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Wie verkuppelt man eine Familie?

Wie verkuppelt man eine Familie?

Titel: Wie verkuppelt man eine Familie?
Autoren: Jennifer Greene
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Pete das männliche Rollenvorbild zu vermitteln, das er als Junge brauchte, tat weh. Nicht nur, weil die Lehrerin es gesagt hatte, sondern weil sie sich selbst seit langer Zeit deswegen sorgte.
    Geistesabwesend öffnete Garnet die Augen und entdeckte eine eingerissene Nagelhaut am rechten Zeigefinger. Verflixt! Sie liebte es, in der Erde zu wühlen und mit Kräutern und Gewürzen, Blumen und Pflanzen jeglicher Art zu arbeiten. Und doch trug sie immer Handschuhe dabei, weil sie es nicht ausstehen konnte, wenn ihre Nägel nicht schön aussahen. Sie musste den Schaden sofort beseitigen, denn mit einer ausgefransten Nagelhaut konnte sie gar nicht richtig denken.
    Sie biss gerade den abstehenden Hautfetzen ab, als sie mit der Wucht eines Sattelschleppers gerammt wurde. Zischend entwich die Luft aus ihren Lungen und ihr Kopf stieß an die Wand aus Zement. Gleichzeitig kollidierte der Sattelschlepper mit ihrem Fuß – ihrem verletzlichen nackten Fuß in den grünen Trekkingsandalen.
    „Oh, verdammt! Es tut mir leid, ehrlich. Ich habe nicht aufgepasst. Ist bei Ihnen alles in Ordnung?“
    Selbst wenn sie bewusstlos gewesen wäre, hätte sie den volltönenden schmeichelnden Bariton erkannt: Tucker MacKinnon.
    Oh, es ist einfach nicht fair. Von einem richtigen Sattelschlepper getroffen zu werden, hätte sie verkraftet. Ein Güterzug – kein Problem, ebenso wie ein Bulldozer. Alles oder jeder andere, nur nicht Tucker.
    Offensichtlich versuchte er zu helfen, indem er ihre Schultern packte und dann die Hände an ihren Armen hinuntergleiten ließ. Sein Blick forschte nach Verletzungen, die sie zweifellos aufwies, denn aus ihrem Hinterkopf quoll etwas Warmes und Feuchtes, ebenso aus ihrem rechten Fuß.
    Keine der Wunden war lebensbedrohlich. Es handelte sich lediglich um aufgeplatzte Prellungen – Tucker war eben groß und sie war eben klein.
    „Es geht mir gut“, behauptete sie, obwohl sie vermutete, dass ihr rechter Fuß zigmal gebrochen war.
    „Das kann nicht sein. Lassen Sie mich mal sehen!“
    Seine Augen waren plötzlich so nahe, dass sie jede Nuance des metallischen Blaus unterscheiden konnte.
    „Sie bluten am Hinterkopf und kriegen bestimmt eine dicke Beule. Verdammt! Ich habe niemanden mehr im Gebäude erwartet und war in Gedanken ganz woanders. Deshalb habe ich nicht aufgepasst. Hören Sie …“
    Nachdem er ihren Kopf abgetastet hatte, umfasste er wieder ihre Schultern. Er suchte noch immer nach Verletzungen und sie war noch immer schwer getroffen, aber hauptsächlich vor Verlegenheit. Erst recht war ihr die Angelegenheit peinlich, als er sich vor sie hinhockte.
    „Ein Stück Nagel vom großen Zeh ist abgebrochen. Ich hoffe nur, dass ich Ihnen nicht auch einen Knochen gebrochen habe – oder zwei.“
    Sie hielt es für gut möglich, aber wen kümmerte das schon, wenn der einstige und im ganzen Landkreis bekannte Footballstar ihr zu Füßen kniete? „Nein, bestimmt nicht.“
    „Wie wäre es, wenn Sie sich in die Halle setzen? Ich laufe schnell ins Sekretariat. Die müssen da Verbandszeug haben.“ Erneut drehte er ihren Kopf, doch diesmal suchte er nicht nach Verletzungen. Er suchte ihren Blick. „Garnet, es tut mir furchtbar leid!“
    „Schon gut, ehrlich. Machen Sie sich keine Gedanken. Ich habe Verbandszeug zu Hause.“
    Schon von der ersten Begegnung an hatte er sie nervös gemacht. Es war nicht seine Schuld, es lag an ihr. Sie fühlte sich irgendwie linkisch in seiner Gegenwart. Seine Aufmerksamkeit wegen einer Verletzung derart auf sich zu ziehen, machte es nur noch schlimmer.
    „Unsinn! Sie wollen doch nicht Ihr Auto vollbluten. Außerdem sollten wir Eis auf Ihren Kopf legen. Halten Sie einfach durch. Ich bin gleich wieder da.“
    Tucker war kaum drei Schritte gegangen, als Pete aus dem Waschraum kam und nach einem Blick zu Garnet stirnrunzelnd fragte: „Mr MacKinnon, haben Sie meiner Mom wehgetan?“
    „Nein, Pete. Nun, ja, ich meine, ich habe es getan, aber nicht absichtlich!“
    „Petie, mir geht es gut“, versicherte Garnet.
    Obwohl Pete eher zierlich gebaut war, baute er sich wie ein Beschützer auf. Er schob sich die runde Brille hoch und verlangte zu wissen: „Was ist zwischen Ihnen und meiner Mom passiert?“
    Der aufkeimende Tumult war anscheinend weit zu hören, denn plötzlich tauchte Will aus der Halle auf. „Hey, Dad, was ist los? Mrs Cattrell, wieso bluten Sie denn?“
    „Dein Dad hat meiner Mom wehgetan!“, teilte Pete ihm mit.
    „Unmöglich!“
    „Doch, guck sie doch an!
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