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Wie verkuppelt man eine Familie?

Wie verkuppelt man eine Familie?

Titel: Wie verkuppelt man eine Familie?
Autoren: Jennifer Greene
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Sie blutet.“
    „So was würde mein Dad nie tun!“
    „Jungs!?“ Tucker musste seine Stimme erheben, um sich Gehör verschaffen zu können. „Hört mal her. Ihr beide geht jetzt ins Sekretariat und holt einen Verbandskasten und einen Eisbeutel.“
    Beide murmelten okay und liefen den Korridor hinunter.
    Garnet versuchte erneut zu beteuern, dass es ihr gut ging und dass sie einfach nur nach Hause wollte, aber es war aussichtslos.
    Tucker hockte sich wieder vor sie hin. „Ich weiß ja, dass Sie es überleben werden. Trotzdem ist es ratsam, die betroffenen Stellen zu desinfizieren und zu verbinden.“
    „Aber ich hasse es …“
    In sanfterem Ton unterbrach er sie: „Ich habe aus Versehen mit angehört, was Mrs Riddle über Pete gesagt hat. Wahrscheinlich ist es ein schlechter Augenblick, um das Thema anzuschneiden, aber ich denke, wir können beide davon profitieren, wenn wir miteinander reden.“
    „Worüber denn?“
    „Über meinen Will und über Ihren Pete. Ich könnte mich heute Abend gegen neunzehn Uhr für eine Stunde loseisen. Sind Sie dann frei?“
    Frei ist ein relativer Begriff, dachte sie. Wie Janis Joplin singt: Freiheit ist nur ein anderes Wort dafür, nichts mehr zu verlieren zu haben.
    Garnet wusste verdammt gut, dass sie eine Menge zu verlieren hatte, wenn sie Zeit mit Tucker verbrachte. Angefangen bei ihrer Würde, die sie allerdings zum Großteil durch ihren erbärmlichen Zustand bereits eingebüßt hatte. Dann ihrem Stolz, der noch intakt war, und den hütete sie auch seit Jahren wie ihren Augapfel.
    „Ich möchte nur über die Jungs reden“, versicherte er. „Eine halbe Stunde? Bei Ihnen?“
    Es sprach nichts dagegen, sich die Meinung eines gestandenen Mannes über Mrs Riddles Kommentare anzuhören. „Also gut.“
    Er lächelte sie an, was ihre Vernunft auf die Knie zwang.
    Und dann kamen die Jungen aus dem Sekretariat zurück. Sie trugen eine Schüssel mit Wasser, das größtenteils auf den Fußboden schwappte, einen Eisbeutel und einen großen Verbandskasten. Der Rektor und die Schulsekretärin folgten ihnen auf dem Fuße.
    Garnet schloss die Augen und wäre am liebsten im Boden versunken. Wie viel schlimmer kann ein blöder Tag eigentlich noch werden?

2. KAPITEL
    Der Tag wurde sogar noch viel, viel schlimmer, doch das war zunächst nicht vorauszusehen.
    Erst einmal hob sich Garnets Stimmung während der Heimfahrt. Nach der dritten Abzweigung tauchte der erste Wegweiser für Plain Vanilla auf. Eine Viertelmeile später ging der Asphalt in Kies über und der heiße Sonnenschein wich dem kühlen Schatten eines duftenden Pinienwaldes. Nach einer Wegbiegung kam ihr ganzer Stolz in Sicht.
    Sobald der alte Van zum Stillstand kam, kletterte Pete hastig hinaus. Seit er sein Zeugnis gesehen hatte – lauter Einser bis auf eine Drei in Sport –, verlor er kein Wort mehr über die Probleme mit seiner Klassenlehrerin. Schule, Stundenpläne und sämtliche Mrs Riddles waren vergessen. Schließlich brachten ihm die guten Zensuren die Erlaubnis ein, das neueste Computerspiel herunterzuladen.
    Garnet stieg in gemäßigterem Tempo aus. Ihr rechter Fuß schmerzte und in ihrem Kopf pochte es. Trotzdem gönnte sie sich einen Moment, um den Anblick zu genießen. Vor sechs Jahren hatte sie das Grundstück in einem total verwilderten Zustand gekauft. Dass sich daraus etwas machen ließ, hatten alle außer ihr heftig bezweifelt. Besonders ihre Angehörigen, für die sie sich immer wieder als herbe Enttäuschung erwies.
    Der Name Plain Vanilla war mit Bedacht gewählt. Zum einen, weil sie die Vanilleschote mit besonderer Leidenschaft züchtete. Zum anderen, weil Plain etwas ganz Normales ohne jeglichen Schnickschnack bezeichnete – eine Nullachtfünfzehn-Ausführung, wofür Garnet sich selbst insgeheim hielt.
    Dementsprechend wies das Anwesen keinerlei Überflüssiges auf. Das Hauptgebäude war mit einfachen Holzschindeln verkleidet. Ein breiter Überstand überdachte eine traditionelle Veranda im Landhausstil. Sofern kein starker Sturm drohte, standen die doppelten Fliegentüren einladend offen. Töpfe mit Kräutern und Blumen sorgten für Farbtupfer.
    Auf dem Parkplatz wuchs ein wenig Unkraut, allerdings roch es nach den wundervollen Düften, die dem Shop entströmten: Basilikum und Schnittlauch, Lavendel und Vanille. Die Gerüche blieben in diesem engen Tal hängen, ganz genau wie die Hitze.
    Das Wohnhaus war von dieser Stelle aus nicht einzusehen. Zur Rechten erstreckte sich offenes Gelände –
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