkenne ich etwas von meinem vertrauten Kenia. Die Farbe der Erde, die Form der Bäume und diese überwältigende Weite erinnern mich an Barsaloi und mich überkommt ein spontanes Glücksgefühl. Es zieht mich weiter. Noch ist es ein weiter Weg bis zu meinem afrikanischen Zuhause.
    Gegen Abend erreichen wir endlich Nyahururu, die mit 2.463 Metern am höchsten gelegene Stadt Kenias. Am rechten Straßenrand erkenne ich sofort mein früheres Lodging, das Nyahururu Space Haven Hotel, dessen Fassade sich allerdings von Blau in Rosa verwandelt hat. Es liegt dem Busbahnhof direkt gegenüber und deshalb herrscht um diese Zeit hier viel Betrieb. Mehrere Fahrer von Kleinbussen versuchen, die Kundschaft durch Hupen auf sich aufmerksam zu machen. Von hier aus fahren sie in alle Richtungen. Wenn man von Maralal her anreist, beginnt hier sozusagen die große weite
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